| # taz.de -- Ministerin macht Heile-Welt-PR: Bienen angeblich topfit | |
| > Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast verharmlost das | |
| > Bienensterben und zieht damit die Kritik von Grünen und Naturschützern | |
| > auf sich. | |
| Bild: Gleich gibt's lecker Honig: Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (links) i… | |
| HANNOVER taz | „Vom Bienensterben weit entfernt“ – mit diesem Titel hat d… | |
| niedersächsische Landwirtschaftsministerium eine Pressemitteilung | |
| verschickt. „Imkern ist wieder in, die Nachwuchssorgen sind vom Tisch und | |
| vom Aussterben der Honigbiene sind wir weit entfernt“, sagte | |
| Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) bei einem Termin im | |
| Ministeriumsgarten. | |
| Dort kostete sie den flüssigen, klaren Honig mit minziger Note aus den | |
| ministeriumseigenen Bienenstöcken – und freute sich über die „Rekordmarke | |
| von nahezu 90.000 Völkern, die von den organisierten Imkern 2017 im Land | |
| gemeldet wurden“. | |
| Kritik an diesem PR-Termin kommt nun vom Naturschutzbund Nabu und den | |
| niedersächsischen Grünen. „Das erzeugt ein komplett falsches Bild in der | |
| Öffentlichkeit“, sagt Philip Foth vom Nabu in Niedersachsen. Die guten | |
| Nachrichten bezögen sich nur auf die Honigbienen, nicht aber auf Wildbienen | |
| und andere Insekten. „Denen geht es nach wie vor schlecht.“ Die Aussagen | |
| der Ministerin seien ein Ablenkungsmanöver. Denn um die Wildbienen zu | |
| schützen, müsste Otte-Kinast die Landwirte einschränken: „Die Minimierung | |
| des Pestizideinsatzes müsste ihr Hauptanliegen sein“, sagt Foth. | |
| Der Nabu-Sprecher verweist auf eine S[1][tudie, die Caspar Hallmann von der | |
| Radboud University im niederländischen Nijmegen] mit Kollegen im Oktober | |
| 2017 veröffentlichte. Darin geht es um den Insektenrückgang in Deutschland. | |
| Hallmann stützt sich dabei auf Daten, die der Entomologische Verein Krefeld | |
| seit 1989 mit Insektenfallen an mehreren Standorten erhoben hat. Der Studie | |
| nach soll die Biomasse von Insekten in Naturschutzgebieten um rund 76 | |
| Prozent zurückgegangen sein. | |
| Die Erhebungsmethode der Studie wurde nach der Veröffentlichung kritisiert. | |
| Foth leitet dennoch Forderungen an die niedersächsische | |
| Landwirtschaftsministerin daraus ab: In und um Schutzgebiete herum dürften | |
| keine Pestizide mehr eingesetzt werden, fordert der Nabu-Sprecher. „Wenn | |
| Pestizide zum Einsatz kommen, bedeutet das den Verlust von Artenreichtum.“ | |
| Christian Meyer, der grüne Amtsvorgänger von Ministerin Otte-Kinast findet | |
| es „dreist“, dass das Ministerium eine Erfolgsmeldung über die Honigbienen | |
| verbreitet. „Damit meint sie natürlich die Nutzbienen.“ Dass die Hälfte d… | |
| Wildbienenarten in Niedersachsen vom Aussterben bedroht sei, ignoriere die | |
| Ministerin. | |
| Die grüne Abgeordnete Miriam Staudte sieht das als „Schlag ins Gesicht der | |
| Imkerinnen und Imker, die seit Jahren mehr und mehr Bienenvölker | |
| verlieren“. Alle Welt sei besorgt um das Bienensterben, doch die zuständige | |
| Ministerin gebe Entwarnung. „Otte-Kinast verharmlost das Problem, um von | |
| den negativen Einflüssen der Landwirtschaft abzulenken.“ | |
| Im Agrarministerium ist man sich der Bedeutung der kleinen Nutztiere | |
| bewusst: „Die Biene ist systemrelevant“, sagt eine Sprecherin. Otte-Kinast | |
| unterstütze deshalb den Nationalen Aktionsplan zur Reduktion von | |
| Pflanzenschutzmitteln. | |
| Die Ministerin verweist in ihrer Mitteilung auf die Förderung von | |
| Blühstreifen auf landwirtschaftlichen Flächen. 15.000 Hektar werden in | |
| Niedersachsen etwa mit Klatschmohn, Herzgespann oder Natternköpfen | |
| bepflanzt. Im Jahr 2017 hat das Land dafür rund elf Millionen Euro | |
| ausgegeben. | |
| „Davon profitieren auch die Wildbienen“, lobt Jürgen Frühling, der | |
| Vorsitzende des Landesverbandes Hannoverscher Imker. Wildbienen litten | |
| jedoch nicht nur unter Nahrungs-, sondern auch unter Wohnungsnot. „Wir | |
| brauchen unbedingt eine Verbesserung der Artenvielfalt bei Pflanzen an den | |
| Straßenrändern“, sagt der Imker. Die Landesregierung müsse dafür sorgen, | |
| dass im öffentlichen Raum mehr Saumbiotope entstünden. „Das heißt: weniger | |
| mähen und mulchen“, sagt Frühling, der betont, dass die Imker bereits gute | |
| Gespräche mit den zuständigen Ministerien führten. | |
| Das Landwirtschaftsministerium beantwortete die Frage, ob weitere Maßnahmen | |
| zum Schutz der Bienen geplant seien, mit einem schlichten „Nein“. Konkrete | |
| Zahlen über den Wildbienenbestand gebe es nicht. Beobachtungen legten | |
| jedoch nahe, dass „seit Jahrzehnten eher von einem Rückgang auszugehen | |
| ist“, sagt die Sprecherin. Es sei jedoch möglich, dass sich durch die | |
| Klimaerwärmung Bienen aus südlicheren Gefilden ansiedelten. | |
| Der Grüne Meyer fordert, Otte-Kinast solle sich auf EU-Ebene dafür | |
| einsetzen, dass Landwirte stärker dafür honoriert werden, wenn sie Hecken, | |
| Sträucher und Brachflächen für den Naturschutz anlegen, um Insekten | |
| Rückzugsräume zu bieten. | |
| Der Ex-Minister ist allerdings auch persönlich genervt. Das | |
| Blühstreifenprogramm und die Bienenvölker im Ministeriumsgarten seien | |
| Überbleibsel der rot-grünen Regierung. „Von Otte-Kinast ist nichts Neues | |
| gekommen.“ | |
| 4 Jul 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371%2Fjournal.pone.0185809 | |
| ## AUTOREN | |
| Andrea Maestro | |
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