# taz.de -- Bienen als Hobby: aller Anfang ist schwer: Die Beute im märkischen… | |
> Die Bienenhaltung liegt voll im Trend und ist nicht ohne – ohne Honig | |
> aber bisweilen, wie Jungimker Ernesto schmerzlich lernen muss. | |
Bild: Die Honigbiene wie wir sie lieben: fleißig. Hier beim Anflug auf eine S�… | |
„Nimm den verdammten Löffel da weg! Und steh nicht so blöd vor dem | |
Einflugloch rum!“ Er wollte doch nur Honig haben, eine Kopfnuss ist aber | |
alles, was Ernesto von Melissa bekommt. Mit dem Löffel in der Hand tritt er | |
mürrisch lamentierend zur Seite, weg von der [1][Beute]. „Bienen, hat sie | |
gesagt. Und Honig hat sie versprochen. Ich werde von vorn bis hinten | |
betrogen. Beute heißt die blöde Kiste doch nur, weil die Viecher keine | |
Miete zahlen.“ | |
Melissa bleibt ungerührt. Ein gezielter Stoß Rauch aus dem [2][Smoker] in | |
das Flugloch und prompt nimmt die Hektik der Bewegung ab. Unter dem | |
glänzenden Deckel der Kiste kommen zwei Platten zum Vorschein, darunter | |
wiederum ein Leinentuch. Mit wenigen Handgriffen entfernt Melissa diese | |
Abdeckungen, noch einmal Rauch dazu von oben und da sind die Rahmen mit den | |
Waben zu sehen, der Brut, dem Pollen, dem Honig … | |
„Kaum Honig, zu wenig Nektar“, ist Melissas knappe Diagnose, „Wir werden | |
zufüttern müssen.“ Ernesto kann es kaum glauben. Dieses Experiment war von | |
Anfang an ein Desaster. Erst Mitte Juni war es Melissa gelungen, einen | |
Schwarm für diese Beute zu besorgen, viel zu spät für die Frühjahrsblüten. | |
Für die 150 Euro die der Bioimker verlangt hatte, wurde noch ein | |
Gesundheitspass zu dem Völkchen geliefert. | |
Dann fingen die [3][Bienen] an, die Rahmen von unten zu bebauen, statt von | |
oben und drängten sich so auf engstem Raum am Boden der Beute. Es war ein | |
wenig so, als würden Umzugshelfer gleich die ersten Kisten und Möbel im | |
Flur der neuen Wohnung stapeln und die hinteren Zimmer unerreichbar und | |
leer lassen. So brauchte es Wabenstreifen, geklebt an den oberen Rand der | |
Rahmen, um den Bienen begreiflich zu machen, wo sie besser mit dem Bau | |
beginnen sollten. Ernestos Glaube an die Verbindlichkeit der Evolution | |
hatte da einen erheblichen Knacks bekommen. | |
## Zucker-Kamillentee-Lösung | |
Dass es eben zu trocken zum Nektarsammeln sei, muss er sich jetzt anhören. | |
Zu trocken! An den anderen Tagen war es entweder zu kalt gewesen, oder zu | |
nass oder auch zu windig. „Wenn ich das schon höre: [4][Bienensterben.] Es | |
ist doch eher verwunderlich, dass die kleinen Sensibelchen nicht schon | |
längst mit Schimpf und Schande von der Erdoberfläche verschwunden sind.“ | |
Ernesto unterstreicht jede Silbe mit einem kräftigen Löffelschwung. Lauter | |
Ausreden, um ihn um den Honig, seine Belohnung zu bringen. Schließlich ist | |
es sein Grundstück, auf dem die Beute steht, irgendwo zwischen Kiefern im | |
märkischen Sand. „Hör auf, mit den Augen zu rollen, du Plunze!“ Melissa, | |
tief in die Beute gebeugt, darin das Futterglas mit der | |
Zucker-Kamillentee-Lösung platzierend wundert sich, woher Ernesto weiß, wie | |
genervt sie schaut. „Ich kann das hören!“ Na dann. | |
Ernesto ist nicht zu bremsen: „Bienen sind gar keine Tiere, Bienen sind wie | |
Pflanzen. Die können sich auch nicht selber versorgen. Unselbständige | |
Mietpreller. Überall hab ich Blumen mit tonnenweise Kompost auf diesem | |
Dreckssand hochgezogen, Lavendel sogar. Das alles schauen die mit dem Arsch | |
nicht an, fliegen irgendwo rum, während sich hier Wildbienen und Hummeln | |
uneingeladen den Bauch vollschlagen. Seit die Bienen auf meinem Grund und | |
Boden rumschmarotzen, sind sogar Wespen unterm Dach eingezogen. Die haben | |
immerhin ganz allein den Eingang gefunden und auch gleich gewusst, wo die | |
Möbel hingehören. Das reinste Insektenhotel ist das hier. Nur bezahlt | |
niemand die Rechnung.“ | |
„Honig gibt es nächstes Jahr“, versucht Melissa ihn zu beruhigen. „Näch… | |
Jahr?“, fragt Ernesto entrüstet und fügt höhnisch an: „Vergiss nicht, die | |
Bienen so lange zu gießen!“ Ach ja, eine Bienentränke. Die hatte sie noch | |
nicht aufgestellt. Eine Schale, ein paar Steine hinein, Wasser – fertig. | |
## „American Dadant“ heißt die Beute | |
Melissa geht ins Haus und kommt mit einem Glas zurück: „Da, Honig.“ Ernesto | |
schaut auf das Etikett. „Der ist doch gekauft! Ich soll jetzt gekauften | |
Honig essen?“ Von der ganzen Wut erschöpft lässt er sich auf den Boden | |
sinken. Mit dramatisch ausholender Geste steckt er den Löffel ins Glas. | |
„Gekaufter Honig. Wie so ein Trottel ohne Bienen …“ | |
Ein Trend ist die Haltung der Bienen und er hatte sich überreden lassen, | |
aber doch wegen des Honigs. Sogar die Nachbarn wurden gefragt und die waren | |
einverstanden. Und jetzt saß er hier vor einer teuren Holzkiste ohne Return | |
on Investment. Und dieser alberne Schleier erst. | |
„American Dadant“, so heißt die Beute. Das ist am Ende auch nur so ein | |
stylisches und überteuertes Gartenmöbel, absolut waagerecht, braun gebeizt. | |
Die Bienen fliegen ein und aus, vielleicht 30 von ihnen aber schweben vor | |
dem Einflugloch auf und ab. „Flugschule“, sagt Melissa. | |
„Können die denn gar nichts von alleine?“ Und noch eine Kopfnuss. Eine | |
Biene lässt sich auf Ernestos Schulter nieder. Die Beine gelb beladen. | |
„Pollenhöschen“, sagt Melissa, „Damit füttern sie die Brut.“ „Bei m… | |
es aber keinen Pollen und meinen Honig kriegt die nicht!“ | |
„Die ruht sich aus, Ernesto.“ | |
„Bei mir?“ | |
„Warum auch immer bei dir, aber ja.“ | |
„Wie süß. Und das ist für die Brut?“ | |
„Sag ich doch.“ | |
Ernesto grinst: „Aber nächstes Jahr gibt es dann wirklich Honig, ja?“ | |
„Ja, nächstes Jahr.“ | |
„Sicher?“ | |
„Ganz sicher!“ | |
15 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bienenstock | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Smoker_(Imkerei) | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Bienen | |
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Bienensterben | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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