Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gartenbauverbandschef Andreas Jende: „Die Hummel gehört dazu“
> Gibt es zu wenig Bienen für die Obstbäume? Die Biodiversität ist deutlich
> höher, als gemeinhin angenommen, sagt der Experte.
Bild: Hummel auf Kirsche
taz: Herr Jende, kennen Sie das: Sie stehen unter einem Kirschbaum voll mit
Blüten und hören kein Geräusch?
Andreas Jende: Das habe ich noch nicht erlebt.
In Brandenburg gibt es Obstbäume, wo das so ist. Eigentlich müsste es in
den Blüten summen und brummen, aber es herrscht Totenstille.
Ich kann das nicht bestätigen. Nach allem was ich höre, sind die
Befruchtungsbedingungen gut.
Die Insektenbiomasse ist seit 1989 um 80 Prozent zurückgegangen, hat die
damalige Umweltministerin Barbara Hendrix (SPD) im Sommer 2017 gesagt. Die
Obstbauern in Ihrem Verband spüren das also noch nicht?
Das ist zumindest das, was mir zugetragen wird. In der Region Frankfurt
Oder/Markendorf hatten wir drei Jahre ein Projekt mit dem Naturschutzbund.
Untersucht wurde die Biodiversität in Obstanlagen. Sie war deutlich höher,
als gemeinhin angenommen. Und das nicht nur hinsichtlich Pflanzen-, sondern
auch Tierbesatz. Selbst auf intensiv bewirtschafteten Anlagen war das so.
So eine große Artenvielfalt hatte man nicht erwartet. Aber die Betriebe tun
auch viel dafür, einen größstmöglichen Insektenbesatz zu organisieren.
Wie sieht das aus?
Entweder sind sie selbst Imker oder sie arbeiten mit Wanderimkern zusammen,
die Kästen mit Bienenvölkern in die Obstanlagen stellen. Die
Ertragsleistung der Bäume lässt sich ja durch zusätzliche Bestäuber
verbessern. Viele Betriebe legen auch Blühstreifen, bestehend aus Gräsern
und Wildblumen, an. Während der Blüte ist das eine zusätzliche
Nahrungsquelle für die Insekten. Die trocknen Stengel dienen den Puppen und
Larven später als Überwinterungsmöglichkeit.
Gibt es auch Insektenhotels, also Hölzer mit gebohrten Löchern, die im
Garten aufgehängt werden?
Auch das wird gemacht. Für die Wildbienen, die zumeist Erdbewohner sind,
sind offene Flächen im Boden aber besser, um ihre Gelege eingraben zu
können. Grundsätzlich ist es gut, wenn eine Obstanlage nicht komplett
aufgeräumt ist, weil so Rückzugsräume für Insekten entstehen. Steinhaufen
oder herumliegendes Schnittholz sind auch gut.
Welche Rolle spielt die Hummel?
Das ist ein Insekt unter vielen. Sie ist Bestäuber, aber kein
Honiglieferant.
Über die Hummel wird behauptet, sie sei fauler als die Biene.
Ja, die Hummel braucht höhere Temperaturen. Aber sie gehört genauso zum
System dazu, wie die anderen auch.
Welche Obstbäume blühen im Moment?
Pflaume und Kirsche sind im Auslaufen. Der Apfel fängt gerade an, im Süden
Brandenburgs ist die Blüte schon weiter. Der Norden hat immer fünf bis
sechs Tage Verspätung.
Voriges Jahr gab es am 20. April Frost mit der Folge, dass die Apfelblüten
zum großen Teil erfroren sind. Könnte das jetzt auch noch passieren?
Das ist nicht ausgeschlossen. Bis zu den Eisheiligen am 15. Mai ist ja noch
etwas Zeit. Aber die Großwetterlage deutet derzeit nicht daraufhin.
Wie groß waren die Umsatzeinbußen 2017 durch den Frost?
Stellenweise hatten wir 60 bis 90 Prozent Ausfall. Nur wenige Betriebe sind
vom Frost verschont geblieben. Es gab Gärten ohne einen einzigen
Apfel.Dementsprechend haben sich die Preise entwickelt. Die, die keine
Äpfel hatten, mussten mächtig Federn lassen.
Sind Betriebe daran kaputt gegangen?
Das Land Brandenburg hat sich bereit erklärt, eine Hilfszahlung zu leisten.
Die erfolgt gerade in diesen Tagen. Insofern wissen wir noch nicht, ob
Betriebe kaputtgegangen sind.
29 Apr 2018
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Biodiversität
Bienen
Obst
Insekten
Honig
Biodiversität
Naturschutz
Schwerpunkt Klimawandel
Insektensterben
Biofach
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hummeltod in Berlin: Zucker für die Hummel
Jeden Sommer ist unter Silberlinden ein Hummelsterben zu beobachten. Schuld
daran ist Futterknappheit und die große Konkurrenz.
Bienen als Hobby: aller Anfang ist schwer: Die Beute im märkischen Sand
Die Bienenhaltung liegt voll im Trend und ist nicht ohne – ohne Honig aber
bisweilen, wie Jungimker Ernesto schmerzlich lernen muss.
Biologieprofessor über urbane Evolution: „Manche Spezies können mithalten“
Immer mehr Menschen leben in der Stadt und schaffen dort neue Biotope.
Menno Schilthuizen untersucht, wie Pflanzen und Tiere sich daran anpassen.
Naturzerstörung bedroht Menschheit: Artenschutz für den Homo sapiens
Der Biodiversitätsrat der Vereinten Nationen warnt in einem neuen Bericht:
Der Verlust von fruchtbaren Böden schadet 3,2 Milliarden Menschen.
Artenvielfalt und Ökosysteme in Gefahr: Raubbau ist ein mieses Geschäft
Der UN-Rat für Biodiversität legt zum ersten Mal globale Daten zum
Artensterben vor. Nicht nur die Umwelt, auch die Wirtschaft ist bedroht.
Insektensterben in Deutschland: Weg mit dem englischen Rasen
Naturschützer formulieren einen Appell gegen das Insektensterben. Darin
fordern sie mehr Geld für den Artenschutz und eine Pestizidabgabe.
Ökolebensmittel auf der Messe Biofach: Schatten des Biobooms
Ökologische Lebensmittel gibt es in jedem Supermarkt. In der Branche hält
sich die Freude darüber in Grenzen, der Wettbewerb verschärft sich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.