# taz.de -- Tierschutzplan wird umbenannt: Irgendwas mit Tieren | |
> Ministerin Barbara Otte-Kinast will den niedersächsischen Tierschutzplan | |
> in Nutztierstrategie umbenennen. Keine gute Marketingstrategie. | |
Bild: Ob Nutztierhaltungsstrategie oder Tierschutzplan, mehr Platz wäre schön | |
HANNOVER taz | Es fehle ihr das politische Gespür, ist in Niedersachsen | |
über Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast zu hören. Die | |
Christdemokratin hat kurzerhand das Wort Tierschutz aus dem Tierschutzplan | |
gestrichen. Stattdessen sollte der zunächst Nutztierhaltungsstrategie | |
heißen, nach einigem Wirbel nun „Niedersächsische Nutztierstrategie – | |
Tierschutzplan 4.0“. Dazu gibt es noch eine neue Arbeitsgruppe (AG) die | |
erst „Folgenabschätzung und Machbarkeit“ heißen sollte, jetzt lieber nur | |
noch „Folgenabschätzung“. Die neue AG sei die wichtigste Neuerung, heißt … | |
in einer Mitteilung des Ministeriums. | |
Die Botschaft, die die frühere Vorsitzende des Niedersächsischen | |
Landfrauenverbandes damit sendet: Sie will nicht so ein Bauernschreck wie | |
ihr grüner Amtsvorgänger Christian Meyer sein. „Es geht mir um einen | |
verlässlichen Weg für alle Beteiligten“, sagt Otte-Kinast. | |
Die Außenwirkung der Namensänderung scheint sie nicht bedacht zu haben: | |
Zwar werden viele Landwirte zufrieden sein, weil sie nun darauf hoffen | |
können, dass in Zukunft Tierschutzauflagen, die wirtschaftlich schwierig | |
für die Betriebe sind, nicht kommen. Die Verbraucher aber, deren Ministerin | |
Otte-Kinast ebenfalls ist, wünschen sich mehr Tierschutz in den Ställen. | |
Das geht beispielsweise aus einer [1][Forsa-Umfrage für den Bund für Umwelt | |
und Naturschutz Deutschland (BUND)] aus dem vergangenen Jahr hervor. Darin | |
sprechen sich mehr als zwei Drittel der Befragten dafür aus, strengere | |
Vorschriften zur artgerechteren Haltung von Nutztieren einzuführen. | |
Otte-Kinasts Vorstoß blieb nicht lange unbeantwortet. Logisch, dass die | |
Grünen nichts von der Umbenennung halten. Aber auch die | |
Koalitionsfraktionen SPD und CDU schickten eilig Pressemitteilungen raus, | |
um dem Eindruck entgegen zu treten, man interessiere sich jetzt weniger für | |
den Tierschutz. Ein Zeichen dafür, dass die neue Nutztierhaltungsstrategie | |
nicht abgesprochen war. | |
„Tierschutz ist der CDU ein wichtiges Anliegen“, hatte der | |
Fraktionsvorsitzende Dirk Toepffer in einer ersten Stellungnahme gesagt. | |
Das Wort Nutztierhaltungsstrategie vermeidet er. Man wolle den | |
Tierschutzplan weiterentwickeln und nicht abschaffen, versichert Toepffer. | |
Ähnlich sieht das die SPD. Viele Bauern hätten ihre Betriebe in den | |
vergangenen Jahren auf mehr Tierschutz ausgerichtet, sagt die Abgeordnete | |
Karin Logemann. „Schon im Sinne der Verlässlichkeit von Politik besteht | |
deshalb kein Interesse an einem Roll-Back in der niedersächsischen | |
Agrarpolitik.“ Die Fortführung der Inhalte des Tierschutzplans sei Teil der | |
Koalitionsvereinbarung, sagt sie. | |
Die Grünen haben zu dem Thema eine dringliche Anfrage im Landtag gestellt. | |
Sie wollten wissen, ob die Landwirtschaftsministerin an der Namensänderung | |
festhalten will – und ob die AG Folgenabschätzung als „übergeordnete | |
Prüfinstanz“ jede tierschutzrechtliche Verbesserung beurteilen soll. | |
„Es ist offensichtlich, dass die neue Arbeitsgruppe eingesetzt wird, um | |
Neuerungen mit dem Hinweis ‚wirtschaftlich nicht machbar‘ zu stoppen“, | |
kritisiert die Abgeordnete Miriam Staudte (Grüne). Der schönste neue Titel | |
nütze nichts, wenn dann eine Kontrollebene eingezogen würde, an der der | |
Tierschutz scheitere. | |
## Neue Arbeitsgruppen für Tierschutzthemen | |
Ministeriumssprecherin Sabine Hildebrandt kann nicht nachvollziehen, warum | |
der neue Name so eine Debatte entfacht hat. „Das wird der Sache nicht | |
gerecht“, sagt sie. Man habe sich mit dem Titel am Bundesministerium | |
orientiert. Auch dort gibt es eine Nutztierstrategie, die manchmal | |
Nutztierhaltungsstrategie heißt. Inhaltlich stecke in dem neuen Plan aber | |
vor allem eines: Tierschutz. Es gebe neue Arbeitsgruppen, die sich mit den | |
Themen Schlachten und Töten sowie Tiertransporten beschäftigten. „Da ist | |
der ganz starke Aspekt der Tierschutz.“ | |
Hildebrandt verteidigt auch die neue AG Folgenabschätzung. Eine solche AG | |
habe es schon bis 2016 gegeben. „Was nützt eine Planung ohne eine | |
ganzheitliche Betrachtung?“, fragt sie. In der Arbeitsgruppe werde es nicht | |
nur um die wirtschaftliche Machbarkeit gehen, sondern beispielsweise auch | |
um Auswirkungen auf die Natur. | |
Die Sprecherin bestätigt jedoch, dass sich die AG mit allen | |
Tierschutzvorhaben beschäftigen soll: „Im Augenblick ist die Überlegung so, | |
dass dieser Arbeitskreis Folgenabschätzung mit allen Arbeitsgruppen | |
spricht.“ | |
Staudte von den Grünen findet es gut, dass sich neue AGs mit Schlachtungen | |
und Tiertransporten beschäftigen sollen. „Es muss aber konkret sein und | |
nicht nur eine Willensbekundung“, fordert sie. Die Maßnahmen dürften nicht | |
von der Wirtschaftlichkeit abhängen, sagt Staudte. „Tierschutz ist immer | |
teurer.“ | |
20 Apr 2018 | |
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## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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