| # taz.de -- Machtkampf um CDU-Vorsitz: Der tiefe Riss bleibt | |
| > Dass Armin Laschet für den Vorsitz kandidiert, ist eine gute Nachricht | |
| > für die CDU. Die schlechte: Sie wird auch nach der Wahl nicht zur Ruhe | |
| > kommen. | |
| Bild: Smartes Team für die CDU: Armin Laschet und sein Junior Jens Spahn | |
| Die Wette gilt: Der nächste CDU-Vorsitzende – und vielleicht auch der | |
| nächste Kanzler – [1][könnte Armin Laschet heißen]. Nordrhein-Westfalens | |
| Ministerpräsident hat die besten Chancen im Rennen um den heiß begehrten | |
| Posten. Laschet, der am Dienstag seine Kandidatur erklärte, tritt als | |
| Versöhner auf, setzt auf ein Team mit Jens Spahn und stünde für eine in der | |
| Mitte breit aufgestellte, zu [2][den Grünen offene CDU]. | |
| Macht ist die entscheidende Währung, die in der Christdemokratie zählt. Ihr | |
| Erhalt, so die interne Logik, muss durch den neuen Chef gesichert sein. | |
| Laschet liegt hier im Vergleich mit seinen Mitbewerbern vorn. Er regiert | |
| [3][das wichtigste Bundesland Deutschlands] mit einer schwarz-gelben | |
| Koalition. Er hat, anders als seine Konkurrenten Friedrich Merz und Norbert | |
| Röttgen, bewiesen, dass er eine Wahl gewinnen kann. Ohne Laschet geht wenig | |
| im Parteivorstand. Das sind aus CDU-Sicht Schlüsselqualifikationen. | |
| Außerdem macht Laschet gerade einfach vieles richtig. Wie er den | |
| ehrgeizigen Gesundheitsminister einbindet, ist äußerst klug. Laschet steht | |
| eher für den linken CDU-Flügel, Spahn eher für den rechten. Spahn, 39 Jahre | |
| jung und mit einem Mann verheiratet, dürfte zudem eine jüngere Zielgruppe | |
| ansprechen, als Laschet es kann. Auf dem Parteitag Ende April kann Laschet | |
| nun nicht nur auf die Stimmen der zahlreichen Delegierten aus | |
| Nordrhein-Westfalen hoffen. Auch die Spahn-Fans werden sich hinter ihm | |
| versammeln. | |
| Und Spahn profitiert ebenfalls. Er sichert sich eine dauerhaft wichtige | |
| Rolle in der CDU, indem er zugunsten des Älteren verzichtet. Und darf nach | |
| der nächsten Wahl auf den Fraktionsvorsitz oder ein wichtigeres Ministeramt | |
| hoffen. So sehen Win-Win-Situationen aus. | |
| ## Schreiende Ignoranz | |
| Friedrich Merz wirkt nun wie der unzufriedene Dritte, der egoistische | |
| Einzelgänger, der von dem NRW-Pakt offenbar kalt erwischt wurde. Ihm blieb | |
| am Dienstag nur übrig, lahm über eine „Kartellbildung zur Schwächung des | |
| Wettbewerbs“ zu scherzen. Es sollte Ironie sein, betonte er danach. Aber im | |
| Grunde lieferte Merz eine sehr treffende Situationsbeschreibung, und er | |
| wird sich darüber mehr ärgern, als er zugibt. Ein Kartell ist stärker als | |
| ein Einzelkämpfer. | |
| Laschet hat also die bessere Ausgangsposition im nun anstehenden | |
| Wettbewerb, und Merz' Auftritt in der Bundespressekonferenz dokumentierte | |
| einmal mehr, dass man sich darüber freuen muss. Ein Journalist fragte ihn, | |
| ob man aus seinen Äußerungen der jüngsten Zeit schließen können, dass seine | |
| Antwort auf Rechtsradikalismus die stärkere Thematisierung von | |
| Clan-Kriminalität oder Grenzkontrollen sei. Merz sagt knapp: „Die Antwort | |
| ist Ja.“ | |
| Aus diesem Satz, gesagt kurz [4][nach dem Terroranschlag in Hanau], schreit | |
| einem eine Ignoranz entgegen, die erschütternd ist. Nur fürs Protokoll: | |
| Gegen Rechtsradikalismus hilft die Förderung von Demokratieprojekten und | |
| Aussteigerprogrammen. Es helfen ein aufmerksamer Verfassungsschutz, eine | |
| hart ermittelnde Polizei, härtere Waffengesetze, eine Ächtung der AfD und | |
| vieles andere. | |
| ## Aufreibende Wochen für die CDU | |
| Was aber ganz bestimmt nicht hilft, ist Whataboutism von Konservativen, die | |
| lieber andere Probleme thematisieren, um über Rechtsradikalismus zu | |
| schweigen. Nun soll man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, | |
| vielleicht wollte Merz, genervt nach einer langen Pressekonferenz, auch nur | |
| schnell zum Ende kommen. Aber ein Mann, der CDU-Chef werden will, muss | |
| wissen, dass die Kameras laufen, dass solche Sätze haften bleiben, dass bei | |
| diesem Thema eine andere Sensibilität angebracht ist. | |
| Der CDU stehen nun aufreibende Wochen bevor. Jeder wird bis zum | |
| entscheidenden Parteitag Ende April versuchen, sich zu profilieren. Bei der | |
| zentralen Frage ist es übrigens herzlich egal, wer sich am Ende durchsetzt. | |
| Der zersetzende Konflikt in der CDU verläuft entlang der Frage, [5][wie mit | |
| der AfD umzugehen sei]. Ein kleiner Teil – vor allem in der Ost-CDU – will | |
| auf Dauer eine Kooperation, der Rest lehnt das strikt ab. Dieser tiefe Riss | |
| bleibt, gleichgültig ob der Chef am Ende Laschet, Merz oder Norbert Röttgen | |
| heißt. | |
| Das ist die schlechte Nachricht für die CDU: Sie wird auch nach der | |
| Vorsitzendenwahl nicht zur Ruhe kommen. | |
| 25 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
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