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# taz.de -- Rennen um CDU-Parteivorsitz: Der Ton wird rauer
> Der Wettlauf um den CDU-Parteivorsitz läuft auf Hochtouren. Vor allem
> einer versucht sich zu profilieren: Norbert Röttgen.
Bild: Norbert Röttgen will CDU-Chef werden, hat aber nur Außenseiterchancen
Norbert Röttgen, der [1][Außenseiter unter den Bewerbern um den
CDU-Parteivorsitz], ist bislang nicht dadurch aufgefallen, sich für den
Austausch zwischen Ost und West einzusetzen. Als gebürtiger Rheinländer und
Außenpolitiker ist dies gewiss nicht sein Steckenpferd. Wohl auch deshalb
hat er sich nun Verstärkung geholt. Christine Lieberknecht, frühere
Thüringer Ministerpräsidentin, sitzt an diesem Dienstagmittag in einem Saal
des Bundestags, um über Ost und West zu sprechen. Und darüber, wo die CDU
ihre Grenzen nach links und rechts ziehen soll.
Es ist eine Frage, die für die CDU spätestens seit der politischen Krise
von Erfurt zur Richtungsentscheidung der nächsten Jahre werden dürfte. Ist
der Unvereinbarkeitsbeschluss, der eine Zusammenarbeit mit der Linken
ausschließt, angesichts immer schwierigerer Mehrheitsverhältnisse noch
zeitgemäß? Und wie ist es mit der konsequenten Absage an eine wie auch
immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD? Über diese ungelöste
Richtungsentscheidung ist bereits Annegret Kramp-Karrenbauer gestürzt. Viel
Arbeit für den neuen CDU-Chef, wer auch immer es wird.
Beim Auftritt mit Lieberknecht versucht sich Röttgen an einem
Sowohl-als-auch. Der CDU-Politiker spricht sich klar dafür aus, am
Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei festzuhalten. Die Grenzen nach
rechts wie links außen müssten aber jeweils mit anderen Argumenten gezogen
werden.
Unvereinbarkeitsbeschluss mit „föderaler Gelassenheit“
Lieberknecht sieht es ähnlich: Der Unvereinbarkeitsbeschluss sei als
„Fingerzeig“ richtig. Doch spricht sie sich im Hinblick auf die Linken für
mehr „föderale Gelassenheit“ aus. Mit Blick auf Thüringen zählt sie eini…
Beispiele auf, wie die Linke dort verankert sei. „Die Linke ist eine Kraft,
die mitten im Zentrum von Thüringen steht.“ Daher brauche es einen
pragmatischen Umgang. „Wir machen Politik nicht nach Beschlüssen“, sagt
auch Röttgen. Es dürfte interessant sein, ob Röttgen als CDU-Vorsitzender
hier also einen Wandel einleiten würde – vorausgesetzt, er würde gewählt.
Die aktuelle CDU-Spitze hält jedenfalls eisern an dem Beschluss fest.
Auch bei einem anderen aktuellen Thema wird der [2][Wettkampf um dem
CDU-Parteivorsitz] deutlich: der Flüchtlingspolitik. Dabei griff Röttgen
seinen Konkurrenten Friedrich Merz ungewohnt harsch an. Angesichts des
zunehmenden Migrantenandrangs an der türkisch-griechischen Grenze hatte
Merz im MDR gefordert, den Flüchtlingen ein Signal zu geben: „Es hat keinen
Sinn, nach Deutschland zu kommen.“
Ein Satz, den Röttgen auseinanderpflückte. „Bei allem Respekt, den ich vor
Friedrich Merz habe: Diese Aussage ist doppelt falsch, im Ton und in der
Sache“, sagte Röttgen dem Handelsblatt. Wir haben im Grundgesetz ein
Asylversprechen verankert, dass wir diejenigen aufnehmen, die verfolgt
werden.“ Dazu verpflichte auch die Genfer Flüchtlingskonvention,
argumentierte Röttgen. Der Ton sei falsch, weil er nicht die Empathie
ausdrücke, „die wir haben, wenn Menschen vor Bomben fliehen“.
Röttgen schneidet in Umfragen schlecht ab
Dass die Debatte um die Flüchtlingspolitik die Union auch jenseits des
Rennens um den CDU-Vorsitz umtreibt, zeigte sich auch in einem jüngst
bekannt gewordenen Disput zwischen Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus und
Innenminister Horst Seehofer (CSU). Als es um die Aufnahme minderjähriger
Flüchtlinge durch Deutschland ging, soll Brinkhaus sowohl Merkel als auch
Seehofer laut Spiegel entgegengeworfen haben: „Ihr habt nichts gelernt, die
Leute wollen keine Flüchtlinge.“
Allein diese Sequenz zeigt, dass die Nervosität in der Union im Allgemeinen
und der CDU im Speziellen aktuell groß ist. Und wie viel Arbeit auf den
neuen Vorsitzenden wartet. Der Ton im Rennen um den Parteivorsitz dürfte
bis zum Bundesparteitag Ende April noch härter werden. Röttgens
Angriffsmodus dürfte auch an seinen schlechten Umfragewerten liegen: Laut
jüngsten Erhebungen der Forschungsgruppe Wahlen sprechen sich nur 10
Prozent der Unionsanhänger für einen CDU-Chef Röttgen aus. Merz (40
Prozent) und [3][Armin Laschet] (27 Prozent) liegen hier deutlich vorne.
Auch in der Gesamtbevölkerung sind die Aussichten für Röttgen nicht
rosiger.
10 Mar 2020
## LINKS
[1] /Norbert-Roettgen-und-der-CDU-Vorsitz/!5661404
[2] /Machtkampf-um-CDU-Vorsitz/!5664462
[3] /CDU-Kandidat-Armin-Laschet/!5666729
## AUTOREN
Daniel Godeck
## TAGS
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