# taz.de -- Machtkampf bei den US-Republikanern: Dreimal durchgefallen | |
> Republikanische Abgeordnete verweigern ihrem Fraktionschef Kevin McCarthy | |
> die Mehrheit bei der Wahl zum Sprecher des Repräsentantenhauses. | |
Bild: Das lief anders als gedacht: Kevin McCarthy (l.) hört die Ergebnisse des… | |
WASHINGTON taz | Mit einem Paukenschlag ist die US-Politik ins neue Jahr | |
gestartet. Die Abgeordneten des Repräsentantenhauses haben es am Dienstag | |
trotz mehrerer Wahlgänge nicht geschafft, einen neuen Sprecher ins Amt zu | |
wählen. Der kalifornische Abgeordnete und republikanische Spitzenkandidat | |
auf das Sprecheramt, [1][Kevin McCarthy], konnte in keinem von drei | |
Wahlgängen die erforderliche Mehrheit von 218 Stimmen erreichen. | |
Er ist damit der erste Abgeordnete seit 100 Jahren, dem es nicht gelungen | |
war, das Sprecheramt [2][trotz klarer Mehrheit] einer Partei im ersten | |
Anlauf zu gewinnen. Für McCarthy und die Republikanische Partei war es ein | |
blamabler Einstand am ersten Tag in der Mehrheit. | |
„Kevin McCarthy wird nicht Sprecher werden“, sagte der Abgeordnete Bob Good | |
aus Virginia nach der Wahlschlacht. Er gehört zu den insgesamt 20 | |
Republikanern, die gegen McCarthy stimmten. | |
Das Drama, das sich über etwas mehr als vier Stunden im US-Kongress | |
abspielte, hatte sich in den vergangenen Wochen bereits angedeutet. Einige | |
Republikaner, die zum [3][rechten Flügel] der Partei zählen, erklärten | |
bereits kurz nach den Kongresswahlen im November, dass sie nicht für | |
McCarthy als neuen Sprecher stimmen würden. Für sie ist der Kalifornier | |
weder konservativ genug noch habe er das nötige Rückgrat, um gegen die | |
Demokraten und Präsident Joe Biden vorzugehen. | |
## Der Großteil der Partei steht hinter McCarthy | |
„Wenn du den Sumpf trockenlegen willst, dann kannst du nicht den größten | |
Alligator zum Anführer machen“, sagte der Abgeordnete Matt Gaetz aus | |
Florida, der ebenfalls gegen McCarthy stimmte. | |
Der 57 Jahre alte McCarthy, der während der vergangenen vier Jahre die | |
Republikaner als Minderheitsführer im Repräsentantenhaus vertreten hatte, | |
zeigte sich trotz aller Hindernisse zuversichtlich, dass er am Ende – wann | |
auch immer das sein möge – als Sieger hervorgehen werde. | |
Bereits vor dem ersten Wahldurchgang machte McCarthy seine Entschlossenheit | |
hinter verschlossenen Türen deutlich. „Ich habe diese Position verdient. | |
Wir haben die Mehrheit verdient und verdammt nochmal, wir werden heute | |
gewinnen“, soll McCarthy am Dienstagvormittag laut anwesenden | |
Parteimitgliedern erklärt haben. | |
Und der Großteil seiner Partei steht auch weiterhin hinter ihm. In den drei | |
Wahldurchgängen erhielt McCarthy zweimal 203 Stimmen und einmal 202 | |
Stimmen. | |
## McCarthy will seine Kandidatur nicht zurückziehen | |
Ohne die Wahl eines neuen Sprechers kann das Repräsentantenhaus seine | |
eigentliche Arbeit nicht aufnehmen. „Wir alle sind hier, um etwas zu | |
verändern. Wir können die Probleme allerdings nicht angehen, solange wir | |
Kevin McCarthy nicht zum Sprecher gewählt haben“, sagte die Nummer zwei der | |
Republikaner, Steve Scalise. | |
Die Szenen, die sich innerhalb des Kapitols am Dienstag abspielten, werden | |
noch lange im Bewusstsein aller Beteiligten bleiben. Denn der erste | |
offizielle Tag des neuen Kongresses ist normalerweise ein Tag voller | |
Feierlichkeiten. Alte Kollegen treffen sich nach den Feiertagen wieder, | |
neue Abgeordnete legen ihren Eid ab und bringen ihre Familien in die | |
US-Hauptstadt. | |
Während der drei fehlgeschlagenen Wahldurchgänge für das Sprecheramt waren | |
deshalb auch immer wieder Kinder und Jugendliche zu sehen, die zwischen den | |
Abgeordneten saßen, um dem Auftakt des 118. US-Kongresses beizuwohnen. | |
McCarthy, der vor ein paar Tagen bereits die Büroräume für das Amt des | |
Sprechers bezogen hatte, erklärte am späten Abend, dass er seine Kandidatur | |
nicht zurückziehen werde. Er habe außerdem mit Ex-Präsident Donald Trump | |
telefoniert und dieser hätte ihm seine Unterstützung versichert. | |
## Republikaner: „Wir sehen stümperhaft aus“ | |
Doch nicht jeder ist davon überzeugt, dass [4][Nancy Pelosis] Nachfolger am | |
Ende wirklich McCarthy heißen wird. „Eins ist klar, er hat die nötigen | |
Stimmen nicht. Wir müssen als Partei herausfinden, wer die Stimmen hat“, | |
sagte der republikanische Abgeordnete Byron Donalds aus Florida gegenüber | |
CNN. | |
Im rechten Flügel der Republikaner gibt es derweil keinerlei Anzeichen | |
dafür, dass McCarthy mit politischen Manövern oder Zugeständnissen den | |
einen oder anderen doch noch auf seine Seite ziehen könnte. Zugleich hat | |
sich bislang allerdings auch kein anderer Republikaner als mögliche | |
Alternative aufgetan. | |
Die parteiinternen Querelen auf republikanischer Seite sorgten für gute | |
Stimmung unter Demokraten und Haareraufen bei vielen Republikanern. „Wir | |
sehen stümperhaft aus. Wenn ich es nicht besser wissen würde, dann könnte | |
man glauben, dass die Demokraten diese Leute bezahlen: ‚Lass uns | |
sichergehen, dass Republikaner aussehen, als hätten sie keine Ahnung vom | |
Regieren und die Mehrheit nicht verdienen.‘ Die Demokraten jubeln“, sagte | |
der texanische Republikaner Dan Crenshaw bei Fox News. | |
Am Mittwoch um 12 Uhr Ortszeit wird sich neue Kongress erneut | |
zusammenkommen, um dann einen vierten Wahlgang für das Amt des Sprechers | |
abzuhalten. Die Wahl wird so oft wiederholt, bis ein Kandidat die Mehrheit | |
erhält. Im Jahr 1923 brauchte es ganze neun Wahldurchgänge, bis eine | |
Entscheidung fiel. | |
4 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Hansjürgen Mai | |
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