# taz.de -- Lukaschenko zu Besuch in China: Balztanz mit russischen Argusaugen | |
> Der belarussische Präsident hofft auf mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit | |
> und Investitionen aus China – und mehr Unabhängigkeit von Russland. | |
Bild: Lukaschenko am 1.März zu Besuch bei Xi Jinping in Peking | |
PEKING taz | Bereits vor seiner Anreise hat Alexander Lukaschenko nicht | |
daran gespart, seinen Gastgeber mit rhetorischen Lobhudeleien zu umgarnen. | |
„Kein einziges Problem auf der Welt“ könne mittlerweile noch „ohne China | |
gelöst werden“, sagte der belarussische Machthaber der Nachrichtenagentur | |
Xinhua. Den chinesischen Staatschef Xi Jinping bezeichnete er als „alten | |
Freund“, der eine „sehr schlaue, weise, kreative und moderne Person“ sei. | |
Am Mittwochmorgen trafen die beiden schließlich in der Großen Halle des | |
Volkes in Peking zusammen. Der Zeitpunkt von Lukaschenkos Besuch ist aus | |
europäischer Sicht ein katastrophales Signal, hatte doch Chinas | |
Staatsführung erst am Freitag einen [1][Zwölf-Punkte-Friedensplan] zum | |
Krieg in der Ukraine hingelegt. Und nur wenige Tage später rollt die | |
Volksrepublik einem der engsten Verbündeten des Kreml den roten Teppich | |
aus. | |
Insbesondere die USA dürften nun erneut ihre Warnungen vor möglichen | |
Waffenlieferungen aus China bekräftigen: Der Verdacht steht im Raum, dass | |
Peking Belarus als Mittelsmann nützen könne, um Russland quasi über Bande | |
aufzurüsten. Doch Lukaschenko kommt keineswegs als Gesandter Putins, wie | |
vielfach in der internationalen Presse geschrieben wurde. Die Beziehungen | |
zwischen Minsk und Moskau sind durchaus komplizierter. Denn mit steigender | |
Angst, dass sich Russland den kleineren Nachbarn im Westen einverleiben | |
könnte, dürfte Lukaschenko in China eine Art ausgleichende Macht sehen, um | |
die große Abhängigkeit von Russland ein wenig zu verringern. Anders | |
ausgedrückt: Sein Besuch in Peking dürfte im Kreml durchaus mit Argusaugen | |
beobachtet werden. | |
Der Ukrainekrieg wird wohl hinter den Kulissen debattiert. Doch wird es | |
China weniger um Lukaschenkos Unterstützung für seine „Friedensinitiative“ | |
gehen, schließlich handelt es sich dabei vor allem um eine PR-Aktion ohne | |
Maßnahmen. Xi Jinping wird seinen belarussischen Gast aber sehr wohl nach | |
seinen Einblicken über den aktuellen Kriegsverlauf ausfragen. | |
Chinesische „Allwetter-Partnerschaft“ | |
Lukaschenko erhofft sich von seinem Staatsbesuch allen voran | |
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Investitionen aus China. Das Reich der | |
Mitte hat seit den EU-Sanktionen gegen Belarus massiv an Bedeutung | |
gewonnen. Der gemeinsame Handel ist im Vorjahr um 33 Prozent gestiegen, | |
entwickelt sich gemessen an den Erwartungen aber dennoch enttäuschend: | |
Chinesische Unternehmen agieren auf dem belarussischen Markt bislang aus | |
Angst, selbst zur Zielscheibe westlicher Sanktionen zu werden, eher | |
zaghaft. | |
Damit sich das ändert, gibt sich Lukaschenko in allen politischen | |
Kernanliegen der Chinesen loyal: Man schätze die Unterstützung aus Belarus | |
bezüglich „Taiwan, Xinjiang, Hongkong und den Menschenrechten“, heißt es | |
von der chinesischen Seite. Erst im September hievte Peking die Beziehungen | |
mit Minsk beim Treffen der [2][Shanghaier Kooperationsorganisation] (SCO) | |
in Usbekistan auf den Status einer „umfassenden, strategischen | |
Allwetter-Partnerschaft“. | |
Den Terminus haben die Chinesen in den nuller Jahren kreiert, um der damals | |
ausgebauten Beziehung zu Pakistan einen politischen Rahmen zu geben. Das | |
Präfix „Allwetter“ bezeichnet im diplomatischen Sprachgebrauch der Pekinger | |
Staatsführung vor allem eine Verpflichtung: Man werde die Beziehungen | |
konsequent fortführen – ganz unabhängig davon, wie sich das externe Umfeld | |
ändert. | |
Lukaschenkos Besuch vom Mittwoch reiht sich ein in eine Liste von | |
Autokraten, denen Peking in diesem Jahr bereits den roten Teppich | |
ausgerollt hat. Zuvor waren bereits der [3][iranische Präsident Ebrahim | |
Raisi], der kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen sowie der | |
turkmenische Präsident Serdar Berdimuhamedow zu Gast. | |
All dies zeigt nicht nur, wie pragmatisch und wertebefreit die Außenpolitik | |
der Chinesen ist, sondern ist auch eine aktive Botschaft an den Westen: Die | |
Volksrepublik baut ihren Einfluss in jenen Weltregionen aus, die von Europa | |
und den USA oft stiefmütterlich behandelt werden. Doch Chinas lange Liste | |
an diktatorischen Freunden legt vor allem offen, mit wem Xi Jinping dieser | |
Tage nicht sprechen will: Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat | |
mehrfach um einen Gesprächstermin bei dem chinesischen Staatschef gebeten. | |
Bislang wurde er abgewiesen. | |
2 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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