# taz.de -- Lukaschenko gegen Belarus: Der Diktator droht mit Hinrichtung | |
> „Terrorakte“ und Hochverrat sollen in Belarus künftig härter bestraft | |
> werden. Beobachter sehen darin Anzeichen für einen Kriegseintritt des | |
> Landes. | |
Bild: Bruderdruck: Der russische Verteidigungsminister Schoigu und Lukaschenko … | |
In Belarus könnten Vollstreckungsbeamte mit dem Spezialgebiet Hinrichtungen | |
bald mehr zu tun bekommen. Am Mittwoch nahm das Repräsentantenhaus in | |
erster Lesung einen Gesetzentwurf an, der für Staatsbeamte und Soldaten im | |
Falle von Staatsverrat die Todesstrafe vorsieht. Das teilte der | |
Pressedienst der Abgeordneten mit. | |
Dem Bericht zufolge sei der Gesetzentwurf zum „Zwecke einer abschreckenden | |
Wirkung auf destruktive Elemente“ und der „Demonstration eines | |
entschlossenen Kampfes gegen Staatsverrat“ erforderlich. Überdies schlugen | |
die Abgeordneten vor, dass künftig die Diskreditierung der „Streitkräfte, | |
anderer Truppen Militärverbände sowie paramilitärischer Organisationen der | |
Republik Belarus“ unter Strafe stehen soll. | |
Im vergangenen Mai hatte Präsident Alexander Lukaschenko bereits ein Gesetz | |
unterschrieben, das die Todesstrafe für versuchte Terrorakte einführt. | |
Beobachter*innen brachten diesen Schritt in einen direkten | |
Zusammenhang mit Aktionen der sogenannten [1][Eisenbahnpartisanen]. | |
Dabei handelt es sich um Aktivist*innen, die aus Protest gegen den | |
Ukrainekrieg mit Sabotageaktionen Eisenbahnstrecken blockieren, um die | |
Bewegungen russischer Truppen zu erschweren beziehungsweise diese von | |
Nachschubwegen abzuschneiden. | |
## Stille Kriegspartei Belarus | |
Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist | |
Belarus Aufmarschgebiet russischer Truppen, von dem Gebiet werden | |
regelmäßig Luftangriffe auf die Ukraine geflogen. Offiziell ist Minsk | |
bislang noch nicht in den Krieg eingetreten. | |
Manche Beobachter*innen aber halten genau das nur noch für eine Frage | |
der Zeit. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass ein [2][möglicher | |
Kriegseintritt weder in der belarussischen Bevölkerung] noch in den Reihen | |
der Soldaten sonderlich populär ist. | |
Die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) verweist in dem | |
Zusammenhang auch auf den Besuch des russischen Verteidigungsministers | |
Sergei Schoigu in Minsk am vergangenen Wochenende. Dieser habe wohl auch | |
dazu gedient, weiter [3][Druck auf Belarus] auszuüben, um Russlands | |
Offensivkampagne in der Ukraine zu unterstützen. | |
Für Pawl Sljunkin, ehemaliger belarussischer Botschafter in Litauen und | |
jetzt beim Europäischen Rat für Internationale Beziehungen tätig, kommt die | |
jüngste Gesetzesänderung in Sachen Todesstrafe einer Art Vorbereitung | |
gleich, sollte Belarus doch aktiv in den Ukrainekrieg eingreifen. Denn als | |
Staatsverrat würden das Überlaufen auf die andere Seite, eine Kapitulation | |
oder eine Weigerung überhaupt zu kämpfen definiert. Diese Änderung betreffe | |
Militärs und Zivilisten. | |
## Staatsgeheimnis: Hinrichtungen | |
Der Gesetzentwurf sei ein Zeichen dafür, dass das staatliche System | |
vorbereitet werde. Bei Beamten gelte es zu verhindern, dass sie die Seiten | |
wechselten und innerhalb des staatlichen Systems eine Spaltung | |
provozierten. „Von den Soldaten will niemand für russische militärische | |
imperiale Ambitionen und für Lukaschenko sterben. Lukaschenko versteht das | |
sehr gut“, zitiert das russischsprachige Onlineportal insider.ru Sljunkin. | |
Belarus ist in Europa der einzige Staat, in dem die [4][Todesstrafe immer | |
noch vollstreckt] wird – in der Regel durch einen Schuss in den Hinterkopf. | |
Informationen über die Anwendung der Höchststrafe werden wie ein | |
Staatsgeheimnis behandelt. | |
Daher gibt es auch keinen belastbaren Daten über die Anzahl der verhängten | |
Todesurteile und Hinrichtungen. Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty | |
International sollen seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1991 etwa | |
400 Personen zum Tod verurteilt und exekutiert worden sein. | |
Alexander Lukaschenko hatte in der Vergangenheit wiederholt erklärt, die | |
Todesstrafe könne nicht abgeschafft werden, da das der „Wille des Volkes“ | |
sei. Dabei bemüht Lukaschenko ein sogenanntes Referendum aus dem Jahr 1996, | |
bei dem sich über 80 Prozent der Bevölkerung für die Todesstrafe | |
ausgesprochen hatten. | |
9 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Schienenpartisanen-in-Belarus/!5851556 | |
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[3] /Belarus-im-Ukraine-Krieg/!5883721 | |
[4] /Kommentar-Todesstrafe-in-Weissrussland/!5403845 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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