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# taz.de -- Landratswahl in Dithmarschen: Keine Mehrheit ohne AfD-Stimmen
> Die CDU fordert den von der SPD gestützten Landrat zum Verzicht auf seine
> Kandidatur auf. Schließlich fehle ihm ohne AfD-Stimmen die Mehrheit.
Bild: In Dithmarschen streitet man um die Köpfe, nicht um die Herzen
Rendsburg taz | Im Kreis Dithmarschen bestimmen am Donnerstag die 54
Mitglieder des Kreistages, wer in den kommenden Jahren als Landrat die
Verwaltung leitet. Da keiner der zwei Bewerber eine klare Mehrheit hat,
warnte die CDU, dass die [1][Wahl von den Stimmen der AfD-Fraktion
abhängen] könnte, und fordert den Amtsinhaber, der von der SPD unterstützt
wird, zum freiwilligen Rückzug auf. Zwar hat die AfD nie gesagt, für wen
sie stimmen wird. Dennoch müssen nun alle Kreistagsabgeordneten gegen den
Verdacht einer undemokratischen Wahl kämpfen.
Bisher sei die AfD im Kreisparlament eher unauffällig gewesen, habe sich
kaum eingebracht, berichtet Kerstin Hansen, Fraktionsvorsitzende der
Grünen. „Durch diese Debatte haben sie auf einmal eine Bedeutung bekommen,
die sie bisher nicht hatten.“
Es geht um die Landratswahl, bei der der parteilose Amtsinhaber Stefan
Mohrdieck gegen CDU-Mitglied Thorben Schütt antritt. Die Verhältnisse sind
kompliziert: Insgesamt besteht der Kreistag aus sechs Fraktionen und drei
Einzel-Abgeordneten, darunter Freie Wähler und ein Linker. Stärkste Kraft
ist die CDU mit 21 Personen, die bei der geheimen Wahl vermutlich
mehrheitlich für Schütt stimmen. Der kann außerdem auf die sechs
FDP-Abgeordneten hoffen, also im Idealfall 27 Stimmen erhalten.
Die absolute Mehrheit, die im ersten Wahlgang nötig ist, liegt bei 28
Stimmen. Mohrdieck hat die SPD mit neun Sitzen hinter sich. Um mit Schütt
gleichzuziehen, bräuchte er aber alle anderen Stimmen inklusive die der
AfD, die [2][bei der Kommunalwahl 2023 in Dithmarschen] mit 10,7 Prozent
ihr landesweit bestes Ergebnis erzielte und mit sechs Sitzen ebenso stark
ist wie die FDP. Mohrdieck könnte auf Abweichler*innen aus der CDU
setzen – und auf das Glück: Gibt es im dritten Wahlgang keinen Sieger,
entscheidet das Los.
## Die CDU würde profitieren
Dass er auf Stimmen der AfD hoffe, verneinte der 57-jährige Landrat. Der
Presseagentur dpa erklärte er, er habe „überhaupt keinen Kontakt zur AfD
und arbeite auch nicht mit denen zusammen“. Es gebe auch keine Zusagen, ihn
zu wählen.
Das bestätigte der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende und ehemalige
Landtagsabgeordnete Volker Schnurrbusch auf NDR-Anfrage: „Die AfD-Fraktion
in Dithmarschen hat sich bislang noch nicht auf einen Kandidaten
festgelegt.“ Die Fraktion müsse sich noch ein Bild von dem zweiten Bewerber
machen.
CDU-Mitglied Thorben Schütt will bei der Landratswahl als überparteilicher
Kandidat betrachtet werden. Das ist etwas schwierig: Der 33-jährige Jurist
war bei der Jungen Union aktiv und hat nach seinem Studium und seiner
Ausbildung im Oberlandesgericht in Schleswig nur Tätigkeiten im Landtag und
in der Landesregierung ausgeübt. So war er stellvertretender Referatsleiter
in der Staatskanzlei bei Landesparteichef Daniel Günther, zurzeit leitet er
das Büro von Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack.
Seine Kandidatur für den Posten in der Kreisverwaltung in seiner
Heimatstadt Heide reichte Schütt erst Mitte Januar ein. [3][Der
landwirtschaftlich geprägte Kreis Dithmarschen], der sich rühmt, das größte
geschlossene Kohlanbaugebiet Europas zu besitzen, gewinnt durch den Bau der
Batteriefabrik der Firma Northvolt an Bedeutung: Die schwarz-grüne
Landesregierung sieht hier die Keimzelle des klimaneutralen
Industrielandes, zu dem Schleswig-Holstein werden soll.
## „Haltung ist keine Yoga-Übung“
Durch eine Erklärung von Lukas Kilian, Generalsekretär der Landes-CDU,
erreichte die Wahl in Dithmarschen die Landesebene: Da die AfD erklärt
habe, Mohrdieck zu unterstützen – was sie nicht getan hat – solle der
Landrat zurückziehen. Kilian verwies auf die Landratswahl im Kreis
Rendsburg-Eckernförde, wo ein CDU-Kandidat seine Bewerbung zurückgenommen
habe. „Ich erwarte diese Haltung auch von unseren politischen Mitbewerbern,
denn Haltung ist keine dehnbare Yoga-Übung“, so Kilian.
SPD-Landesparteichefin Serpil Midyatli konterte, sie brauche keine
Belehrung von der CDU. Sie erwarte von allen Kandidaten, dass sie die Wahl
nicht annähmen, käme ein Ergebnis [4][nur mit AfD-Stimmen] zustande. Gazi
Freitag aus der Grünen-Landesspitze erinnerte seine Parteifreund*innen
an ihre Verantwortung: „Wir stehen zur Vereinbarung gegen
Rechtsextremismus, die alle demokratischen Parteien nach der Kommunalwahl
geschlossen haben.“
Für [5][die Abgeordneten im Kreistag] ist die aufgeheizte Debatte und die
bundesweite Berichterstattung schwierig. Es sei „betrüblich, dass die CDU
mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen geht“, sagte Jörg-Uwe Halusa,
Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kreistag. „Sie wäre besser beraten, auf
den amtierenden Landrat zu setzen, um das Bündnis der Demokraten nicht zu
gefährden.“
Amtsinhaber Mohrdieck hatte bereits im Herbst erklärt, dass er erneut
antreten wolle. Der gebürtige Brunsbütteler und Vater von zwei Kindern hat
eine Verwaltungslehre im Brunsbütteler Rathaus durchlaufen, auf dem zweiten
Bildungsweg die Fachhochschulreife erlangt und Verwaltungswirtschaft an der
Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung in Altenholz studiert.
Die Zusammenarbeit mit Mohrdieck sei stets gut gewesen, sagt Kerstin
Hansen. Er habe es nicht verdient, in die Nähe der AfD gerückt zu werden.
Die Debatte beschädige beide Kandidaten, befürchtet sie.
7 Feb 2024
## LINKS
[1] /AfD-Kandidat-in-Thueringen-verhindert/!5985598
[2] https://www.statistik-nord.de/wahlen/dokumentenansicht/kommunalwahlen-am-14…
[3] https://www.dithmarschen.de/kreis-politik-verwaltung/politik
[4] /Politischer-Raumgewinn/!5985837
[5] /Politologe-ueber-Kommunalpolitik/!5980449
## AUTOREN
Esther Geißlinger
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