# taz.de -- Kritik an Klimastudie: Firmen erkaufen sich Mitsprache | |
> Die Deutsche Energie-Agentur beteiligt Unternehmen an der Erstellung | |
> einer Klimastudie – gegen Geld. Die NGO LobbyControl kritisiert das | |
> scharf. | |
Bild: Gefährdet Sponsoring von RWE oder Thyssengas die Unabhängigkeit der For… | |
BERLIN taz | Die Studie [1][„Aufbruch Klimaneutralität“] der bundeseigenen | |
Deutschen Energie-Agentur (dena) hat ein großes Ziel. Sie will nichts | |
Geringeres als einen Plan aufstellen, wie Deutschland in den Bereichen | |
Energiewirtschaft, Gebäude, Industrie und Verkehr bis 2050 | |
[2][klimaneutral] werden kann. Am Donnerstag hat die dena einen ersten | |
Zwischenbericht veröffentlicht. Die NGO LobbyControl kritisiert die Studie | |
scharf. Denn sie wird zu 80 Prozent von Unternehmen finanziert, | |
insbesondere von Gas- und Ölfirmen. | |
„Fossile Konzerne wie [3][RWE] oder Thyssengas kaufen sich in die Studie | |
ein und gefährden so die Unabhängigkeit der Forschung“, sagte Sprecherin | |
Christina Deckwirth der taz. Diese Unternehmen profitierten von der | |
Fortführung der fossilen Wirtschaft. Es sei deswegen ein „Unding“, dass sie | |
die wissenschaftliche Arbeit zu ihren Gunsten beeinflussen und über | |
Ergebnisse mitentscheiden könnten. | |
„Uns wurden unveröffentliche Ergebnisse zugespielt, die den Einfluss der | |
Gaslobby beweisen. In den Szenarien für die kommenden Jahre spielten Gas | |
und Wasserstoff eine übergroße Rolle, vor allem im Gebäude- und | |
Verkehrsbereich“, sagte Deckwirth. „Die Textstellen wurden letztlich nicht | |
veröffentlicht – offenbar waren sie intern zu kontrovers.“ | |
Um an der Studie mitzuwirken, zahlen große Unternehmen und Verbände jeweils | |
35.000 Euro, kleinere Firmen 20.000 und Start-ups 5.000 Euro. Das teilte | |
eine dena-Sprecherin auf Anfrage mit. Deckwirth kritisiert, dass die dena | |
diese Summen nicht transparent mache. „Für die Öffentlichkeit bleibt im | |
Dunkeln, welche Unternehmen wie viel Geld zahlen.“ | |
## dena weist Vorwurf zurück | |
Den Vorwurf, das Sponsoringmodell gefährde die Neutralität der Studie, | |
weist die staatliche Agentur zurück. Die Studie binde bewusst Unternehmen | |
ein, die am Ende für die Umsetzung der Klimaziele zuständig seien, so die | |
Sprecherin. Außerdem existiere ein Beirat mit 45 Mitgliedern, der eine | |
„einseitige Einflussnahme“ ausschließe. Diesem Beirat gehörten | |
Vertreter*innen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft an. | |
Deckwirth von LobbyControl entgegnete hingegen: „Der Beirat darf aber nicht | |
mitentscheiden, sondern nur beraten. Das ist ein großer Unterschied.“ | |
LobbyControl fordert die dena dazu auf, das Sponsoringmodell zu stoppen und | |
für „seriöse und ausgewogene Forschung“ zu sorgen. Das | |
Bundeswirtschaftsministerium müsse die Finanzierung der Studie, die im | |
Herbst veröffentlicht wird, übernehmen – nicht die Öl- und Gaslobby. Das | |
Ministerium teilte jedoch mit, nichts mit der dena-Studie zu tun zu haben. | |
Diese sei „eine eigenständige Drittmittelaktivität der dena und wird nicht | |
über das Wirtschaftsministerium finanziert“. Dass in der Studie „in | |
besonderem Maße die Sichtweise der beteiligten Stakeholder zum Tragen | |
kommt“, sei dem Ministerium bewusst. | |
25 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2021/dena-Leitstudie_… | |
[2] /Bedeutung-des-Begriffs-Neutralitaet/!5721898 | |
[3] /Schadensersatz-wegen-Kohleausstieg/!5745250 | |
## AUTOREN | |
Rieke Wiemann | |
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