# taz.de -- Kompromiss zu Nord Stream 2: Die Ukraine guckt in die Röhre | |
> Realpolitisch verhindert der Deal um die umstrittene Pipeline Nord Stream | |
> 2 größeren Schaden. Doch Kiew könnte am Ende mit leeren Händen dastehen. | |
Bild: Fossiler Kompromiss: Kanzlerin Merkel und US-Präsident Biden vergangene … | |
US-Präsident Joe Biden und Kanzlerin Angela Merkel [1][scheinen sich | |
geeinigt zu haben]. Deutschland und Russland können die Pipeline Nord | |
Stream 2 weiterbauen. Russland muss mit Sanktionen rechnen, wenn es die | |
Pipeline als politischen Druck einsetzt. Und die Ukraine erhält jede Menge | |
Versprechungen: Investitionen in alternative Energie und eine | |
Bestandsgarantie für die existierende Pipeline. Berlin will außerdem dafür | |
sorgen, dass der Transitvertrag mit der Ukraine über 2024 hinaus noch | |
weitere zehn Jahre gilt. | |
Und? Während Deutschland mit Fluten kämpft, in Karelien und Jakutien die | |
Wälder brennen, scheint es für die Politik nichts Wichtigeres zu geben, als | |
das Großprojekt eines fossilen Energieträgers einzustilen. Das ist | |
bedauerlich. | |
Realpolitisch indes scheint dieser Kompromiss ein Fortschritt zu sein. Es | |
ist im letzten Augenblick doch noch gelungen, eine Einigung zwischen | |
Russland, Deutschland, der Ukraine und den USA in einem unüberbrückbar | |
scheinenden Konflikt zu finden. Niemand wurde ausgegrenzt. Das ist wichtig. | |
Der Westen kann mit Russland weiter zusammenarbeiten, um gemeinsame | |
Probleme wie die Destabilisierung Zentralasiens durch die Taliban zu | |
besprechen. | |
Allerdings geht der Kompromiss von Washington [2][zu Lasten der Ukraine.] | |
Denn während Deutschland und Russland Konkretes bekommen, nämlich Nord | |
Stream 2, gibt es für die Ukraine nur Versprechungen. Was aber passiert, | |
wenn sich die politische Großwetterlage in zehn Jahren ändert und die | |
Akteure die Versprechen Richtung Kiew dann in einem anderen Licht sehen? In | |
der Ukraine beobachtet man genau, wie schnell sich die USA ihrer lästigen | |
Bündnispartner und Ortskräfte in Afghanistan entledigen. | |
Auch atmosphärisch bekommt die Ukraine zu spüren, dass sie in der | |
westlichen Prioritätenliste nicht oben steht. Präsident Selenski ist | |
faktisch mit leeren Händen von dem Treffen mit Angela Merkel nach Hause | |
gekommen. Noch immer wartet er auf einen Gesprächstermin mit Joe Biden. | |
Und so braucht man sich nicht zu wundern, dass China für die Ukraine immer | |
wichtiger wird. Führende Politiker der ukrainischen Regierungspartei | |
„Diener des Volkes“ haben der KP gerade zum 100. Jahrestag ihrer Gründung | |
gratuliert. Zum ersten Mal in seiner Amtszeit telefonierte kürzlich | |
Präsident Selenski mit Chinas Xi Jinping. Der Kiewer Vertreter bei den | |
Friedensverhandlungen in Minsk, Olexei Arestowitsch, denkt laut über eine | |
außenpolitische Kehrtwende der Ukraine Richtung China, Türkei, Vietnam, | |
Vereinte Arabische Emirate nach. Das ist, angesichts dieses Kompromisses, | |
verständlich. | |
21 Jul 2021 | |
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[1] https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/nordstream-usa-101.html | |
[2] https://www.sueddeutsche.de/meinung/nord-stream-2-merkel-biden-1.5358717 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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