# taz.de -- „Krim-Plattform“ in Kiew: Ukraines Polit-Offensive | |
> Kurz vor dem Nationalfeiertag sucht Präsident Selenski neue Unterstützung | |
> gegen die russische Annexion – mit einem „Krim-Gipfel“. | |
Bild: Mobilisierung gelungen: Ukraines Gipfel der „Krim-Plattform“ am Monta… | |
KIEW taz | Einen Tag vor dem 30. Nationalfeiertag der Ukraine sind am | |
Montag Staatschefs, Premierminister, Parlamentssprecher und weitere | |
hochrangige Politiker aus 45 Staaten zum „Gipfel der Krim-Plattform“ in die | |
ukrainische Hauptstadt angereist. | |
„Die Ukraine allein wird niemals in der Lage sein, die Krim zurückzuholen, | |
wir brauchen wirksame internationale Unterstützung“, sagte Selenski, der | |
mit diesem internationalen Gipfeltreffen die Zukunft der [1][annektierten | |
Krim] ins Bewusstsein rücken wollte. Das scheint gelungen zu sein. | |
Die baltischen Staaten, Polen, Ungarn, Moldau, die Slowakei und Finnland | |
waren mit ihren Präsidenten vertreten. Gekommen waren auch die | |
Ministerpräsidenten von Georgien, Rumänien, Kroatien und Schweden. 14 | |
weitere europäische Länder waren mit ihren Außenministern vertreten, | |
Portugal und Großbritannien mit ihren Verteidigungsministern. Deutschland | |
hatte Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier entsandt, die EU | |
ihren Präsidenten Charles Michel. | |
Nur Russland hatte die Versammlung kritisiert, allen TeilnehmerInnen mit | |
Konsequenzen gedroht. | |
## Militärische Zusammenarbeit ausbauen | |
Selenski kündigte an, noch während des Gipfels mehrere Gesetze zur Krim zu | |
unterschreiben. Nun gelte es, mehrere Aufgaben zu bewältigen. Vorrangig | |
seien Verhandlungen zur Freilassung von politischen Gefangenen von der | |
Krim. Und da führe, so Selenski, kein Weg an Putin vorbei. | |
Des Weiteren müsse die Zusammenarbeit mit europäischen Gerichten ausgebaut | |
werden, Familien von politischen Gefangenen unterstützt, Studierenden aus | |
den „vorübergehend besetzten Gebieten“ die Möglichkeit gegeben werden, oh… | |
Zulassungsprüfung an ukrainischen Universitäten studieren zu können. | |
Und man müsse auch überlegen, wie man wieder einen freien Zugang zum | |
Schwarzen und Asowschen Meer herstellen, die eigene Marine aufrüsten und | |
die militärische Zusammenarbeit mit den USA und den europäischen Partnern | |
ausbauen könne. | |
Informell ging es bei dem Treffen auch darum, die angespannten Beziehungen | |
der Ukraine zu westlichen Staaten zu kitten. Wie notwendig dies ist, hatte | |
der Besuch von Angela Merkel in Kiew am Sonntag gezeigt. Denn bei zwei | |
zentralen Themen, der [2][Gaspipeline North Stream 2] und der Regelung des | |
[3][Konfliktes in der Ostukraine], ist man sich während des Besuchs nicht | |
näher gekommen. | |
## Enttäuschung nach dem Besuch Angela Merkels | |
Merkel, die zuvor Wladimir Putin in Moskau besucht hatte, war mit leeren | |
Händen aus Moskau nach Kiew gekommen. Ihre Forderung, Russland solle auch | |
nach 2024 Gas über die Ukraine transportieren, hatte Putin mit der | |
Gegenforderung gekontert, dies nur zu tun, wenn Europa mehr Gas einkaufen | |
werde. | |
Überdies hatte Putin Merkel erklärt, dass Russland die geplante Annahme | |
eines ukrainischen Gesetzes, das die Übergangszeit im Donbass regeln soll, | |
als einen Ausstieg der Ukraine aus den Minsker Friedensverhandlungen werte. | |
In einem Meinungsartikel in der renommierten lb.ua kritisiert Redakteur | |
Alexandr Demtschenko Merkels Absage einer Teilnahme am Gipfeltreffen. „Aus | |
irgendeinem Grund erinnert sich Angela Merkel nicht daran, dass Russland | |
dabei ist, Wahlen zur Staatsduma in den besetzten Gebieten von Donezk und | |
Lugansk in diesem September abzuhalten. Niemand spricht davon, dass dies | |
eine Annexion dieser Gebiete ist.“ | |
Das Problem sei, so Demtschenko, dass gerade Deutschland der Aggression | |
Russlands gegen die Ukraine in die Hände spiele. | |
## Vorgehen gegen Kritiker im eigenen Land | |
In diesen Tagen ist wieder viel von der ukrainischen Nation die Rede. Dem | |
Feiertag der nationalen Flagge folgte der Gipfel der Krim-Plattform – und | |
am Dienstag feiert die Ukraine den 30. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit. | |
Dass damit die Unabhängigkeit von Russland gemeint ist, versteht sich im | |
ukrainischen Kontext von selbst. Schon vor 1991 ist das Bestreben nach | |
Unabhängigkeit von Russland groß gewesen. Auftrieb gegeben hat diesen | |
Bestrebungen ausgerechnet die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, so der | |
Politologieprofessor Olexi Garan gegenüber dem ukrainischen Portal von BBC. | |
Moskau habe damals auf die Ukraine gespuckt, Paraden und | |
Sportveranstaltungen nicht abgesagt. | |
Ein Zufall wird es kaum sein, dass die ukrainischen Machthaber ausgerechnet | |
in diesen Tagen, in denen viel von nationaler Einheit und dem Kampf gegen | |
den russischen Gegner die Rede ist, gegen die Gegner im eigenen Land | |
vorgehen. | |
So wurden am Freitag alle Provider vom Nationalen Sicherheits- und | |
Verteidigungsrat aufgefordert, die regierungskritische Plattform strana.ua | |
zu blockieren. | |
Und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko musste unverrichteter Dinge wieder | |
vom Kiewer Flughafen zurückkehren, wo er Angela Merkel hatte begrüßen | |
wollen. Er sei nicht in der Besucherliste eingetragen, hatten ihm die | |
Polizisten erklärt. | |
23 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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