| # taz.de -- Kommentar Urteil zur Grundsteuer: Nicht auf dem Rücken der Mieter | |
| > Die Neuberechnung der Grundsteuer könnte für viele Mieter hohe Kosten | |
| > verursachen. Die Bundesländer müssen sie regional differenzieren. | |
| Bild: Wenn die neue Grundsteuer kommt, sollte das Wohnen hier nicht teurer werd… | |
| Die Grundsteuer ist in vielen Fällen eine Steuer auf Wohnraum. Deswegen | |
| erscheint es verständlich, wenn sich nun viele Leute – Immobilienbesitzer | |
| wie Mieter – Sorgen machen, dass die Wohnungen teurer werden. Für Millionen | |
| Häuser könnte [1][das Urteil des Bundesverfassungsgerichts] vom Dienstag, | |
| die Berechnung der Grundsteuer in der bisherigen Form sei | |
| verfassungswidrig, tatsächlich diese Wirkung entfalten. Bei der nun nötigen | |
| Reform des Gesetzes müssen Bund, Länder und Kommunen deshalb vorsichtig | |
| sein. Sie sollten das Ziel verfolgen, die regionalen Preisanhebungen in | |
| engen Grenzen zu halten. | |
| Überraschend kam die Entscheidung des Verfassungsgerichts nicht. Die | |
| sogenannten Einheitswerte für die Berechnung der Grundsteuer stammen in | |
| Ostdeutschland von 1935, im Westen von 1964. Seitdem ist einiges passiert. | |
| Die alten Maßstäbe bilden einfach nicht die aktuellen Werte vieler | |
| Immobilien ab. Frühere Mietskasernen enthalten heute oft keine | |
| Arbeiterwohnklos mehr, sondern 150-Quadratmeter-Luxuswohnungen mit | |
| entsprechender Rendite. Warum also sollten nicht die Immobilienbesitzer | |
| einen größeren Teil ihres Gewinns an die Gemeinschaft abtreten – in Gestalt | |
| der höheren Grundsteuer? Weil diese – daran ändert sich auch mit dem | |
| Karlsruher Urteil nichts – auf die Miete umgelegt werden darf. Nicht die | |
| Hausbesitzer zahlen sie, sondern die Mieter. Mehr Steuer bedeutet daher, | |
| dass es teurer wird, das Grundbedürfnis des Wohnens zu befriedigen. | |
| Und wenn man den Immobilieneignern nun gesetzlich verböte, die Abgabe | |
| umzulegen? Das reduzierte die Gewinnmarge der Vermieter, wodurch | |
| möglicherweise weniger neue Wohnungen gebaut würden. Keine gute Idee in | |
| einer Zeit, in der Mangel an Wohnraum herrscht. Bis zu zwei Millionen | |
| Unterkünfte fehlen derzeit in Deutschland, vor allem günstige. Hohe Mieten | |
| gelten längst als die neue soziale Frage. | |
| Trotzdem kann die Politik das Karlsruher Urteil nicht ignorieren. | |
| Gestiegene Immobilienpreise werden besonders in den Innenstädten von | |
| München, Freiburg, Stuttgart, Köln, Hamburg, Berlin, Leipzig, Dresden und | |
| anderenorts zwangsläufig zu höheren Abgaben führen. Allerdings gibt es | |
| Möglichkeiten, den Anstieg auf ein sozialverträgliches Maß zu begrenzen. | |
| Die Bundesländer könnten die Steuer regional differenzieren. Auch die | |
| Kommunen wählen ihre Hebesätze bei der Grundsteuer selbst. Und schließlich | |
| – auch das ermöglicht das Urteil des Verfassungsgerichts – sollte die | |
| Wertanpassung über einen längeren Zeitraum gestreckt werden, um zu | |
| plötzliche Sprünge zu vermeiden. | |
| 11 Apr 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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