# taz.de -- Kommentar Macrons Europa-Appell: Gut gebrüllt, zu kurz gesprungen | |
> Der französische Präsident plädiert in einem Brief für eine bessere EU. | |
> Das ist schön. Schöner wäre es, wenn er tatsächlich Alternativen parat | |
> hätte. | |
Bild: Wenn es gut läuft, ist Macrons Brief ein Denkanstoß | |
Einfach nur: Emmanuel Macron. So unterschreibt der Präsident Frankreichs | |
[1][seinen Brief] – ohne Titel, als Bürger, der an alle BürgerInnen Europas | |
schreibt. Dabei ist das der Mann, der sonst auch schon mal einen Teenager | |
vor laufender Kamera zusammenfaltet, weil der flapsig „Wie läuft’s, Manu?�… | |
ruft und nicht „Monsieur le Président“. Es ist erfrischend, dass Bürger | |
Macron nun in 28 Ländern in den Landessprachen Ideen und Vorschläge | |
veröffentlicht. Endlich kommt da mal einer, der Menschen in Europa über die | |
Grenzen hinaus anspricht, der den Wahlkampf nicht nur im Klein-Klein des | |
Nationalstaats führt. | |
Das ist neu – und es ist erfreulich, wenn die Diskussion über eine bessere | |
EU mal nicht nur von NationalistInnen vorangetrieben wird, deren | |
vordringlichstes Ziel die Abwehr von Flüchtlingen ist. Schöner wäre es nur, | |
wenn Macron auch wirklich eine Alternative in petto hätte. Denn in seinem | |
Brief heißt es zwar, er wolle eine „Maßnahme gegen Abschottung und | |
Spaltung“ anbieten. Doch anstelle blockender Nationalstaaten bietet er nur | |
den Block Europa an. | |
Die Abschottung wird dabei in Sachen Migration etwa schlicht und einfach an | |
die EU-Außengrenzen verschoben. Was soll daran neu sein? Schließlich haben | |
sich die Staats- und Regierungschefs der EU längst darauf verständigt, | |
dass die [2][EU-Grenzschutztruppe Frontex] mehr Befugnisse haben und | |
ausgebaut werden soll, und zwar auf 10.000 Einsatzkräfte bis 2027. | |
Es reicht doch nicht, wie Macron ein „weltoffenes Europa“ zu beschreiben | |
und von den Werten der Gemeinschaft zu schwafeln – dass in der EU eine | |
Leerstelle namens „Menschenrechte“ klafft, lässt sich in Flüchtlingslagern | |
auf den griechischen Inseln und auf dem Mittelmeer sehr gut beobachten. Die | |
vermag der französische Präsident ganz offensichtlich ebenso wenig | |
auszufüllen wie die anderen Staats- und Regierungschef, die ja immerhin | |
schon seit Jahren über die Migrationspolitik streiten. | |
## Aus dem Winterschlaf erwachen | |
So leidenschaftlich der Appell Macrons auch ist: Nur weil er ein | |
Pro-Europäer ist und sich EU-BefürworterInnen danach sehnen, dass sich | |
endlich etwas tut in diesem scheinbar starren Staatengebilde, darf sein | |
Vorstoß noch längst nicht als das Beste gehandelt werden, was der EU | |
passieren kann. | |
Vielmehr müssen die Pro-EuropäerInnen endlich mal aus ihrem Winterschlaf | |
aufwachen. Wenn es gut läuft, ist Macrons Brief ein Denkanstoß und regt | |
mehr Menschen dazu an, inhaltlich über Europa zu diskutieren – sowie die | |
Parteien hierzulande dazu, einen leidenschaftlicheren europäischen | |
Wahlkampf zu führen. | |
Denn letztlich müssen die ihre WählerInnen überzeugen. Bürger Macron mag | |
seinen Brief formal an seine europäischen MitbürgerInnen gerichtet haben. | |
Aber sind diese überhaupt die eigentlichen AdressatInnen? Wenn eine | |
Deutsche Macrons Ideen zustimmt, kann sie noch längst nicht für seine | |
Partei stimmen. Denn von grenzüberschreitenden Wahllisten für | |
grenzüberschreitende Politik sind wir noch weit entfernt. | |
5 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Eva Oer | |
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