# taz.de -- Kommentar Kompromiss zu 219a: Die Kriminalisierung bleibt | |
> Der Kompromiss zum Werbeverbot für Abtreibungen ist unzureichend. Wenn es | |
> um Grundrechte geht, sind Tippelschritte nicht akzeptabel. | |
Bild: SPD und Union wollten das Thema 219a am Ende schnell hinter sich bringen | |
Nehmen wir mal den folgenden Halbsatz: „Schwangerschaftsabbruch, operativ | |
oder medikamentös mit Mifegyne“. Wegen dieses Halbsatzes müssen sich die | |
Kasseler Frauenärztinnen Nora Szász und Natascha Nicklaus vor Gericht | |
verantworten. Daran ändert der Beschluss, [1][den der Deutsche Bundestag | |
gerade in Sachen Paragraf 219a gefasst hat]: Nichts. Nicht die Bohne. Denn | |
dieser Satz bleibt auf der Webseite der Ärztinnen weiterhin strafbar. | |
Gleichzeitig ist die Bundesärztekammer künftig angehalten, genau diese | |
Information öffentlich bereit zu stellen. Ein und derselbe Satz, der auf | |
der einen Webseite Pflicht ist, soll auf der anderen strafrechtlich | |
verfolgt werden. | |
Was für jeden vernünftig denkenden Menschen nur bizarr sein kann, hat die | |
Große Koalition am Donnerstag besiegelt. SPD und Union wollten das Thema | |
219a am Ende schnell hinter sich bringen – CDU und CSU wollten es ohnehin | |
nie anfassen, und der SPD war die Debatte zuletzt ein lästiger Klotz am | |
Bein, der nicht gerade vorteilhaft auf ihr Image ausstrahlte. | |
Allein: Dieser Klotz sollte Deutschland dringend erhalten bleiben. Der | |
Kompromiss beim Paragrafen 219a ist nicht nur für sich völlig unzureichend; | |
er zeigt auch, in welche Richtung Deutschland international in der Debatte | |
über körperliche Selbstbestimmung tendiert. Und da gilt es gegenzuhalten. | |
## Irland macht vor, wie es gehen könnte | |
Restriktive Abtreibungsgesetze jeder Art (von denen die WHO übrigens | |
entschieden abrät) sind das Feld rechter Regierungen wie der in Ungarn oder | |
in Polen. Auch in Deutschland ist mit dem Paragrafen 218 Abtreibung eine | |
Straftat – in bestimmten Fällen aber straffrei. Wie man auf diesem Feld | |
hingegen fortschrittliche Politik macht, hat erst im vergangenen Jahr | |
Irland bewiesen. | |
Dort starben noch vor wenigen Jahren Frauen, weil man ihnen eine Abtreibung | |
verweigerte. Doch nun hat das Land Schwangerschaftsabbrüche legalisiert, es | |
gilt – wie in vielen anderen europäischen Ländern – eine Fristenlösung. | |
Deutschland ist [2][nicht mal in der Lage], die vollumfängliche Information | |
über das Wer, Wo und Wie von Abbrüchen nicht länger zu kriminalisieren, | |
geschweige denn den Eingriff selbst. In Irland übernimmt künftig die | |
Krankenkasse die Kosten dafür. | |
Die Forderung nach der Abschaffung von 219a allein war schon ein | |
Kompromissangebot von progressiver Seite an die Konservativen; es ging | |
lediglich um Information, nicht um Abtreibungen selbst. Sie haben es | |
ausgeschlagen. Somit ist klarer denn je: Wenn es um die Einhaltung von | |
Grundrechten geht, sind Tippelschritte nicht akzeptabel. | |
Schluss mit der Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen: My body, my | |
choice. | |
22 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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