# taz.de -- FDP-Fraktionsvize über Paragraf 219a: „Dieses Missverhältnis is… | |
> Die Reform des Paragrafen 219a sei unzureichend, sagt Stephan Thomae. Die | |
> FDP erwägt den Gang zum Bundesverfassungsgericht. | |
Bild: Namentliche Abstimmung über den Paragrafen 219a am Donnerstag im Bundest… | |
taz: Herr Thomae, am Donnerstag hat der Bundestag die [1][Reform von | |
Paragraf 219a beschlossen]. Die FDP erwägt, diese vom | |
Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Warum? | |
Stephan Thomae: Wir prüfen das im Augenblick sehr ernsthaft. Grundsätzlich | |
gilt: Wenn der Staat eine Tat seines Bürgers mit dem schärfsten Mittel | |
ahnden will, das er hat, also mit dem Strafrecht, dann muss schon | |
strafbares Unrecht geschehen sein. Ich frage mich: Wo liegt das in diesem | |
Fall? Die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche | |
Aufklärung erhalten geradezu den gesetzlichen Auftrag, sachliche | |
Information für ungewollt schwangere Frauen und Mädchen zu veröffentlichen | |
– und die gleiche Information auf der [2][Webseite eines Arztes soll | |
strafbares Unrecht sein]? Dieses Missverhältnis ist so grotesk, dass sich | |
die Frage stellt, ob das nicht auch verfassungsrechtlich bedenklich ist. | |
Die FDP hat selbst zunächst für eine Reform plädiert. Jetzt fordert Ihre | |
Fraktion entschieden die Abschaffung. Woher diese Radikalität? | |
Wir haben sehr lange und intensiv [3][für unseren vermittelnden Vorschlag | |
geworben], in der Hoffnung, eine breite parlamentarische und auch | |
gesellschaftliche Mehrheit zu erreichen. Dafür wollten wir in den | |
Paragrafen nur maßvoll eingreifen, also das Verbot grob anstößiger Werbung | |
stehen lassen und nur die sachliche Information straffrei stellen. Wir | |
haben aber auch immer gesagt: Wenn es diese Mehrheit für unseren Vorschlag | |
nicht gibt, dann sind wir bereit, an jeder anderen Verbesserung der | |
Rechtslage mitzuwirken. | |
[4][Das, was jetzt beschlossen wurde], könnte man ja auch als „maßvollen | |
Eingriff“ beschreiben. Der stellt Sie aber nicht zufrieden? | |
Nein. Um eine Verbesserung der Situation zu erreichen müsste | |
vollumfängliche sachliche Information straffrei möglich sein. Zum Beispiel | |
das, was die verurteilte Gießener Ärztin Kristina Hänel auf ihrer Webseite | |
beschreibt: Was mit dem Eingriff verbunden ist, worauf die Frau sich | |
einstellen muss. Genau das kommt jetzt nicht. Sie und ich, wir könnten über | |
Abbrüche informieren, und jeder andere auch – nur der Arzt, der die | |
Abbrüche durchführt, der darf es nicht. Das ist eine befremdliche | |
Konstellation. | |
Warum? Ist nicht das wichtigste, dass die Information in der Welt ist? | |
Es ist doch ganz klar: Eine Frau möchte in einem solchen Fall von jemandem | |
informiert werden, der sich mit der Materie auskennt. Und wer kennt sich | |
besser aus mit den sich immer wieder stellenden Fragen und Nöten von | |
Patientinnen als der Arzt, der diesen Eingriff regelmäßig durchführt? Da | |
kann es ja um ganz triviale Fragen gehen; wie lange dauert der Eingriff, | |
kann ich am selben Tag wieder Auto fahren? Deswegen wäre es richtig, dass | |
genau die informieren dürfen, die den Schwangerschaftsabbruch auch | |
vornehmen. | |
22 Feb 2019 | |
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[4] https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/076/1907693.pdf | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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