| # taz.de -- Kommentar Bundeswehr gegen den IS: So nicht! | |
| > Der jetzt geplante Militäreinsatz riecht nach Aktionismus. Es fehlt ein | |
| > Friedensplan, der auch die Milizen- und Kurdengebiete absichert. | |
| Bild: Kampf gegen den IS: Frankreichs Flugzeuge tragen Bomben nach Syrien | |
| Vier Jahre hat sich die Bundesregierung nicht für den Syrien-Konflikt | |
| interessiert. Nicht, als Assads Truppen friedliche Demonstranten | |
| zusammenschossen und folterten. Nicht als Assads Luftwaffe begann, | |
| Fassbomben auf die Zivilbevölkerung zu werfen. Und auch nicht, als der | |
| „Islamische Staat“ ein Terrorregime errichtete und Kobanê angriff. Als die | |
| USA den Kurden half, stand die Bundesregierung abseits. | |
| Nach Paris, also seitdem klar ist, dass nicht nur Syrer, sondern auch | |
| westliche Bürger vom IS-Terror betroffen sind, ist alles anders. Klar ist: | |
| Den IS kann man ohne militärische Mittel nicht besiegen. Die Lieferung | |
| deutscher Waffen an die kurdischen Peschmerga im vergangenen Jahr war | |
| deshalb richtig – und es wäre auch richtig gewesen, hätte sich die | |
| Bundesregierung schon damals an Lufteinsätzen zum Schutz Kobanês gegen den | |
| IS beteiligt. | |
| Die Beteiligung am jetzigen Einsatz ist nach allem, was wir derzeit wissen, | |
| dennoch falsch. Russlands Eingreifen in den Konflikt – auch das ein | |
| Nebeneffekt des jahrelangen Wegschauens – hat die Lage entscheidend | |
| verändert. An einen Kompromiss mit dem Assad-Regime wird man daher kaum | |
| vorbeikommen. Entscheidend ist aber, was mit den Gebieten geschieht, die | |
| derzeit in der Hand von Milizen sind, die nicht zum IS gehören - und den | |
| Kurdengebieten. | |
| Der Westen sollte als Teil einer Friedenslösung eine Bestandsgarantie für | |
| das Assad-Regime in seinen jetzigen Grenzen garantieren. Im Gegenzug sollte | |
| er von Putin und Assad eine Nichtangriffsgarantie für die Milizen- und | |
| Kurdengebiete einfordern. Davon ist bisher nichts bekannt. | |
| ## Luftangriffe werden gegen den IS nicht ausreichen | |
| Klar ist ebenso: Luftangriffe werden gegen den IS nicht ausreichen. Wer | |
| aber soll die Bodentruppen stellen, um diese Gebiete zu befreien? Die | |
| Kurden? Die Türkei? Die Anti-Assad-Milizen? Oder bombt der Westen Assad den | |
| Weg nach Rakka frei – und nimmt die anschließenden Folterungen billigend in | |
| Kauf? Der Westen hat im Nahen Osten ein Glaubwürdigkeitsproblem, weil er | |
| Diktatoren unterstützt, die Stabilität versprechen, und sich ansonsten für | |
| die Region nur interessiert, wenn ihm Terroristen das Thema auf die | |
| Tagesordnung setzen. Es sieht nicht so aus, als würde der deutsche | |
| Syrien-Einsatz den Westen glaubwürdiger machen. | |
| Vier Jahre hätte die Bundesregierung Zeit gehabt, über einen Militäreinsatz | |
| in Syrien nachzudenken. Der jetzt geplante riecht nach Aktionismus. Einem | |
| halbherzigen zudem. Die Deutschen stellen die Aufklärer, die anderen die | |
| Bomber. Wenn der Einsatz – wie bei einem reinen Luftkrieg üblich – immer | |
| mehr zivile Opfer fordern wird, weil die militärischen Ziele längst | |
| ausgegangen sind, werden nur Franzosen und Amerikaner die volle | |
| Verantwortung übernehmen müssen. Das nennt man im militärischen Jargon | |
| feige. | |
| Vieles erinnert an den Afghanistan-Einsatz. Damals hatte Deutschland Osama | |
| bin Laden auch solange ignoriert, bis es nach 9/11 nicht mehr ging. Die | |
| Scherben des anschließenden Einsatzes kehrt die Bundesregierung gerade | |
| zusammen. | |
| 26 Nov 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Reeh | |
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