# taz.de -- Kolumne Ich meld mich: Wo Gabo seine Goldfische fand | |
> In Kolumbien verstecken sich magische Orte, wie Aracataca und Mompox. | |
> Eine Reise durch die Fantasie von Gabriel García Márquez. | |
Bild: Aracataca, Geburtsort von Garcia Marquez, war auch ein Vorbild für seine… | |
Wer die Fähre morgens um sieben von Magangué über den Rio Magdalena nimmt, | |
bestellt zum Frühstück gern etwas Kräftiges. Ein Fleischragout etwa, mit | |
frittierten Bananen. Wenn ihm dann plötzlich aus der würzigen Soße ein | |
kleiner, spitzer Schädel entgegenblickt und die Köchin lachend erklärt, | |
dass es sich um eine Flussschildkröte handle, etwas ganz besonders Feines | |
zu dieser Jahreszeit, ist dies vielleicht der richtige Auftakt für eine | |
Reise in ein Dorf, das es weder auf der Landkarte noch in Wirklichkeit gibt | |
und das doch in Millionen von Köpfen seinen festen Platz hat: Macondo. | |
Macondo, das ist Aracataca mit einem Schuss Mompox – oder umgekehrt. Der | |
magische Ort aus Gabriel García Márquez Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“ | |
ist ein Fantasiegebilde auf realem Fundament, dem Hinterland der | |
karibischen Küste Kolumbiens südlich von Santa Marta. In Mompox mit seinen | |
200 bis 300 Jahre alten, streng geschlossenen, weißen Häuserzeilen, werden | |
immer noch die filigranen Goldfischchen hergestellt, die Oberst Aureliano | |
Buendía im Roman „mit großer Leidenschaft“ produziert. Vor 30 Jahren waren | |
sie ein Renner. Die Drogenbarone, die das Gebiet fest im Griff hatten, | |
bestellten Kettenhemden aus Silber, Krönchen für die Damen und ähnlichen | |
sündteuren Schnickschnack. Doch die Herren haben sich zurückgezogen – heute | |
sind eher silberne Ohrringe gefragt. | |
Der braune Fluss führt Inseln aus Wasserhyazinthen mit sich. In Pijiño, | |
einem kleinen Dorf im Sumpf, gibt es Kaffee. Ob man denn schon die Virgen | |
del Carmen besucht habe, fragen die alten Männer im Schatten. Nein? Dann | |
zurück zur Kirche! Das kleine Bild der Jungfrau Maria stammt aus dem | |
Wasser: Ein Fischer hat das Stück Holz einst gefunden und mit nach Hause | |
genommen. Worauf sich im Verlauf der Tage immer deutlicher und immer | |
farbiger das Bild der Maria abzeichnete. Wer mit dem Taschentuch | |
darüberstreicht, wird seine Kopfschmerzen los. Auch Lahme hat man schon | |
geheilt davongehen sehen. | |
In Aracataca wurde „Gabo“ 1929 geboren. Ölpalmen haben die Bananenplantagen | |
abgelöst, ein Großteil der 50.000 Einwohner verdient heute sein Geld damit. | |
Ein kleines Museum erinnert an den Dichter. Am Bahnhof, von dem im Buch der | |
Zug mit 3.000 erschossenen Bananenarbeitern in die Nacht fährt, wartet ein | |
Mann mit dem Ölbild eines Hibiskus auf Kundschaft. Er nimmt einen Schluck | |
Aguardiente, stellt sich in Positur und kündigt eine Erklärung an Europa | |
und die Welt an: Er, Luis Agamez, Maler in Aracataca, habe das Porträt des | |
Gabriel García Márquez im Restaurant „Gabo“ geschaffen, leider aber | |
vergessen, es zu signieren, weshalb ihm die Stadt die Anerkennung | |
verweigere … | |
Macondo lebt. | |
16 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Franz Lerchenmüller | |
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