# taz.de -- Klage gegen G20-Demoverbotszone: Polizei fürchtet linke Anwälte | |
> Die Polizei wirft Juristen, die gegen das Demoverbot klagen, die | |
> Mitgliedschaft in linken Vereinen vor. Das ist auch für Olaf Scholz | |
> problematisch. | |
Bild: Ihre Demoverbotszone verteidigt die Polizei mit Zähnen und Klauen | |
HAMBURG taz | Für die Polizei ist die Mitgliedschaft in linken | |
Anwaltsorganisationen ein Grund, die Legitimität von Anwält*innen und | |
Kläger*innen infrage zu stellen. Vier Jurist*innen hatten am Samstag vor | |
dem Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen die Allgemeinverfügung der | |
Polizei eingelegt, während des Gipfels sämtliche Demonstrationen in der | |
Innenstadt zu verbieten. | |
Die Polizei geht davon aus, die Jurist*innen würden ein riesiges | |
linksradikales Netzwerk mobilisieren, wenn sie die Möglichkeit bekämen zu | |
demonstrieren. Das geht aus der sogenannten Gefahrenprognose, einer | |
schriftlichen Stellungnahme der Polizei hervor, die der taz in Auszügen | |
vorliegt. | |
Die Antragsteller*innen hatten argumentiert, bei Rechtsbrüchen durch die | |
Polizei müsste es jederzeit möglich sein, auch innerhalb der | |
Demoverbotszone dagegen spontan zu demonstrieren. Die Polizei verwies | |
daraufhin auf die frühere Mitgliedschaft der vier Antragsteller*innen bei | |
der Initiative Hamburger aktive Jurastudent*innen und dem linken Netzwerk | |
kritischer Jurist*innen, KritJur. Darüber hinaus problematisierte sie die | |
Mitgliedschaft ihrer Anwält*innen beim Republikanischen Anwältinnen- und | |
Anwälteverein (RAV), einem bundesweiten Zusammenschluss von Anwält*innen | |
für Demokratie und Menschenrechte. | |
Die Polizei zieht aus dieser „Vernetzung“ den Schluss, dass „bei | |
Spontanversammlungen damit zu rechnen ist, dass nicht nur eine geringe | |
Teilnehmerzahl an solchen Versammlungen teilnehmen wird, und (…) dies auch | |
in die ‚linke bis linksextremistische Szene‘ transportiert werden würde“. | |
Mit ihrer Argumentation zielt die Polizei auf die persönliche | |
Glaubwürdigkeit der Jurist*innen. Auf Anfrage wollte sie sich aufgrund des | |
laufenden Verfahrens nicht äußern. | |
## Polizei definiert den Rechtsstaat neu | |
Der RAV kritisiert, dass die Polizei das „zentrale rechtsstaatliche | |
Prinzip“ der freien Anwaltswahl verletze. Sie unterteile Rechtsanwält*innen | |
in „genehme“ und „gefährliche'“, dies setze „Grundregeln des Rechtss… | |
außer Kraft“. | |
Peer Stolle, Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender des RAV, sieht das | |
Vorgehen in einem größeren Zusammenhang: „Die Argumentation der Hamburger | |
Polizeiführung schließt sich nahtlos an die Missachtung des | |
Gewaltenteilungsprinzips in den vergangenen Tagen an, als sich die | |
Hamburger Polizei über gerichtliche Entscheidungen schlicht hinweggesetzt | |
hat.“ Dass die Polizei kein Protestcamp dulde, obwohl das | |
Bundesverfassungsgericht anders geurteilt hatte, mache deutlich, dass sie | |
geltendes Recht so lange missachte, bis die Rechtslage für sie passend sei. | |
Ihrem Schreiben angehängt hat die Polizei Screenshots der Anwaltssuche auf | |
der Internetseite des RAV – als Beweis für die Mitgliedschaft der | |
Kläger-Anwält*innen. Hätte die Polizei in diese Suchzeile den Namen von | |
Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) eingegeben, wäre sie auch | |
fündig geworden. Denn auch Scholz ist Mitglied des RAV. | |
4 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
Katharina Schipkowski | |
## TAGS | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Demonstrationsverbot | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Bürgerrechte | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg | |
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg | |
NPD-Demo | |
G20 | |
G20 | |
G20 | |
G20 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Versammlungsverbote beim G20-Gipfel: Ein Schlauchboot ist ungefährlich | |
Beim G20-Gipfel in Hamburg hat die Polizei eine Attac-Aktion in der | |
Sperrzone verboten. Das war rechtswidrig, entschied jetzt das | |
Verwaltungsgericht. | |
40 Jahre Republikanischer Anwaltsverein: „Bürgerrechte werden relativiert“ | |
Seit 40 Jahren ist der RAV Wächter der Bürger- und Freiheitsrechte gegen | |
Machtansprüche des Staates. Der Vorsitzende Peer Stolle zieht Bilanz. | |
Anwältin Hödl über die Zustände im G-20-Knast: „Nacktdurchsuchungen davor… | |
In 24-Stunden-Schichten war der anwaltliche Notdienst für die Menschen da, | |
die von den G-20-Demos in die Gefangenensammelstelle in Harburg gebracht | |
wurden. | |
taz-Liveblog zum G20-Freitag: Schwere Krawalle im Schanzenviertel | |
Der G20-Freitag war von Gewalt geprägt. Tagsüber gab es friedliche | |
Proteste, abends randalierten Autonome. Bis zur Räumung von | |
Spezialeinheiten der Polizei. | |
Kommentar Linke Gewalt beim G20-Gipfel: Besser Geist als Flaschen | |
Es ist traurig, aber die Polizei hat Recht: Die gewaltbereite Linke gibt | |
es. Bisher bestand sie aus einer Minderheit – und so wird es hoffentlich | |
bleiben. | |
NPD bei G20-Demos: Antisemitische Kritik am Kapitalismus | |
Die rechte Kameradschaft und die NPD wollen sich in Hamburg bei den | |
Gipfelprotesten einbringen. Sie wissen, wie unerwünscht sie sind. | |
Diplomatie mit Russland: Ja, die Wurst ist wohl da | |
Als deutsche Regierungschefin meidet Angela Merkel spürbar weitere | |
Eskalationen mit Wladimir Putin. Für sie bleibt eher die Rolle der großen | |
Schwester. | |
Juristisches Tauziehen bei der G20-Demo: Camp ohne Camping? | |
Wer darf was? Und was kann wie verboten werden? Der Kampf um die Hamburger | |
Protestcamps wird vor Gericht ausgefochten. Das ist die aktuelle Lage. | |
Provo-Film vor G20-Gipfel: Der Ruf zum Tyrannenmord | |
Das heizt die Stimmung nochmal an: Vor dem G20-Gipfel ruft das Zentrum für | |
Politische Schönheit indirekt zum Mord an Diktatoren auf. | |
Vor dem G20-Gipfel im Juli: Hamburg rüstet sich für Krawalle | |
Für die Festsetzung von hunderten Demonstranten gegen den G20-Gipfel in | |
Hamburg lässt der rot-grüne Senat eigens eine Gefangenensammelstelle bauen. |