# taz.de -- Anwältin Hödl über die Zustände im G-20-Knast: „Nacktdurchsuc… | |
> In 24-Stunden-Schichten war der anwaltliche Notdienst für die Menschen | |
> da, die von den G-20-Demos in die Gefangenensammelstelle in Harburg | |
> gebracht wurden. | |
Bild: Behinderten immer wieder die Arbeit von AnwältInnen in der Gefangenensam… | |
taz: Frau Hödl, am Wochenende wurde einer Ihrer Kollegen von der Polizei | |
angegriffen. Was war der Auslöser? | |
Daniela Hödl: Mein Kollege hat beanstandet, dass die Gefangenen sowohl vor | |
als auch nach den Anwaltsgesprächen durchsucht wurden. Dafür wurde er mit | |
körperlicher Gewalt aus dem Sprechcontainer entfernt. Man muss dazu sagen, | |
dass die Personen sich bei der Untersuchung in den meisten Fällen | |
vollkommen nackt ausziehen mussten. Das ist natürlich eine übermäßige | |
Belastung der Mandant*innen und eine Verletzung der Privatsphäre. Als Grund | |
wurde angegeben, dass kontrolliert wird, ob die Anwältinnen und Anwälte | |
gefährliche Gegenstände übergeben hätten. | |
Kommt so etwas häufiger vor? | |
Nein, denn Anwälte sind Organe der Rechtspflege. Die Vorstellung, dass | |
Anwältinnen und Anwälte das Mandatsgespräch dazu nutzen, gefährliche | |
Gegenstände an die Gefangenen zu übergeben, ist nicht üblich. Zusätzlich | |
wurden wir mit einer Taschenkontrolle durchsucht. | |
Gab es noch andere solcher Vorfälle? | |
Ja, eine Anwältin hat zeitweise Hausverbot bekommen, weil sie | |
Durchsuchungen beanstandet hat. Ein anderer Kollege wurde aus dem | |
Gerichtssaal entfernt und auf der Straße wurden Anwält*innen teilweise | |
geschubst oder bedroht. | |
Stimmt es, dass in manchen Fällen der Zugang zu den Mandant*innen verwehrt | |
wurde? | |
Ja, zeitweise wurden den Mandant*innen die Gelben Seiten vorgelegt anstatt | |
die Nummer unseres anwaltlichen Notdienstes. Durchgehend war der Kontakt zu | |
uns also nicht gewährleistet. | |
Wie konnte das passieren? | |
Ich hatte das Gefühl, dass die Personen vor Ort überfordert und die Abläufe | |
nicht wirklich geplant waren. Es gab zum Beispiel anfangs nur eine geringe | |
Anzahl an Sprechcontainern, in denen die Mandant*innen mit den Anwält*innen | |
sprechen konnten. Die wurden erst im Laufe der Zeit aufgestockt. Dann gab | |
es sehr, sehr große Verzögerungen. Bei Gewahrsamnahmen steht im Gesetz, | |
dass die Personen unverzüglich einem Richter vorgeführt werden müssen. Hier | |
lagen zwischen der Festnahme und der richterlichen Vorführung regelmäßig | |
zwischen 18 und 19, in einem Fall sogar 23 Stunden. | |
Warum wurden manche sogar bis Montag festgehalten? | |
Das lag an der polizeilichen Gefahrenprognose. Meistens endet die, wenn die | |
Proteste beendet sind. In manchen Fällen wurden am Sonntag jedoch weitere | |
Gewahrsamnamen mit der Begründung angeordnet, dass am Sonntagabend die | |
Soli-Demo vor der Sammelstelle stattfinden sollte. Ich finde, das war eine | |
Fehleinschätzung. Die Demo war nicht mit dem zu vergleichen, was im | |
Schanzenviertel passiert ist. Man hatte den Eindruck, dass Leute bestraft | |
werden sollten, obwohl das natürlich nicht der Sinn des Präventivgewahrsams | |
ist. | |
Wie war denn die Situation in der Gefangenensammelstelle? | |
Wir waren zwar nur in den Sprechräumen, haben aber Berichte von unseren | |
Mandant*innen gehört. Von Nacktdurchsuchungen haben uns ganz viele | |
berichtet. Außerdem davon, dass sie nicht schlafen konnten, weil immer das | |
Licht an war; dass in halbstündigen Abständen gegen die Tür gepoltert wurde | |
oder jemand rein kam mit der Begründung einer sogenannten Lebendkontrolle. | |
Das klingt nach Schikane. | |
Könnte man so sagen. Teilweise haben wir auch beobachtet und uns wurde | |
berichtet, dass Leute sehr hart angefasst wurden und mit schmerzhaften | |
Polizeigriffen geführt wurden. Teilweise haben Beamte sie auch beschimpft | |
oder sich über sie lustig gemacht. | |
Gab es denn genug zu Essen? | |
Viele haben berichtet, dass die Versorgung mit Essen unzureichend war, dass | |
sie nur sehr wenig bekommen haben, nur auf Nachfrage und nur in sehr großen | |
zeitlichen Abständen. Eigentlich sind diese Zellen auch nicht dafür | |
geeignet, dass die Gewahrsamnahme so viele Stunden dauert. In den Zellen | |
gab es nicht mal ein Bett. Man konnte nicht richtig schlafen. | |
Und wie war es für Sie in der Sammelstelle? | |
Sehr, sehr schwierig. Wir haben uns 24 Stunden lang im Schichtdienst | |
bereitgehalten. Dennoch war es uns nicht möglich, Mandant*innen richtig zu | |
betreuen, weil lange Bearbeitungszeiten dazwischenlagen. Mandanten, mit | |
denen ich vorher gesprochen hatte, konnte ich nicht in der Anhörung | |
vertreten. Kontinuierlich eine Mandantin oder einen Mandanten zu betreuen, | |
war nicht gewährleistet. | |
11 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Katharina Kücke | |
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