# taz.de -- Kinotipp der Woche: Abschied können | |
> Nach 25 Jahren verlässt das Arsenal Kino seinen Standort am Potsdamer | |
> Platz. Die Filme im Abschiedsprogramm rauschen nur so durch die Genres. | |
Bild: Szene aus Lizzie Bordens Film „Born in Flames“ (USA, 1982) | |
Kino kann so einiges, und genau das möchte das [1][Kino Arsenal] zu seinem | |
vorläufigen Abschied noch einmal mit seinem Programm belegen. Das | |
Programmkino und Berlins wichtigste Institution für Filmkunst, wird nun für | |
etwas mehr als ein Jahr Pause machen. Der Mietvertrag am aktuellen Standort | |
am Potsdamer Platz läuft im Februar nächsten Jahres aus, das neue Zuhause | |
im Kulturquartier Silent Green in Wedding wird aber erst 2026 bezugsfähig | |
sein. | |
Bis dahin werden Berlins Cineasten auf das bewährt diverse, überraschende | |
und mutige Filmangebot im Arsenal verzichten müssen. Immerhin planen die | |
Betreiber des Kinos während ihres Sabbaticals Kooperationen mit anderen | |
Lichtspielhäusern in Berlin, damit die Entzugserscheinungen nicht zu stark | |
sind. | |
Wenn nun im Arsenal als Schlussakkord der 25 Jahre am Potsdamer Platz noch | |
bis zum 15. Dezember Filme aus allen nur erdenklichen Epochen, Genres und | |
Ländern unter dem Motto „Das kann Kino“ gezeigt werden, hat das mehrere | |
Gründe. Zum einen wird noch einmal die eigene Wichtigkeit als Institution | |
beschworen. Aber auch die der anderen Kinos in Berlin, die die geplanten | |
Haushaltskürzungen im Bereich der Kultur zu spüren bekommen werden. Das | |
Arsenal selbst übrigens nicht direkt, da es vom Bund finanziert wird, das | |
silent green Kulturquartier, wo bereits das analoge Archiv des Arsenal | |
angesiedelt ist, aber schon. | |
Auch indem jeder einzelne Film dieser Reihe eine extra Einführung von | |
Experten und Regisseurinnen vorangestellt wird, soll gezeigt werden, dass | |
Kinobesuche Events sein können im Gegensatz zum ewigen Filmkonsum auf der | |
eigenen Couch. Kino kann also auch mehr als Netflix. | |
Kino kann: Märchen, Camp, Musical, und so geht es immer weiter in dieser | |
Reihe. Zu jedem dieser Begriffe wird dann ein beispielhafter Film gezeigt. | |
Dass Kino Weltreise kann, soll dann beispielsweise „Taiga“ (1992) von | |
Ulrike Oettinger belegen. Der dauert mehr als 500 Minuten, also praktisch | |
den ganzen Tag, aber genau für so etwas abseits der Norm geht man nun Mal | |
in das Arsenal. Immerhin wird es während der Vorführung dieser | |
ethnografischen Filmstudie zwei Pausen geben, in denen mongolische | |
Spezialitäten gereicht werden. | |
Premiere kann man natürlich auch im Arsenal, gezeigt wurd der | |
portugiesische Film „Fogo do vento“ (2024), der gerade auf Festivals läuft, | |
aber in Deutschland bislang noch keinen regulären Kinostart hatte. Die | |
Regisseurin des Films, Marta Mateus, wird bei dieser Premiere (7. 12., | |
20:30 Uhr) in Berlin zugegen sein. | |
Und so geht es immer weiter bei diesem Abschlussmarathon im Arsenal. Lizzie | |
Bordens Klassiker „Born in Flames“ (1982) wird zeigen, wie feministisch das | |
Kino sein kann. Wie hellsichtig dieser Science-Fiction-Film ist, der vor | |
mehr als vier Dekaden entstanden ist, lässt sich nun noch einmal im | |
Kinosaal ergründen. Borden zeigte schon damals, dass der Kampf gegen | |
Rassismus und Sexismus in den USA so schnell nicht obsolet sein würde. Die | |
erneute Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, hat | |
ihre Befürchtungen hundertprozentig belegt. | |
In „Ordet“ (1954), einem gefeierten Meisterwerk der Filmgeschichte, wird | |
der dänische Regisseur Carl Theodor Dreyer zeigen, wie deprimierend sich | |
die Trauer über den Tod eines geliebten Menschen inszenieren lässt und wie | |
gut Kino eben auch das kann: Abschied nehmen. Und wo man schon bei diesem | |
Thema wäre: Auch das Arsenal beweist gerade genau das: dass es sehr gut | |
Abschied nehmen kann. | |
4 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/das-kann-kino-ein-programm-zum… | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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