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# taz.de -- Journalist der „Badischen“ abgesägt: Persona non grata
> Bernd Serger schrieb für die „Badische Zeitung“ über die NS-Vorgeschich…
> eines Anzeigenkunden. Nun darf der Autor nicht mehr für das Blatt
> arbeiten.
Bild: Das Verlagsgebäude der „Badischen Zeitung“ in Freiburg
Freiburg taz | Es ist der zweite Akt einer für die Badische Zeitung (BZ)
pikanten Geschichte. Im Juli vergangenen Jahres hatte der freie Autor Bernd
Serger, an prominenter Stelle im Magazin der BZ einen Text über das
Bettenhaus Striebel in Freiburg veröffentlicht, dessen jüdische
Besitzerfamilie Marx zur NS-Zeit ihr Kaufhaus weit unter Wert verkaufen
musste.
Der Text hatte in der BZ für Aufregung gesorgt, ist doch das Bettenhaus ein
guter Anzeigenkunde, der gerade zum 80. Firmenjubiläum der Zeitung eine
lukrative Sonderbeilage beschert hatte. Das Jubiläumsdatum 1937 ist
allerdings nicht die Gründung sondern das Datum der sogenannten Arisierung.
Serger betonte in dem Text, dass die heutigen Besitzer des Bettenhauses
nichts mit der Arisierung zu tun hatten, sie hatten das Unternehmen in den
80er-Jahren von der Familie Striebel übernommen. Er kritisierte aber auch,
dass die heutigen Besitzer so unsensibel mit der Firmengeschichte umgehen.
BZ-Chefredakteur Thomas Fricker machte trotz der differenzierten
Darstellung journalistische Mängel an dem Beitrag geltend. Serger, der
früher mal Mitglied der Chefredaktion der BZ gewesen ist, spricht von einem
wütenden Anruf. Der Chefredakteur verhinderte nach dem Abdruck, dass der
Text online ging. Außerdem veröffentlichte das Blatt keine Leserbriefe
dazu.
Serger machte dieses Vorgehen der Chefredaktion öffentlich, sprach von
Zensur und brachte seinen Text ins Netz, was bundesweit für Aufmerksamkeit
sorgte. [1][Auch die taz berichtete].
## Später Bumerang
Jetzt, mehr als 10 Monate später, bot Serger der Freiburger Lokalredaktion
einen Text zum gleichen Themengebiet an. Es sollte um eine andere
Kaufhausdynastie gehen, die ebenfalls der Arisierung zum Opfer fiel. Serger
bekam von der Redaktion die Zusage für den Text und machte sich an die
Recherchearbeit. Bis sich eine Redakteurin beim Autor meldete und den Text
auf Geheiß der Chefredaktion absagte.
„Die wollen mich nicht mehr im Blatt haben“, sagt Serger und spricht von
einem „Schreibverbot“ bei der Freiburger Monopolzeitung.
Die Chefredaktion der BZ sieht den Umgang mit Serger dagegen als normalen
Vorgang. „Hier führt ein verdienter, betagter Kollege – aus welchen Gründ…
auch immer – einen persönlichen Schaukampf“, schreibt Fricker auf Nachfrage
der taz. Nach Sergers Reaktion im Juli 2018 sei kein Vertrauensverhältnis
mehr gegeben gewesen. Er sei davon ausgegangen, dass auch Serger kein
Interesse mehr daran habe, mit der BZ zusammen zu arbeiten. Ohne
Vertrauensverhältnis mit der Chefredaktion kein Auftrag im Lokalteil. „Hat
bei der taz etwa jeder, der für das Blatt schreiben will, einen Anspruch
auf Abdruck?“, fragt Chefredakteur Thomas Fricker wohl rhetorisch.
Serger dagegen sieht sich vom Zorn des Chefredakteurs bis ins Lokale
verfolgt und als verdienter langjähriger Mitarbeiter des Hauses von seinem
ehemaligen Arbeitgeber schlecht behandelt. Zu seinem 70. Geburtstag im
August habe er im vergangenen Jahr erstmals nicht eine Zeile von der
Verlagsleitung erhalten, für die er in leitender Stellung 20 Jahre tätig
war. Das könne er verschmerzen, sagt er. Aber es sei klar, dass er bei der
Badischen Zeitung eine „Persona non grata“ sei.
Serger will von seinem Thema jüdische Kaufhausdynastien und ihr Schicksal
in der Nazizeit aber nicht lassen. Er arbeitet gerade an einem Buch über
eine der erfolgreichsten Kaufhausbesitzer jener Zeit und den Umgang der
Nazis mit ihnen. Man wird sehen, ob es Sergers Buch nach der
Veröffentlichung wenigstens zu einer Rezension des Buches in der BZ bringt.
5 Jun 2019
## LINKS
[1] /Lokalzeitung-drosselt-Text-zu-Bettenhaus/!5544117
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Journalismus
"Arisierung"
Roman
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“
Der 9. November
Schwerpunkt Nationalsozialismus
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