# taz.de -- James-Simon-Galerie eröffnet: Fit für den Massentourismus | |
> Die eröffnete James-Simon-Galerie ist eine gelungene Verbeugung vor der | |
> Vergangenheit der Museumsinsel. Aber die Besucherströme! Ein | |
> Wochenkommentar. | |
Bild: Erster Ansturm auf die gerade erst eröffnete James-Simon-Galerie mit Pol… | |
Zwei Jahrzehnte nach dem Beschluss, zehn Jahre nach Baubeginn, sieben Jahre | |
später als geplant und mit 134 Millionen Euro fast doppelt so teuer wie | |
ursprünglich berechnet, ist die James-Simon-Galerie nun fertig und am | |
Freitag eröffnet. Endlich. Das Herzstück des „Masterplans Museumsinsel“ v… | |
1999 ist dringend nötig. Es macht das Areal mit den fünf Museen der | |
Stiftung Preußischer Kulturbesitz fit für den Massentourismus des 21. | |
Jahrhunderts. Vorbei die Zeit, als selten mal ein bildungsbeflissener | |
Besucher beim Kastellan anklopfen musste, wollte er ins Museum, wie einst | |
vor der Mitte des 19. Jahrhunderts. Heute rechnen die Museumsleute mit drei | |
Millionen Besuchern jährlich, die im Schnelldurchgang 6.000 Jahre | |
Kulturgeschichte auf dem Programm haben. | |
Die vom britischen Architekten David Chipperfield entworfene | |
James-Simon-Galerie ist allerdings mehr als der zentrale Einstieg in die | |
unterirdische „Archäologische Promenade“ als Verbindung von vier der fünf | |
Museen auf der Insel. Einstweilen gelangt man ohnehin von hier nur ins Neue | |
Museum und ins teilweise gesperrte Pergamonmuseum. | |
Chipperfield hat nämlich nicht nur einen banalen Funktionsbau errichtet mit | |
Serviceeinrichtungen wie Ticketcountern, Garderobe, Toiletten, Shop und | |
Café, wovon die anderen Museen der Insel nun entlastet werden. Die | |
James-Simon-Galerie liefert auch nicht nur eine zusätzliche | |
Wechselausstellungshalle und ein 300 Plätze umfassendes Auditorium für | |
praktische Zwecke. | |
## Chipperfields architektonische Pathosgeste | |
Chipperfield formuliert zugleich eine Botschaft. Mit ihrem modern | |
interpretierten Klassizismus, mit Freitreppe, Säulengang und Sockel, | |
behauptet das Haus eine Kontinuität zur Tradition der Museumsinsel als | |
„Freistätte für Kunst und Wissenschaft“, wie es Preußenkönig Friedrich | |
Wilhelm IV. 1841 dekretierte. Chipperfield überhöht den Museumsbesuch (noch | |
einmal) zu einer Wallfahrt in das Museum als Bildungstempel. Insofern | |
ähnelt Chipperfields Eingangsbauwerk nicht umsonst in Form und Funktion den | |
antiken Propyläen auf der Akropolis – auch wenn man nun nach erklommener | |
Freitreppe erst mal wieder in die Tiefe der Archäologischen Promenade | |
hinabsteigen muss. | |
Chipperfields architektonische Pathosgeste erinnert damit den heutigen | |
Besucher an die ursprüngliche Idee der Museumsinsel. Hier geht es um die | |
kulturellen Leistungen des Menschengeschlechts seit den alten Ägyptern, | |
dessen Erbe wir in uns tragen. Es geht immer noch um etwas so Schönes wie | |
Erbauung, nicht nur um Unterhaltung und Event. | |
Allerdings holt die Besucher der schnöde Alltag gleich da ein, wo die | |
Architektur vom öffentlichen Straßenland abgelöst wird. Bislang gibt es | |
nämlich kein fertiges Konzept, wie mit der Vielzahl der stickenden, | |
lärmenden und raumgreifenden Busse umzugehen ist, die ihre Passagiere in | |
die Museen ringsum entlassen wollen. Das Problem wird sich mit der | |
Eröffnung des Humboldt Forums noch einmal verschärfen. Hier hätten Behörden | |
und Planer vielleicht etwas dialektischer denken müssen: Denn was am Ort | |
neu gebaut wird, hat eben auch Auswirkungen auf den umgebenden Raum, der | |
nicht bebaut wird. | |
13 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Ronald Berg | |
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