| # taz.de -- Neue James-Simon-Galerie: Der Rahmen ist fertig | |
| > Nach fast 10 Jahren ist der Bau der James-Simon-Galerie abgeschlossen. | |
| > Sie ist eine gelungene Verbeugung vor der Vergangenheit der Museumsinsel. | |
| Bild: Die neue Galerie auf der Berliner Museumsinsel wird Mitte 2019 für das P… | |
| Nach über zwei Jahrzehnten Planung, etlichen Bauverzögerungen und | |
| Kostensteigerungen ist es nun offiziell vollbracht: Mit der feierlichen | |
| Schlüsselübergabe an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz am gestrigen | |
| Donnerstag in Anwesenheit von Innenminister Horst Seehofer (CSU) und | |
| Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) kommt auf der Berliner | |
| Museumsinsel ein neues Gebäude hinzu. | |
| Die James-Simon-Galerie – benannt nach jenem jüdischen Mäzen, dem die | |
| Staatlichen Museen unter anderem die Nofretete verdanken. Der neue Bau soll | |
| künftig als Eingangs‑ und Verteilungsgebäude für die sogenannte | |
| Archäologische Promenade dienen, die unterirdisch alle Museen der Insel | |
| miteinander verbindet. | |
| Architekt David Chipperfield hat für die James-Simon-Galerie aber nicht nur | |
| ein „zentrales Servicegebäude“ mit Garderobe, Shop, Café, Ausstellungshal… | |
| und einem Auditorium errichtet, sondern den ursprünglichen Gedanken der | |
| Museumsinsel aus dem 19. Jahrhundert als einer Kultstätte für Kunst und | |
| Bildung formal überhöht. | |
| Das Gebäude wirkt äußerlich wie ein ins Moderne übersetzter, klassischer | |
| Tempel. Die schimmernd weißen Fassaden, der hohe Sockel und die schlanken | |
| Pfeiler vermitteln äußerlich etwas von Erhabenheit, so wie im Inneren die | |
| glatten Betonwände, die aus Kunstmarmor gefertigten Ticket-Counter und die | |
| in Nussbaum gehaltenen Verkleidungen im Shop und Auditorium Gediegenheit | |
| ausstrahlen. Chipperfields Gebäude liefert Raumqualität auf hohem Niveau. | |
| ## Kontroversen vergessen | |
| Die Frage, ob das zugrunde liegende Konzept einer Archäologischen Promenade | |
| überhaupt richtig sei, scheint durch die mit der Eröffnung des benachbarten | |
| Humboldtforums noch zu erwartende Steigerung der Publikumsmassen obsolet. | |
| Die Museen der Insel waren nie für die heutigen knapp drei Millionen | |
| Besucher im Jahr ausgelegt. Diese Massen durch die Museen zu steuern ist | |
| einfach eine Notwendigkeit geworden. Allein die Anbindung in den Stadtraum | |
| funktioniert in dieser Hinsicht noch nicht. | |
| Die Frage nach einem geeigneten Standort für die vielen Touristenbusse sei | |
| noch offen, so Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer | |
| Kulturbesitz, anlässlich der Schlüsselübergabe. Es herrsche noch | |
| Klärungsbedarf mit der Berliner Senatsverkehrsverwaltung. | |
| Im Sommer 2019 soll die James-Simon-Galerie für den Publikumsverkehr | |
| öffnen. Der Rundgang durch die Archäologische Promenade wird aber, so sagte | |
| es Parzinger am Donnerstag – wohl erst irgendwann in den 2030er Jahren | |
| komplett fertig sein, wenn Pergamonmuseum und Altes Museum saniert worden | |
| seien. Bis dahin wird die James-Simon-Galerie wie selbstverständlich zur | |
| Museumsinsel dazugehören und mit Freitreppe, Terrasse und Café sogar ohne | |
| Eintritt zugänglich sein. | |
| Die Museen der Insel sollen zudem auch in Zukunft eigenständig zugänglich | |
| bleiben. Ziel sei es, betonte Michael Eissenhauer als Generaldirektor der | |
| Staatlichen Museen, dem Besucher so viel Freiheit wie möglich bei seinem | |
| Besuch zu erlauben. Chipperfields Gebäude hat übrigens genügend | |
| architektonische Qualität, dass es schon allein für einen Besuch lohnt. | |
| Die heftigen kontroversen Diskussionen, die es zu seinem Entwurf in Berlin | |
| einst gegeben hat, kommentierte der Architekt am Donnerstag mit dem Satz: | |
| „Das habe ich vergessen.“ Er finde es gut, dass Architektur in Berlin so | |
| ernst genommen würde; die Architekten sollten sich über diesen Umstand | |
| freuen. | |
| ## Verbeugung vor der Vergangenheit .. | |
| Einwände am Gebäude könnte vielleicht am ehesten die riesige Wand zum | |
| Spreekanal geben, die jetzt mit zwei Fenstern etwas aufgelockert worden | |
| ist. Trotzdem ist die Proportionalität zwischen diesem massiven Sockel und | |
| den schmalen Pfeilern darauf gewöhnungsbedürftig. | |
| Aus der Ferne, etwa von der Schlossbrücke, wirkt Chipperfields Haus formal | |
| ausgeglichener. Auch die Einbindung und Weiterführung der bestehenden | |
| Kolonnade am Neuen Museum wirkt wie eine Verbeugung vor der Vergangenheit | |
| eines umhegten Bezirks, in der Kunst und Kultur wie in einer | |
| Bildungsreligion als heilige Güter zelebriert werden. | |
| Dieses Konzept wird durch Chipperfields neues Gebäude nicht aufgegeben, | |
| sondern nur für den Massentourismus modifiziert. Das Erhabene ist durchaus | |
| noch präsent, während es allerdings bei der Aufenthaltsqualität des neu | |
| entstandenen Hofs zwischen Neuem Museum und der James-Simon-Galerie noch | |
| hapert. Für diese Steinwüste sind bislang nicht einmal Kübelpflanzen | |
| vorgesehen. | |
| ## .. und zeitgemäßer Rahmen | |
| Die Referenz an die Vergangenheit der Insel kommt im Inneren der | |
| James-Simon-Galerie übrigens noch einmal ganz handfest mit einem der | |
| baumlangen Holzpfähle zum Tragen, womit der seit dem Krieg verschwundene | |
| Vorgängerbau im Modder des Spreebetts stabilisiert wurde. Der wie eine | |
| Reliquie ausgestellte Pfahl erinnert nicht nur an die Schwierigkeiten bei | |
| den Gründungsarbeiten der James-Simon-Galerie. Er ist auch ein Zeichen der | |
| buchstäblichen Kultivierung des sumpfigen Naturraums zu einer „Freistätte | |
| für Kunst und Wissenschaft“, wie sie 1841 König Friedrich Wilhelm IV. | |
| dekretierte. | |
| Dieses Konzept – inzwischen Unesco-Weltkulturerbe – ist immer noch die | |
| Grundlage fürs museale Alltagsgeschäft. Chipperfields Bau ändert daran | |
| nichts, er schafft dazu nur den zeitgemäßen Rahmen. | |
| 13 Dec 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Ronald Berg | |
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