# taz.de -- Jahresbericht des Ostbeauftragten: Positiver Blick auf Ostdeutschla… | |
> Laut Christian Schneider entwickeln sich die Industrien in Brandenburg | |
> und Sachsen-Anhalt gut. Die Zufriedenheit der Ostdeutschen nimmt aber ab. | |
Bild: Weckt Neugier auf Ostdeutschland: Sänger Clueso bei einem Auftritt in Dr… | |
BERLIN taz | Chancen und positive wirtschaftliche Entwicklung: Carsten | |
Schneider (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, hat | |
seinen ersten Jahresbericht vorgestellt. Sein Fokus liegt auf positive | |
Entwicklungen. | |
Schneider hebt insbesondere die Rolle Ostdeutschlands als Industriestandort | |
hervor. Er erwähnt etwa die Chip-Werkstatt von Intel in Magdeburg oder das | |
[1][Tesla-Werk in Brandenburg]. Aber vor allem plädiert er für Neugier: | |
Mehr Westdeutsche sollen nach Ostdeutschland reisen. Die ostdeutsche Kultur | |
habe ganz Deutschland geprägt, Schneider erwähnt die Bands Clueso und | |
[2][Blond]. Die Sängerin Nina Kummer hat selbst einen Bericht über ihre | |
Heimatstadt Chemnitz geschrieben. | |
Außerdem eine positive Entwicklung: Die Zahl der Arbeitslosen in | |
Ostdeutschland war vor der Coronapandemie auf einen neuen Tiefstand | |
gesunken. Das Problem, das lange Zeit den Diskurs in Ostdeutschland | |
bestimmt hatte, wurde mittlerweile vom Fachkräftemangel abgelöst. | |
Im sogenannten Deutschland-Monitor, gab im Sommer 2022 eine deutliche | |
Mehrheit der Befragten (61 Prozent) an, die Deutsche Einheit sei ein Gewinn | |
gewesen. In der Studie zeigt sich aber auch, dass die Unzufriedenheit mit | |
der politischen Situation wächst. So waren 2022 nur noch 31 Prozent der | |
Befragten in den östlichen Bundesländern alles in allem zufrieden – neun | |
Prozent weniger als 2020. | |
## Etwas mehr Wohlwollen für Einwanderer:innen | |
Im Osten waren zu diesem Zeitpunkt nur 26 Prozent mit der Arbeit der | |
Bundesregierung zufrieden, im Vergleich zu 42 Prozent 2020. Im Westen | |
dagegen liegt die Zufriedenheit aktuell bei 44 Prozent. Vor zwei Jahren | |
waren es noch 54 Prozent gewesen. | |
Holger Liljeberg vom Institut INFO betont, dass die wachsende | |
Unzufriedenheit ein gesamtdeutsches Problem sei. Sein Institut hatte für | |
den Monitor rund 4.000 Menschen in Ost und West befragt. Immerhin | |
unterstützen 42 Prozent der Ostdeutschen dieses Jahr die Aussage, dass die | |
Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland eine Bereicherung für die | |
Gesellschaft darstellt (2020: 38 Prozent). In Westdeutschland sind es | |
stabil 52 Prozent. | |
Den Umgang der Bundesregierung mit dem Krieg in der Ukraine sehen lediglich | |
36 Prozent der Befragten in Gesamtdeutschland positiv. Besonders in der | |
Meinung zur Lieferung schwerer Waffen liegen Ost und West weit auseinander: | |
Im Westen befürworten das 54 Prozent, im Osten lediglich 32 Prozent. In | |
beiden Teilen werden die Risiken des Kriegs relativ hoch eingeschätzt, im | |
Osten etwas höher. | |
Außerdem stellt der Bericht Zukunftsvisionen der Bundesregierung für | |
Ostdeutschland vor, unter anderem [3][das Zukunftszentrum]: Hier sollen | |
Erfahrungen und Leistungen von Ostdeutschen sichtbar gemacht werden, aber | |
auch Erfolge und Chancen der Umbrüche gezeigt werden – mit Hinweis auf | |
heutige Herausforderungen. Schneider betont: „Wir können heute vom | |
ostdeutschen Pragmatismus lernen“ – im Osten hatten die Leute kein Geld und | |
keine Beziehungen und hätten es trotzdem geschafft, so Schneider. | |
## Kritik von der Linken | |
Trotz positiver Bilanz insgesamt, betont Schneider im Bericht, dass es eine | |
gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, die Lebensverhältnisse zwischen Ost | |
und Westdeutschland anzugleichen. Insbesondere die Probleme bei der | |
Energieversorgung seien für den Osten noch dramatischer, da die Löhne hier | |
immer noch niedriger als im Westen sind. Außerdem verfügen die | |
Bürger:innen im Osten über weniger Rücklagen und kaum Vermögen. | |
Zuvor hatte der Ostbeauftragte der Linksfraktion Sören Pellmann kritisiert, | |
dass sich die Lebensverhältnisse von Ost- und Westdeutschland nur | |
schleppend angleichen würden. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf | |
eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, lag die Wirtschaftsleistung des | |
Ostens im Jahr 2021 immer noch deutlich niedriger als im Westen. Das | |
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf betrug im Osten 34.587 Euro und 44.968 Euro | |
im Westen. Damit ist die ostdeutsche Wirtschaftsleistung bei 77 Prozent des | |
Westniveaus. | |
Der Thüringer Schneider hat das Amt des Beauftragten für Ostdeutschland | |
seit dem Regierungswechsel 2021 inne. Der Bericht selbst ist neu. Er soll | |
künftig im Wechsel mit dem Bericht der Bundesregierung zum Stand der | |
[4][Deutschen Einheit] erscheinen, um so auch individuelle und verschiedene | |
Stimmen abzubilden. Der Bericht des Ostbeauftragten ist eine Sammlung von | |
15 Einzelberichten und unterstützenden Statistiken. | |
28 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Neuer-Tesla-Wald-in-Brandenburg/!5876234 | |
[2] /Debuetalbum-des-Chemnitzer-Trios-Blond/!5660668 | |
[3] /Ostdeutschland-und-Geschichte/!5852357 | |
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## AUTOREN | |
Anne Frieda Müller | |
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