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# taz.de -- Hamburg verliert Bäume: Die schüttere Grüne
> Hamburg zählt sich zu den grünsten Städten Deutschlands. Gerecht wurde
> man diesem Anspruch in den vergangenen Jahren kaum.
Bild: Feindliche Umgebung: Straßenbaum in Hamburg
Hamburg taz | Die „grüne Metropole am Wasser“ – so die Hamburger
Eigenwerbung – ist etwas schütter geworden. [1][Fast jeder zehnte
Straßenbaum] ist in den vergangenen 15 Jahren abhanden gekommen. Zwar
scheint dieser Schwund seit Kurzem gestoppt zu sein, doch aus Sicht des
Naturschutzbundes Nabu reicht das nicht. Neben dem Wiederaufbau dieses
Bestandes fordert er, dass der Senat Klarheit darüber schafft, wie die
Baumbilanz auf öffentlichen Grünflächen und Privatgrundstücken aussieht –
denn die ist recht lückenhaft.
„Die Bedeutung der Bäume für das Hamburger Stadtklima oder die
Artenvielfalt ist politisch unbestritten“, sagt der Nabu-Landesvorsitzende
Malte Siegert. Bäume binden Kohlendioxid (CO2) und dämpfen so den
Treibhauseffekt; sie erfrischen die Luft, kühlen, spenden Schatten und
geben einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen Heimat.
Sollen [2][irgendwo Bäume fallen, regt sich zuverlässig Protest] in der
Nachbarschaft. In parlamentarischen Anfragen ist insbesondere der Bestand
an Straßenbäumen ein Lieblingsthema aller Oppositionsparteien. Doch trotz
alledem und trotz gegenteiliger Versprechen haben es sich die wechselnden
Senate geleistet, den Bestand immer weiter schrumpfen zu lassen. Erst
Rot-Grün hat den Trend von 2017 auf 2018 umgekehrt.
Das sei eine wirklich gute Nachricht und setze den „Zahlenspielereien der
Opposition“ ein Ende, die immer wieder behaupte, Hamburg würde auf
dramatische Weise Bäume verlieren, sagt die Bürgerschaftsabgeordnete Ulrike
Sparr (Grüne). Aber eines sei auch klar: „Es ist in der Tat anspruchsvoll,
unter den widrigen Bedingungen der Stadt – Flächenkonkurrenzen,
Trockenstress, Windwurf – immer wieder neue Pflanzstandorte zu finden.“
## Jeder einzelne Baum erfasst
Für Straßenbäume gibt es in Hamburg ein [3][Kataster, in dem jeder einzelne
Baum verzeichnet ist] nach Art, Größe, teilweise auch seinem
Gesundheitszustand und in Einzelfällen auch seiner Geschichte. Das gibt
einen einzigartigen Überblick über diesen Baumbestand, der sich gegen so
widrige Umstände behaupten muss wie ins Erdreich sickerndes Streusalz und
Seifenlauge, literweise Hundeurin oder das Gewicht von Baumaschinen.
Einen weniger guten Überblick gibt es über die Bäume im Parks und
öffentlichen Grünanlagen. Nur die Bezirke Nord, Wandsbek und Harburg führen
Statistiken dazu, wie viele Bäume dort gefällt und nachgepflanzt werden. In
den Jahren 2015 bis 2019 pflanzen die drei Bezirke im Durchschnitt gut 400
Bäume weniger nach als sie fällten.
Allerdings gab der Senat auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Sandro Kappe zu
Bedenken, eine solche Statistik sei wenig aussagekräftig: „Es werden
hierbei weder der natürliche Zuwachs noch erforderliche Fällungen zur
Bestandspflege wie Entnahme bei Dichtständen, ‚auf den Stock setzen‘ von
knickartigen Strukturen oder die Entnahme invasiver Arten hinreichend
berücksichtigt.“ Außerdem fielen Bäume mit einem Stammdurchmesser von unter
25 Zentimetern sowie die Fällungen durch Dritte unter den Tisch.
Trotzdem fordert der Nabu, auch hier genau hinzuschauen. Schließlich gehe
es um schätzungsweise 600.000 Bäume. „Es fehlt an einer, vom [4][Nabu] seit
Jahren geforderten, einheitlichen und transparenten Statistik“, sagt der
Landesvorsitzende Malte Siegert.
Ähnlich unklar sei, was sich auf den Privatgrundstücken abspiele, auf denen
mit schätzungsweise einer Million die meisten Bäume stünden. Nur für die
Bezirke Mitte, Altona, Nord und Harburg lassen sich die Fällgenehmigungen
gegen die geforderten Nachpflanzungen aufrechnen.
Unterm Strich aller vier Bezirke wurden 600 Bäume mehr nachgepflanzt als
gefällt. Das liegt allerdings an Altona, wo doppelt so viele nachgepflanzt
als gefällt wurden. Dabei sollte jeder gefällte Baum eigentlich durch
mehrere neue ersetzt werden – schließlich dauert es Jahre, bis ein junger
Baum wieder die ökologische Leistung eines alten erbringt.
„Die tatsächlichen Baumverluste sind unklar, denn die Nachpflanzungen
werden nur stichprobenartig überprüft“, moniert Katharina Schmidt,
Baumschutzexpertin beim Nabu. Der schleichende und unüberschaubare
Grünverlust könne nur grob geschätzt werden. Deshalb fordert der Nabu, auch
die Zahlen zu Fällgenehmigungen und Ersatzpflanzungen bei Privatbäumen
ebenfalls für die Öffentlichkeit transparent zu machen.
9 Apr 2021
## LINKS
[1] /Baumschutz/!5154046
[2] /Bauprojekt-contra-Gruenflaeche-in-Altona/!5750165
[3] https://www.hamburg.de/strassenbaeume-online-karte/
[4] https://hamburg.nabu.de/
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Umwelt
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Naturschutz
Bäume
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