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# taz.de -- Gutachten vom Expertenrat Klima: Klimaschutz quält sich voran
> Bei der Energiewende läuft es gut, aber Gebäude und Verkehr emittieren
> noch zu viel CO2. Der Expertenrat Klima empfiehlt mehr soziale
> Gerechtigkeit.
Bild: Fahrn Fahrn Fahrn auf der Autobahn statt Klimaschutz: Im Verkehrssektor p…
Berlin taz | Die deutsche Klimapolitik ist zwischen 2021 und 2023 deutlich
besser geworden. Trotzdem reicht der aktuelle Trend der CO2-Einsparung
nicht aus, um das deutsche Klimaziel 2030 zu erreichen. Zu diesem Schluss
kommt der Expertenrat Klima in seinem Gutachten, das er alle zwei Jahre
vorstellt. Dazu ist das fünfköpfige Gremium gesetzlich beauftragt.
„Klimapolitisch [1][wurden die Anstrengungen deutlich verstärkt]“, sagt
Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrats und Direktor des
Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme. Ob die deutschen und
europäischen Klimaziele zu erreichen sind, ohne die Klimapolitik
„wesentlich anzupassen“, sei aber fraglich.
Besonders in den Sektoren Gebäude und Verkehr geht der Klimaschutz nicht
voran. Im vom Expertenrat betrachteten Zeitraum von 2021 bis 2023 gingen
die Emissionen des Gebäudesektors nur um 1,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr
zurück. Damit der Sektor seinen Beitrag zum deutschen Klimaziel 2030
leistet, müsste er pro Jahr 8,3 Millionen Tonnen CO2 einsparen.
Noch schlechter sieht es im Verkehrssektor aus. Hier sind zwischen 2021 und
2023 die Emissionen sogar leicht um 500.000 Tonnen CO2 gestiegen.
Dramatisch schlechter als lange angenommen ist die Lage bei den
CO2-Emissionen aus der Natur: Eigentlich sollen Wälder, Moore und Co 2030
etwa 20 Millionen Tonnen CO2 binden. Durch ihren schlechten Zustand stoßen
sie stattdessen gerade etwa 70 Millionen Tonnen pro Jahr aus.
## Habecks Bilanz „gemischt“
Dafür ist die Bundesregierung auf gutem Kurs bei der Energiewende: Läuft es
so gut wie zwischen 2014 und 2023, unterschreitet der Energiesektor sogar
das 2030-Ziel. Ein großer Teil des Rückgangs der vergangenen Jahre geht
aber auf die Schwäche der Industrie zurück.
Dementsprechend sei die Bilanz von Klima- und Wirtschaftsminister Robert
Habeck „gemischt“, urteilt Expertenratsvorsitzender Henning. Aber der
Grünen-Politiker sei „eine Reihe von Maßnahmen beherzt angegangen“, zum
Beispiel bei der Genehmigungen von Windrädern an Land und der Photovoltaik.
Auch das umstrittene Heizungsgesetz habe „großes Potenzial“, gemeinsam mit
den Gesetzen zu Wärmeplanung der Kommunen und Sanierungsförderung zum
Klimaschutz beizutragen. Henning warnt deshalb davor, die Maßnahmen der
Ampel im Gebäudesektor rückgängig zu machen, wie es die CDU durch die
Abschaffung des Heizungsgesetzes tun will.
Die Ampel habe die Sanierungsförderung viel effizienter gemacht, lobt
Brigitte Knopf, Vizechefin des Expertenrats und Direktorin der Denkfabrik
Zukunft Klimasozial. 2021 habe der Staat noch 374 Euro ausgeben müssen, um
durch Sanierungen eine Tonne CO2 einzusparen, jetzt seien es 82 Euro.
## Nicht nur auf hohe CO2-Preise verlassen
Das liegt Knopf zufolge unter anderem daran, dass die Förderung nach
Einkommen gestaffelt wurde. So konnte vermieden werden, dass Haushalte die
Förderung abgreifen, die sowieso saniert hätten und das Geld nicht
brauchen. Den sogenannten Umweltbonus, mit dem neue E-Autos [2][bis zu
seinem Auslaufen Ende 2023] gefördert wurden, hätten dagegen vor allem
Wohlhabende in Anspruch genommen.
Um die europäischen Klimaziele in den Sektoren Gebäude und Verkehr
einzuhalten, [3][sollte sich die nächste Bundesregierung nicht auf den
Emissionshandel verlassen], warnt der Expertenrat. Fürs Heizen und
Autofahren greift der europäische Emissionshandel ab 2027 und könnte Heizen
mit Öl, Gas oder Kohle sowie Tanken mit Benzin, Diesel oder Gas deutlich
teurer machen.
Ergänzend sei ein „umfassender Ansatz“ nötig, sagt Brigitte Knopf. Dazu
gehöre ein Ausbau von ÖPNV und Wärmenetzen genauso wie Ordnungsrecht, damit
Mieter*innen nicht unter Sanierungen leiden, sozial gestaffelte
Förderprogramme und ein Klimageld.
Der Expertenrat fordert ganz grundsätzlich eine [4][„erheblich bessere
Einbettung“ der Klimapolitik in andere Politikfelder]. Zum Beispiel könnte
Klimapolitik das Leben von Normalverdiener*innen verbessern, wenn
Heizen billiger und der ÖPNV attraktiver wird. Die Wirtschaft könnte
sicherer vor externen Schocks werden, wenn wir weniger fossile Brennstoffe
importieren und mehr Energie in Deutschland produzieren. Und neue
Technologien können gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen.
## Klimaschützer*innen fordern Milliardärssteuer
Um die Wirtschaft auf Kurs zu bringen, die Klimaziele einzuhalten, sind dem
Expertenrat zufolge mindestens 100 Milliarden Euro Investitionen pro Jahr
durch Bund, Länder und Kommunen nötig, davon die Hälfte allein für Bahn und
ÖPNV. Das ist etwa das Doppelte dessen, was die öffentliche Hand ohnehin in
den Erhalt der Infrastruktur stecken müsste.
Die Klima-Allianz, ein Zusammenschluss von Naturschutzorganisationen,
Sozialverbänden und Gewerkschaften, fordert angesichts des Gutachtens des
Expertenrats eine sozial gerechte Klimapolitik. Dazu sei eine
„Investitionsoffensive für die Schiene und den öffentlichen Verkehr“ nöt…
sowie für „mehr kleine und effiziente E-Autos und eine langfristig
gesicherte Förderstrategie für klimaneutrales, bezahlbares Heizen“.
Um das zu bezahlen, brauche es eine Reform der Schuldenbremse sowie eine
angemessene Besteuerung von extrem reichen Menschen. Dieser Forderung
schließt sich Greenpeace an und ergänzt, dass zu konsequentem Klimaschutz
im Verkehr auch ein Tempolimit gehöre.
5 Feb 2025
## LINKS
[1] /Klimaziel-fuer-2024/!6057130
[2] /Ende-des-Umweltbonus-fuer-E-Autos/!5977695
[3] /EU-Emissionshandel/!6058364
[4] /Luisa-Neubauer-uebers-Waehlen-und-Kaempfen/!6059862
## AUTOREN
Jonas Waack
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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Dresden
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