# taz.de -- Grüne Jugend zum Sondervermögen: Weniger Ärger mit den jungen Le… | |
> Die Grüne Jugend protestierte gegen das Bundeswehr-Sondervermögen – doch | |
> junge Abgeordnete sagten ja. Wie viel Einfluss hat der Nachwuchs noch? | |
Bild: Setzten sich gegen das Sondervermögen ein: Grüne-Jugend-Duo Sarah-Lee H… | |
BERLIN taz | Sarah-Lee Heinrich kam in dieser Woche zu dem Schluss, dass | |
noch mal eine Erklärung nötig ist. Mit [1][einer Videobotschaft wandte sich | |
die Bundessprecherin der Grünen Jugend] an ihre Follower auf Instagram. Es | |
ging um das Sondervermögen für die Bundeswehr, das der Bundestag letzten | |
Freitag beschlossen hatte. Sie verstehe den Frust im eigenen Verband und | |
bei den Bündnispartnern, sagte Heinrich: Auf der einen Seite gebe es eine | |
Grüne Jugend, die „ganz klar“ gegen das Sondervermögen sei. Auf der ander… | |
Seite gebe es Abgeordnete aus der Grünen Jugend, die sich „im Bundestag | |
anders verhalten“. Das bringe einen „vielleicht zum Rätseln“. | |
Die aktuelle Grünen-Fraktion ist so jung wie noch nie. Die Grüne Jugend | |
spricht von 27 Abgeordneten, die Mitglied des Verbands sind oder das | |
Höchstalter von 28 Jahren noch nicht lange überschritten haben. „Richtig | |
viel jung-grüne Power für einen echten Wandel“, jubelte der Verband nach | |
der Bundestagswahl. | |
[2][Bei der Abstimmung zur Grundgesetzänderung] für das Sondervermögen | |
stellte sich aus den Reihen der 27 aber niemand quer. Einige wenige | |
Abgeordnete der Grünen Jugend fehlten, der Rest stimmte mit „Ja“. Die fünf | |
Nein-Stimmen aus der Fraktion kamen von älteren Abgeordneten. Und das, | |
obwohl die Grüne Jugend das Sondervermögen eigentlich ablehnte. Die Kritik | |
ihrer Doppelspitze an den Milliarden war im gesamten Grünen-Kosmos die am | |
deutlichsten vernehmbare. Das dürfte sowohl an der guten | |
Öffentlichkeitsarbeit von Heinrich und ihrem Sprecherkollegen Timon Dzienus | |
als auch an der relativen Zurückhaltung in den restlichen Teilen der Partei | |
gelegen haben. | |
Grenzenlose Begeisterung gab es zwar auch in der Fraktion nicht. Mit der | |
Idee des Sondervermögens hatte Kanzler Olaf Scholz die Grünen im Februar im | |
Bundestag überrumpelt, und grüne Änderungswünsche – zum Beispiel die | |
Verwendung des Geldes auch für Sicherheitsaufgaben jenseits der Bundeswehr | |
– [3][flogen in den Verhandlungen in letzter Minute] wieder raus. | |
## „Eine bittere Pille“ | |
Dass sie dennoch zugestimmt haben, begründen viele der jungen Abgeordneten | |
mit einer harten Abwägung. „Es war natürlich eine bittere Pille, dass die | |
Union dafür gesorgt hat, dass zum Beispiel Cybersicherheit nicht | |
berücksichtigt wird. Die Gründe dafür haben für mich trotzdem überwogen“, | |
sagt Max Lucks, selbst ehemaliger Bundessprecher der Grünen Jugend. | |
Ausschlaggebend seien für ihn unter anderem die Sicherheitsinteressen von | |
Osteuropäern und Skandinaviern gewesen, mit denen er als Außenpolitiker | |
regelmäßig zu tun hat. | |
Was niemand der Abgeordneten aufführt, aber bei umstrittenen Abstimmungen | |
natürlich auch oft eine Rolle spielt: die Loyalität gegenüber den | |
verantwortlichen Parteigrößen (in diesem Fall Annalena Baerbock, die die | |
finalen Verhandlungen führte) sowie der Fraktionszwang und die Sorge, sich | |
mit einer Nein-Stimme die Arbeit an anderer Stelle schwer zu machen. Wer im | |
Bundestag sitzt, auf den wirken plötzlich sehr viele Zwänge. | |
Zumindest etwas anders ist die Situation bei den Jusos, die in der | |
SPD-Fraktion stark vertreten sind. Die meisten von ihnen stimmten zwar auch | |
für das Sondervermögen, es gab aber zumindest einige Nein-Stimmen – unter | |
anderem von Juso-Chefin Jessica Rosenthal, die anders als Heinrich und | |
Dzienus selbst im Bundestag sitzt. Bei der Grünen Jugend schließt schon die | |
Satzung ein Mandat aus, was deren Spitze aber auch weiterhin richtig | |
findet: So sei die „Beinfreiheit“ größer. | |
## Grenzen und Hoffnung | |
Wie viel Einfluss bleibt dem Jugendverband so aber? „Diese Abstimmung hat | |
auch mir die Grenzen der parlamentarischen Arbeit aufgezeigt“, sagt | |
Heinrich. „Zu hoffen, dass sich alles ändert, weil 27 Abgeordnete aus der | |
Grünen Jugend im Bundestag sitzen, überschätzt den Handlungsspielraum von | |
Einzelpersonen. Umso wichtiger ist es, den Druck von unten zu organisieren. | |
Das ist langwieriger, aber nachhaltiger.“ | |
Trotzdem könne die Grüne Jugend etwas bewirken. Das habe sich auf dem | |
Kleinen Parteitag im April gezeigt, auf dem ein Antrag des Verbands gegen | |
das Sondervermögen nur knapp scheiterte. „Das Thema ist ja auch nicht | |
erledigt, viele Konflikte tun sich jetzt erst auf. Wie verhindern wir eine | |
globale Aufrüstungsspirale? Wie verhindern wir massive soziale | |
Verschlechterungen im Herbst und Winter?“, sagt Heinrich. Zeit, den Kopf | |
hängen zu lassen, habe man nicht. | |
Und auf Unterstützung im Bundestag kann sie für die Zukunft zumindest | |
wieder hoffen. Einen Bruch zwischen Grüner Jugend und den jungen | |
Abgeordneten gebe es nicht, beteuert der Parlamentarier Lucks. „Wir sind | |
uns einig, dass wir in den kommenden Verteilungsfragen zusammenarbeiten | |
werden“, sagt er. | |
9 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/stories/highlights/17993943613466472/ | |
[2] /Abstimmung-Sondervermoegen-Bundeswehr/!5856375 | |
[3] /Beschluss-ueber-Bundeswehr-Sondervermoegen/!5854948 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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