# taz.de -- Nutzung des Bundeswehr-Sondervermögens: Mehr Tempo bei Waffenkäuf… | |
> Der Bundestag beschließt ein Gesetz zur Beschleunigung von | |
> Bundeswehr-Beschaffungen. Transparency International warnt: Korruption | |
> werde einfacher. | |
Bild: Scharfe Munition von Heckler & Koch für die Bundeswehr | |
BERLIN taz | Die Debatte beginnt laut Tagesordnung noch vor Mitternacht, | |
die Abstimmung erfolgt kurz danach: Am späten Donnerstagabend, einen Tag | |
vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause, beschließt der Bundestag | |
voraussichtlich das Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz. | |
Hinter dem sperrigen Namen liegt das Anliegen der Ampelkoalition, die 100 | |
Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr möglichst schnell | |
ausgeben zu können, das zuständige Beschaffungsamt dabei nicht zu | |
überlasten und Verzögerungen durch Gerichtsverfahren zu vermeiden. | |
Dabei deckt das Gesetz alleine nicht alle Phasen des Beschaffungsprozesses | |
ab, bei denen es erfahrungsgemäß zu Verzögerungen kommen kann, sondern | |
konzentriert sich in erster Linie auf die Vergabeverfahren. Es orientiert | |
sich dabei [1][am LNG-Beschleunigungsgesetz, mit dem die Koalition] bereits | |
Regeln für den Bau von Flüssiggasterminals abgesenkt hat. Die neuen | |
Ausnahmen in der Rüstungsbeschaffung sollen zunächst für fünf Jahre gelten | |
– so lange also, bis der Großteil der 100 Milliarden Euro aus dem | |
Sondervermögen voraussichtlich ausgegeben ist. | |
Konkret will die Koalition unter anderem Verzögerungen für den Fall | |
verhindern, dass Unternehmen, die bei Auftragsvergaben unterliegen, zu | |
rechtlichen Mitteln greifen. Anders als bisher werden zum Beispiel | |
Verträge, die ohne öffentliche Ausschreibung vergeben wurden, nicht mehr | |
automatisch unwirksam. Stattdessen kann dem „öffentliche Auftraggeber“, in | |
dem Fall also dem Beschaffungsamt, eine Geldstrafe auferlegt werden; der | |
Vertrag bleibt dagegen in Kraft. Auch an anderen Stellen werden die | |
rechtlichen Optionen unterlegener Unternehmen eingeschränkt. | |
Kritik an solchen Neuregelungen kommt von Transparency International. Der | |
Gesetzesentwurf erhöhe „das Korruptionsrisiko bei den ohnehin | |
korruptionsanfälligen Militärbeschaffungen“, heißt es in einer | |
Stellungnahme der Organisation. „Mögliche und gebotene gerichtliche | |
Kontrollen“ von Vergabeentscheidungen würden unterbunden. | |
## Problem für den Mittelstand | |
Die Koalition will zudem im Gesetz festschreiben, dass künftig am Markt | |
verfügbare Rüstungsgüter gegenüber Sonderanfertigungen zu bevorzugen sind. | |
Ausnahmen und damit verbundene Zusatzkosten sollen nur noch nach einer | |
ausführlichen Begründung möglich sein. Den Ansatz verfolgt die Koalition | |
bei ihren aktuellen Rüstungsvorhaben schon größtenteils, jetzt wird er | |
verbindlicher. | |
Und: In vielen Fällen tritt künftig die Vorgabe außer Kraft, dass große | |
Aufträge in einzelne Lose aufgeteilt und einzeln ausgeschrieben werden | |
müssen. Der Aufwand bei der Vergabe sinkt dadurch. Der Nachteil: | |
Mittelständische Unternehmen, die für komplette Großaufträge zu klein sind | |
und durch die Regel eigentlich geschützt werden sollen, haben das Nachsehen | |
gegenüber großen Konzernen. | |
An der Stelle wollen die Ampel-Abgeordneten noch gegensteuern: Am Mittwoch | |
ging ein Entschließungsantrag durch die zuständigen Ausschüsse, in dem sie | |
die Regierung auffordern, Ausgleichsmaßnahmen zu ergreifen. Binnen eines | |
halben Jahres wolle sie ein Konzept „zur Absenkung von Hürden für die | |
Beteiligung des wehrtechnischen Mittelstands an Ausschreibungen der | |
Bundeswehr“ erarbeiten. | |
6 Jul 2022 | |
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[1] /Umweltverbaende-zu-LNG-Terminals/!5851974 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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