# taz.de -- Arbeitstempo der Ampelkoalition: Gesetze im Schnelldurchlauf | |
> Die regierende Ampel beschließt Gesetze im Akkord. Beachtlich, wenn auch | |
> zum Nachteil von Abgeordneten und Beobachter:innen aus der | |
> Zivilgesellschaft. | |
Bild: Vor der Sommerpause ist viel los im Bundestag | |
Das Tempo der Ampel ist enorm. Trotz aller Unstimmigkeiten, trotz | |
Atomstrom, Verbrennungsmotor und Schuldenbremse: Bis zum Beginn der | |
parlamentarischen Sommerpause hat sie eine Menge weggearbeitet. 43 | |
[1][Gesetze] und Gesetzesänderungen hatte die Koalition nach eigener | |
Zählung im ersten Halbjahr beschlossen, 11 kamen allein in dieser Woche | |
hinzu. Angesichts all der Krisen (Corona, Krieg, Klima) ist diese | |
Schlagzahl natürlich angemessen. Alles andere hätte in den Kommentarspalten | |
zuverlässig den journalistischen Nörgelreflex ausgelöst: die Schnarchnasen. | |
Verschleppen mal wieder alles. | |
Um dennoch ein wenig zu mäkeln: Dauerhaft wäre auch dieses hohe Tempo ein | |
Problem. Die demokratische Kontrolle der [2][Regierung] funktioniert in | |
diesem Modus nur eingeschränkt. Angefangen bei der Berichterstattung: Unter | |
normalen Umständen wären viele der beschlossenen Maßnahmen ganze | |
Schwerpunktseiten wert, im Fast-Forward-Modus dagegen schaffen sie es nur | |
mit Glück in eine Meldungsspalte. Die Einsetzung des | |
Untersuchungsausschusses zu Afghanistan, politisch allemal bedeutsam, fand | |
in der Nacht zu Freitag sogar fast ganz ohne Öffentlichkeit statt. Die | |
prominenteren Slots in der Tagesordnung waren durch andere Großthemen | |
blockiert, den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland etwa oder die | |
Gesetze zum Ausbau der Erneuerbaren. | |
Im Nachteil sind auch die Abgeordneten, denen zum Teil noch nicht einmal | |
die Zeit blieb, frisch aus dem Kabinett gekommene Gesetzentwürfe | |
durchzulesen, bevor sie in den [3][Ausschüssen] diskutiert wurden. Von der | |
Wachheit des Geistes ganz zu schweigen: Vielen Abgeordneten ist nach den | |
intensiven letzten Monaten anzusehen, dass sie im Sommerurlaub das Handy | |
dringend mal ausschalten sollten. Ähnliche Probleme haben die Verbände, | |
die im Gesetzgebungsprozess traditionell auf verschiedenen Ebenen | |
konsultiert werden, jetzt aber auch nicht hinterherkommen. Noch schärfer | |
als sonst zeigt sich so das Gefälle, das es ohnehin gibt zwischen der | |
personell relativ gut ausgestatteten Exekutive und dünn besetzen | |
Redaktionen, Bundestagsbüros und NGO-Zentralen (finanzstarke Lobbygruppen | |
der Wirtschaft seien mal ausgenommen). | |
Was kann man da machen? Erst mal nichts. Die Krisen werden voraussichtlich | |
auch über die Sommerpause hinweg anhalten, sich eher noch verschärfen. Der | |
Handlungsdruck bleibt hoch, ein geringeres Tempo kann sich die Koalition | |
nicht leisten. Helfen könnte höchstens ein bisschen Nachsicht mit der | |
Ampel, wenn neben der Krisenbewältigung ein paar weniger drängende Vorhaben | |
länger liegen bleiben. Die Legislaturperiode geht bis 2025. Bis dahin | |
bleibt noch etwas Zeit. | |
8 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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