| # taz.de -- Glyphosat-Ausstieg im Bundeskabinett: Der Bund lässt es brummen | |
| > Das Kabinett einigt sich im Kampf gegen Insektensterben auf einen | |
| > Ausstieg aus Pestizid Glyphosat. Der Haken: Bis dahin dauert es noch | |
| > etwas. | |
| Bild: Bessere Bedingungen für Bienen – die soll es mit weniger Glyphosat geb… | |
| BERLIN taz | Mittwoch in Berlin: Das Bundeskabinett verabschiedet ein Paket | |
| zum Schutz von Nutztieren und Umwelt – mit Insektenschutzprogramm, | |
| Tierwohllabel, Umschichtung von EU-Agrarsubventionen. | |
| Lang hat die Regierung darüber gestritten, vor allem Bundesumweltministerin | |
| Svenja Schulze (SPD) und ihre Kollegin aus dem Agrarressort, CDU-Ministerin | |
| Julia Klöckner, [1][kamen nicht überein]. Am Ende steht dieser [2][Deal]: | |
| Die Regierung legt ein Verbot des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat | |
| fest, der in Verdacht steht, Insekten sterben zu lassen, auch Krebs zu | |
| erregen. Wortwörtlich heißt es: „Verbindliche Beendigung der Anwendung von | |
| glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln zum Stichtag 31. Dezember 2023“. | |
| Bereits vorher soll Glyphosat aber schon nicht mehr in Kleingärten, | |
| Weihnachtsbaumkulturen, öffentlichen Parks versprüht werden dürfen. Auch | |
| Bauern sollen es nicht mehr für die Stoppel-, Vorsaat- oder | |
| Vorerntebehandlung nutzen können. Festgelegt werden soll das, sagte | |
| Schulze, „so schnell wie möglich“ in einer | |
| Pflanzenschutzanwendungsverordnung. | |
| Schulze hatte ursprünglich auf ein Glyphosat-Aus bis 2021 gedrängt. Das | |
| verstoße aber „eindeutig gegen Europarecht“, sagte sie. Der Alleingang des | |
| einstigen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt habe noch immer | |
| Folgen. Er stimmte 2017 in Brüssel – an Schulzes Vorgängerin vorbei – ein… | |
| Zulassung von Glyphosat in Europa bis Ende 2022 zu und machte sie damit | |
| erst möglich. Aber 2023 sei wirklich Schluss, versicherte Klöckner am | |
| Mittwoch. Das Mittel sei „politisch gesehen ein totes Pferd.“ Aber es geht | |
| nicht nur um Glyphosat. | |
| ## Besonders geschützte Gebiete vorgesehen | |
| Seit das Mittel in der vorherigen schwarz-roten Koalition zum Politikum | |
| wurde, steht grundsätzlich in Frage, wie Ackerchemikalien Bienen, Käfer, | |
| die Artenvielfalt insgesamt gefährden. Zumal in die Debatte die Krefelder | |
| Insektenforscher platzten, die ein enormes Ausmaß des Sterbens | |
| dokumentierten. | |
| So will die Regierung den Umgang mit Ackergiften insgesamt ändern: Ab 2021 | |
| soll in Naturschutzgebieten und zahlreichen anderen Schutzgebieten, in | |
| denen bisher Insektengifte und Unkrautbekämpfungsmittel erlaubt waren, | |
| diese verboten werden. Obendrein sollen die Bundesländer für den | |
| Insektenschutz besonders wichtige Vogelschutzgebiete festlegen können, in | |
| denen die gleichen Regeln gelten. Da sich auf artenreichem Grünland oder in | |
| Streuobstwiesen gerne Insekten tummeln, sollen diese außerdem in die Liste | |
| der gesetzlich geschützten Biotope aufgenommen werden. | |
| Den Landwirten passt das nicht. Bauernverbands-Präsident Joachim Rukwied | |
| erklärte, es sei „im Grundsatz eine agrarpolitische Fehlentscheidung“, wenn | |
| über das geltende Fachrecht hinaus Auflagen die Landwirtschaft belasteten | |
| und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit deutlich schwächten. Der Beschluss sei | |
| „toxisch“ für die Branche. | |
| „Wir verlangen der Landwirtschaft einiges ab“, meinte auch Klöckner. | |
| Zugestimmt hat sie dem Aktionsprogramm dennoch. Sie kämpft seit langem für | |
| ein staatliches Tierwohllabel. Allerdings sollen die Landwirte nicht | |
| verpflichtet werden, es zu nutzen, es sei nur ein „Angebot“, so Klöckner. | |
| Es gehe auch wegen Europarecht nichts anders, erklärte sie. | |
| Das sehen unter anderem Umweltschützer anders. Schulze, sagte, sie habe | |
| selbst lieber mehr Verbindlichkeit gewollt, schwenkte aber auf Klöckners | |
| Argumentation ein. Das Logo soll es zunächst fürs Schwein, später auch für | |
| andere Tierarten geben. Kriterien dafür hatte Klöckner unlängst | |
| vorgestellt. Noch müssen sie aber in einer Verordnung festgelegt werden. | |
| Dafür hat sich das Bundesumweltministerium ein Vetorecht erstritten. | |
| ## Agrarsubventionen neu verteilen | |
| Bleibt der letzte Teil des Pakets: In die Ökologisierung der Landwirtschaft | |
| soll etwas mehr Geld fließen. Dafür soll ein Teil der milliardenschweren | |
| EU-Agrarsubventionen umgetopft werden. Die deutschen Bauern bekommen | |
| insgesamt jedes Jahr rund 6,2 Milliarden Euro aus Brüssel. Den größten | |
| Batzen erhalten sie aus der sogenannten ersten Säule als Direktzahlungen. | |
| Das Hauptkriterium dafür ist die Flächengröße. Große Betriebe profitieren | |
| so besonders. Bei der zweiten Säule ist das Geld an Maßnahmen etwa zu | |
| Umweltschutz, lokaler Entwicklung oder Tierschutz gebunden. | |
| Die EU-Mitgliedstaaten können bis zu 15 Prozent der Subventionen von der | |
| ersten Säule in die zweite Säule umschichten. Deutschland macht das derzeit | |
| bei 4,5 Prozent, 2020 sollen es 6 Prozent sein – und damit 75 Millionen | |
| Euro mehr für Naturschutzmaßnahmen. Viel zu wenig – monierten | |
| Umweltverbände wie der Nabu oder Greenpeace. | |
| Vor allem aber müssen die notwendigen Gesetze und Verordnungen, um das | |
| Paket umzusetzen, nun durch das Parlament. Und die Vizevorsitzende der | |
| Unionsfraktion, Gitta Connemann, erklärte schon zum Aktionsprogramm | |
| Insektenschutz: „Der sehr starke Fingerzeig auf die Landwirtschaft wird | |
| ihren Leistungen nicht gerecht.“ Der SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch | |
| meinte, es werde kein Tierwohllabel geben, wenn es nicht verpflichtend sei. | |
| Die SPD mache die „ausschließlich auf Freiwilligkeit basierende | |
| Hochglanzpolitik“ Klöckners nicht mit. | |
| 4 Sep 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Vorgaben-fuer-mehr-Klimaschutz/!5595512&s=kl%C3%B6ckner+schulze/ | |
| [2] https://www.bmu.de/pressemitteilung/schulze-wir-koennen-das-insektensterben… | |
| ## AUTOREN | |
| Hanna Gersmann | |
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