| # taz.de -- Verbot des Pestizids Glyphosat 2024?: Für Jubel ist es zu früh | |
| > Die Bundesregierung hat angekündigt, das unter Krebsverdacht stehende | |
| > Glyphosat ab 2024 zu verbieten. Aber: Diese Regierung ist nur bis 2021 im | |
| > Amt. | |
| Bild: Der einflussreiche Bauernverband wird alles tun, um die Verbote zu verhin… | |
| Es klingt erst mal gut, dass sich die Bundesregierung auf ein | |
| [1][Komplettverbot des Pestizids Glyphosat] geeinigt hat. Im Sinne der | |
| Umwelt ist es auch, ab 2021 Unkrautvernichter und bestimmte Insektenkiller | |
| nicht mehr in Naturschutzgebieten zu erlauben. Beides hat das Kabinett am | |
| Mittwoch [2][beschlossen]. | |
| Solche Schritte sind überfällig. Die von der Chemieindustrie unabhängige | |
| Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation hat Glyphosat | |
| bereits 2015 als „[3][wahrscheinlich krebserregend]“ eingestuft. Zwar sehen | |
| die meisten Zulassungsbehörden das anders. Sie berufen sich aber durch die | |
| Bank auf Studien der Branche, und manche haben ihre Gutachten teils | |
| wortwörtlich von den Konzernen abgeschrieben. | |
| Glyphosat tötet so gut wie alle Pflanzen und damit auch Nahrung für Vögel | |
| sowie Insekten. Andere Pestizide beeinträchtigen Insekten direkt, auch | |
| Nichtschädlinge. | |
| Aber für Jubel ist es zu früh. Denn die Kabinettsbeschlüsse sind nicht | |
| rechtsverbindlich. Dieser Koalition sollte man jedoch in Sachen Pestiziden | |
| misstrauen, bis sie konkrete Regeln beschließt. Schließlich hat der | |
| [4][damalige CSU-Agrarminister] 2017 sogar gegen den Willen des | |
| Koalitionspartners SPD und damit gegen die Geschäftsordnung der Regierung | |
| die aktuelle EU-Zulassung von Glyphosat durchgeboxt. | |
| ## Die Große Koalition will warten | |
| Der einflussreiche Bauernverband und die Chemielobby werden alles tun, um | |
| die Verbote zu verhindern. Dafür haben sie noch viel Zeit. CDU/CSU und SPD | |
| haben angekündigt, den Glyphosateinsatz zum 1. Januar 2024 zu beenden. | |
| Diese Bundesregierung ist aber regulär nur bis 2021 im Amt. Die maßgebliche | |
| Verordnung könnte die Nachfolgeregierung sogar ohne den Bundestag ändern. | |
| Die Große Koalition will trotz aller Risiken noch bis 2024 mit dem | |
| Glyphosatverbot warten, weil erst dann Übergangsfristen enden, nachdem die | |
| [5][derzeitige EU-Zulassung] ausläuft. Doch bis 2022 wird die Europäische | |
| Union darüber entscheiden, ob sie eine neue Erlaubnis erteilt. Niemand | |
| weiß, wie dann die Mehrheiten in den Mitgliedstaaten sein werden. Sollten | |
| sie Glyphosat doch wieder durchwinken, würde die Bundesregierung unter | |
| erheblichen Druck geraten, ein möglicherweise beschlossenes nationales | |
| Verbot zu stoppen. | |
| Unklar ist auch, ob künftig in Naturschutzgebieten tatsächlich keine | |
| Unkrautvernichter mehr ausgebracht werden. Schließlich erlaubt der | |
| Kompromiss der Bundesregierung ausdrücklich „Ausnahmen, die zur | |
| Bewirtschaftung erforderlich sind“. | |
| Wenn diese Regierung es ernst meinte mit dem Schutz der Gesundheit und dem | |
| Kampf gegen das Insektensterben, hätte sie den Einsatz der Pestizide viel | |
| früher eingeschränkt. | |
| Sicher ist also bisher nur: Glyphosat bleibt bis auf Weiteres erlaubt – | |
| genauso wie Pestizide in Naturschutzgebieten. | |
| 5 Sep 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bmu.de/publikation/aktionsprogramm-insektenschutz/ | |
| [2] /Glyphosat-Ausstieg-im-Bundeskabinett/!5620658 | |
| [3] https://www.iarc.fr/featured-news/media-centre-iarc-news-glyphosate/ | |
| [4] /EU-zu-Glyphosat/!5466435 | |
| [5] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX%3A32017R2324… | |
| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Glyphosat | |
| Landwirtschaft | |
| Umweltschutz | |
| Insektensterben | |
| Schwerpunkt Bayer AG | |
| Mercosur | |
| Landwirtschaft | |
| Schwerpunkt Pestizide | |
| Lebensmittel | |
| Schwerpunkt Glyphosat | |
| Schwerpunkt Glyphosat | |
| Schwerpunkt Pestizide | |
| Schwerpunkt Glyphosat | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Maßnahmen gegen Insektensterben: Kleine Tiere, große Änderungen | |
| Was ist die Hauptursache für das Insektensterben? Eine Landwirtschaft, die | |
| von Chemie- und Saatgutkonzernen dominiert wird. | |
| Meistverkauftes Pestizid von Bayer: Zahl der Glyphosatklagen verdoppelt | |
| Wegen des Unkrautvernichters Glyphosat droht Bayer eine Prozesslawine. Die | |
| Kläger machen das Pestizid für ihre Krebserkrankung verantwortlich. | |
| Große Bauernproteste auf AfD-Linie: Die dicksten Kartoffeln | |
| Bald wollen so viele Bauern wie lange nicht demonstrieren. Angeblich | |
| unabhängig, sind sie teils vom Bauernverband gesteuert – und AfD-nah. | |
| Bauer als Chemie-Lobbyist: „Chemie-Willi“ statt „Bauer Willi“ | |
| Kleinbauer Wilhelm Kremer-Schillings wettert gegen Beschränkungen des | |
| Pestizideinsatzes. Jetzt zeigt sich: Er ist Vorstand eines | |
| Agrarchemiehändlers. | |
| Export gesundheitsschädlicher Pestizide: Viel Gift fürs Ausland | |
| Ein Viertel der von Deutschland ausgeführten | |
| Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe sei „hochgefährlich“, kritisiert das | |
| Pestizid-Aktionsnetzwerk. | |
| Chemieindustrie gegen Klassifizierung: Machtkampf um ein Weißpigment | |
| Die Industrie hat eine Kennzeichnung von Titandioxid als krebserregend | |
| bisher verhindert. Nun steht das Thema wieder auf der Agenda. | |
| Glyphosat-Ausstieg im Bundeskabinett: Der Bund lässt es brummen | |
| Das Kabinett einigt sich im Kampf gegen Insektensterben auf einen Ausstieg | |
| aus Pestizid Glyphosat. Der Haken: Bis dahin dauert es noch etwas. | |
| Diskussion um Unkrautvernichter: Bahn will Glyphosat-Einsatz senken | |
| Einer der größten Nutzer des umstrittenen Unkrautvernichters kündigt an, | |
| weniger Gift zu sprühen. Die Grünen fordern mehr. | |
| Giftiges Pestizid an Zitrusfrüchten: Gefahr für ungeborene Kinder | |
| Seit Jahren setzen Bauern in vielen Ländern das Pestizid Chlorpyrifos ein. | |
| Nun sagt die EU-Lebensmittelbehörde: Das Insektengift dürfte gar nicht | |
| zugelassen sein. | |
| Vergleichsangebot in US-Prozessen: Bayer knickt im Glyphosatstreit ein | |
| Strategiewechsel bei Bayer/Monsanto: Der Konzern bietet offenbar acht | |
| Milliarden Dollar an, um die Prozesse wegen Krebs durch das Pestizid | |
| beizulegen. |