Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bauer als Chemie-Lobbyist: „Chemie-Willi“ statt „Bauer Willi�…
> Kleinbauer Wilhelm Kremer-Schillings wettert gegen Beschränkungen des
> Pestizideinsatzes. Jetzt zeigt sich: Er ist Vorstand eines
> Agrarchemiehändlers.
Bild: Als „Bauer Willi“ wirbt er offensiv für den Einsatz des Unkrautverni…
Berlin taz | Der als unabhängiger Landwirt bekannte Blogger „Bauer Willi“
ist in Wirklichkeit Teil der Agrarchemiebranche. Wilhelm Kremer-Schillings
fungiert laut Firmenangaben als Vize-Vorstandschef der Buir-Bliesheimer
Agrargenossenschaft, die auch in erheblichem Umfang mit Pestiziden und
Düngern handelt.
Vor seiner Zeit als Blogger war er als Projektmanager in der Chemiesparte
des damaligen Schering-Konzerns zuständig für den vermutlich
krebserregenden Unkrautvernichter Betanal, wie er der taz mitteilte. Bis zu
seiner Pensionierung 2014 arbeitete er beim Zuckerhersteller Pfeifer &
Langen, wo er Landwirten zu Pestiziden riet. Auf seiner Internetseite „Zur
Person“ und in der Autorenbiografie seines Buches „Sauerei!“ fehlen diese
Angaben.
Kremer-Schillings ist 2015 durch seinen [1][offenen Brief „Lieber
Verbraucher“] bekannt geworden. Darin warf er Konsumenten vor, immer die
billigsten Lebensmittel zu kaufen, aber gleichzeitig mehr Tier- und
Umweltschutz zu verlangen. Damit schaffte er es zum Beispiel in die
Fernsehtalkshow von Günther Jauch. Sein Buch verkauft der renommierte
Piper-Verlag bereits in der 4. Auflage. Bundesweit machte er Ende Juni
Schlagzeilen mit seinem Blogeintrag „Asoziale Klimagegner latschen durch
Äcker“, der die „Ende Gelände“-Proteste gegen die Braunkohle kritisiert…
Seine Glaubwürdigkeit basiert zu einem großen Teil darauf, dass er nicht
Teil „der Agrarindustrie“ zu sein scheint. Er ist kein Geschäftsführer
einer anonymen Kapitalgesellschaft und kein Funktionär des mit der
Chemiebranche zusammenarbeitenden Bauernverbands. Stattdessen tritt er
meist nur als „Bauer Willi“ auf, der einen „traditionellen Hof am
Niederrhein“ führt.
## Vertreter der Agrarchemie-Lobby
In seinen Äußerungen vertritt er jedoch oft die Interessen von
Agrarchemiekonzernen wie der Bayer AG. Derzeit ruft er Landwirte auf, mit
grünen Holzkreuzen auf ihren Feldern gegen das [2][„Agrarpaket“ der
Bundesregierung] zu protestieren.
Das Kabinett will den unter Krebsverdacht stehenden Unkrautvernichter
Glyphosat ab 2024 ganz und besonders schädliche Pestizide in den meisten
Naturschutzgebieten bereits vorher verbieten. Zudem sollen mehr
Agrarsubventionen, die bisher vor allem für den simplen Besitz von Fläche
gezahlt werden, etwa Umweltprojekte von Landwirten finanzieren.
Kein Wunder, dass zum Beispiel Christian Maertin, PR-Chef von Bayer,
Kremer-Schillings Aktion [3][bei Twitter lobt]. Schon zuvor hatte der
Blogger etwa [4][in der Rheinischen Post] für Glyphosat geworben. Oder für
gentechnisch verändertes Saatgut. In seinem Buch verteidigt er seitenweise
Agrarchemiekonzerne wie die Bayer-Tochter Monsanto. In mehreren
Blog-Artikeln suggeriert er, dass die deutsche Landwirtschaft insgesamt
keinesfalls wie von Behörden festgestellt zu viel Stickstoffdünger
ausbringe und dass es keinesfalls ein Gesundheitsproblem sein könne, wenn
Abbauprodukte im Wasser landen.
Auch die von Kremer-Schillings mitgeführte Handelsgesellschaft in
Nordrhein-Westfalen verkauft in erheblichem Umfang Kunstdünger. „Jährlich
setzt die Buir-Bliesheimer Agrargenossenschaft eG rund 50.000 to. Dünger
um“, heißt es auf ihrer Internetseite. Zudem ist die Firma stark im
Pestizidgeschäft vertreten. „Mit über 1.100 to. Lagerkapazität für
Pflanzenschutzmittel in zugelassenen und hochmodernen Gefahrstofflägern
gehört die Buir-Bliesheimer zu den großen Spielern in diesem Segment“,
schreibt sie.
## Nur selten als Bauer auf dem Feld
In den 1980er Jahren sei er beim damaligen Hersteller des Pestizids Betanal
für die Vermarktung des Ackergifts zuständig gewesen, schrieb
Kremer-Schillings der taz. „Die letzten zwei Jahre bei Schering war ich
Regional-Leiter Beratung im Rheinland“, ergänzte er. Er „beriet“ also
Landwirte darin, Pestizide von Schering einzusetzen. Auch als Leiter der
landwirtschaftlichen Abteilung in mehreren Zuckerfabriken von Pfeifer &
Langen ab 1990 half er Bauern, Ackergifte einzusetzen.
Er selbst ist nur selten als Bauer auf dem Feld tätig. „Mein Vater hat vor
48 Jahren einen Zusammenarbeit mit unserem Nachbarn begonnen, die ich dann
fortgeführt habe.“ Der habe die Feldarbeit übernommen, teilte der Blogger
mit. Nur wenn eine zweite Arbeitskraft nötig war, habe er sich selbst auf
den Traktor gesetzt.
„Es war bisher schon für alle sichtbar, dass Herr Kremer-Schillings nicht
von der Bewirtschaftung seiner landwirtschaftlichen Nutzflächen lebte. Die
Marke ‚Bauer Willi‘ verschafft aber offenbar besondere Aufmerksamkeit“,
sagte Ulrich Jasper, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft
bäuerliche Landwirtschaft. „Dass Herr Kremer-Schillings Vorstandsvize einer
Agrar- und Warengenossenschaft ist, die auch Dünge- und
Pflanzenschutzmittel verkauft, hätte er besser selbst bekannt gegeben.“
Auf die Frage der taz, ob er einen Interessenkonflikt habe, antwortete
Kremer-Schillings, dass er in der Agrargenossenschaft „ein Ehrenamt
innehabe, was mir pro Sitzung (ca. 8 bis 10 pro Jahr) eine
Aufwandsentschädigung von 100 € netto einbringt.“ Wie konnte er es mit
seinem Gewissen vereinbaren, ein nach offiziellen Angaben „vermutlich
krebserregendes“ Pestizid zu vermarkten? „Was die Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln angeht, so verlasse ich mich auf die gesetzlichen
Kontrollbestimmungen, die Zulassungsverfahren und die entsprechenden
Warnhinweise“, schrieb Kremer-Schillings.
10 Oct 2019
## LINKS
[1] https://www.bauerwilli.com/lieber-verbraucher/
[2] /Glyphosat-Ausstieg-im-Bundeskabinett/!5620658
[3] https://twitter.com/ChrMaertin/status/1177166600337862656?s=20
[4] https://rp-online.de/nrw/panorama/neusser-landwirt-haelt-plaedoyer-fuer-gly…
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
Schwerpunkt Bayer AG
Schwerpunkt Glyphosat
Landwirtschaft
Schwerpunkt Glyphosat
Schwerpunkt Bayer AG
Schwerpunkt Glyphosat
Schwerpunkt Glyphosat
## ARTIKEL ZUM THEMA
Professor zu Futterproduktion: Ist Menschenrechte verletzen okay?
Arme Staaten verlören Wettbewerbsvorteile, wenn sie Arbeitsbedingungen
verbessern, sagt der Agrarökonom Michael Schmitz. Er erntet Widerspruch.
Glyphosat, Wissenschaft und Lobbyismus: Monsanto kauft Studien
Der Konzern verschweigt die Finanzierung von Glyphosat-Studien aus
Deutschland und benutzt die Wissenschaft so für seine Lobbyarbeit.
Liste mit Glyphosat-Gegnern: Franzosen halten Bayer für schuldig
Der Konzern meint, seine Listen mit Freunden und Feinden von Glyphosat
seien rechtmäßig. Daran zweifeln Journalisten und Politiker in Frankreich.
Verbot des Pestizids Glyphosat 2024?: Für Jubel ist es zu früh
Die Bundesregierung hat angekündigt, das unter Krebsverdacht stehende
Glyphosat ab 2024 zu verbieten. Aber: Diese Regierung ist nur bis 2021 im
Amt.
Glyphosat-Ausstieg im Bundeskabinett: Der Bund lässt es brummen
Das Kabinett einigt sich im Kampf gegen Insektensterben auf einen Ausstieg
aus Pestizid Glyphosat. Der Haken: Bis dahin dauert es noch etwas.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.