Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Professor zu Futterproduktion: Ist Menschenrechte verletzen okay?
> Arme Staaten verlören Wettbewerbsvorteile, wenn sie Arbeitsbedingungen
> verbessern, sagt der Agrarökonom Michael Schmitz. Er erntet Widerspruch.
Bild: Sojaernte in Campos Lindos, Brasilien im Februar 2018
Berlin taz | Ein von Landwirtschaftsmedien prominent zitierter
Agrarprofessor hat Menschenrechtsverletzungen bei der Produktion von
Futtermitteln wie Soja in Südamerika verteidigt. „Auch in westlichen
Industrieländern sind Menschenrechte erst ab einem gewissen
Entwicklungsstand geachtet sowie soziale und ökologische Mindeststandards
in der Produktion umgesetzt worden. Das sollte man auch den ärmeren Ländern
zugestehen“, schrieb der emeritierte Michael Schmitz in einem Beitrag für
den Fachdienst Agra Europe.
„Ansonsten führen wegbrechende Exportgeschäfte zu einem ernsthaften
Entwicklungshemmnis, das zu weniger Einkommen und Beschäftigung und zu mehr
Hunger und Armut führen kann“, heißt es in dem Text, dem zum Beispiel die
beiden größten Internetportale der Branche, [1][agrarheute] und [2][top
agrar], sowie der Blog „[3][Bauer Willi]“ eigene Beiträge widmeten.
So argumentierte Schmitz gegen das geplante [4][Lieferkettengesetz], mit
dem Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister
Hubertus Heil (SPD) deutsche Firmen zum Schutz der Menschenrechte bei ihren
ausländischen Zulieferern verpflichten wollen. Müller und Heil streben an,
dass geschädigte Zulieferer-Beschäftigte hierzulande deutsche Unternehmen
verklagen können, die gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen haben. Die
[5][Entwicklungsorganisation Oxfam] ruft gerade zu E-Mails an
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf, der das Gesetz blockiere.
„Es ist abzusehen, dass solche Auflagen die Importgeschäfte nicht nur
verteuern, sondern vermutlich auch einschränken“, warnte Agrarökonom
Schmitz in seinem Text. „Das betrifft vor allem Futtermittelimporte aus
Südamerika und Obst- und Gemüseimporte aus verschiedenen Entwicklungs- und
Transformationsländern.“ Der Artikel trägt den Titel „Die deutsche
Landwirtschaft im ‚perfekten Sturm‘“ und warnt wegen der EU-Pläne für m…
Arten- und Klimaschutz vor einem „grünen Generalangriff“ auf die Branche.
Ein „Bauer Willi“-Leser kritisierte Schmitzʼ Worte als menschenverachtend.
„Die Argumentation ist also: Die sind halt noch nicht so weit, dass sie die
gleichen Menschenrechte verdient haben wie wir, also lass sie mal machen?!“
## Monsanto-Konzern bezahlte Studien
„Menschenrechtsverstöße und Umweltzerstörung durch Unternehmen sind nie und
in keiner Weise zu rechtfertigen“, sagte Johannes Heeg, Sprecher der
Initiative Lieferkettengesetz mehrerer Entwicklungs- und
Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften, der taz zu Schmitzʼ Artikel.
„Andere Länder haben bereits vergleichbare Gesetze – und es gibt keinerlei
Belege dafür, dass sich in der Folge Unternehmen aus bestimmten Regionen
zurückgezogen oder Lieferbeziehungen gekappt hätten.“ Viele Rohstoffe gebe
es nur in wenigen Ländern in der erforderlichen Menge und Qualität.
Auch das Arbeitsministerium wies Schmitzʼ Behauptung zurück, das
Lieferkettengesetz könne die Entwicklung armer Staaten hemmen. Im
Gegenteil: Unternehmen an Produktionsorten, die Mindeststandards
gewährleisten, hätten einen Wettbewerbsvorteil, wenn die Nachfrage nach
fair produzierten Waren wegen Vorschriften wie dem geplanten Gesetz steige.
Schmitz ist immer wieder durch Auftragsarbeiten für die Agrarindustrie
aufgefallen. 2019 zog das [6][Journal für Kulturpflanzen] zwei Aufsätze von
ihm über das Pestizid Glyphosat [7][zurück.] Er hatte nicht offengelegt,
dass der Glyphosat-Hersteller [8][Monsanto ihn für die Texte bezahlt]
hatte. Sie wurden als Argumente genutzt, das Mittel weiter einzusetzen, das
laut Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation „wahrscheinlich
krebserregend“ ist. Schmitz verteidigte sich, die Finanzierungsquellen
spielten keine Rolle für die Qualität der Texte.
12 Feb 2021
## LINKS
[1] https://www.agrarheute.com/politik/agraroekonom-warnt-gruenem-generalangrif…
[2] https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/agraroekonom-schmitz-s…
[3] https://www.bauerwilli.com/landwirtschaft-im-sturm/#comment-194672
[4] /Lieferketten/!t5625315
[5] https://www.oxfam.de/mitmachen/aktionen/lieferkettengesetz-altmaier
[6] https://doi.org/10.5073/JfK.2012.05.02.retraction
[7] https://ojs.openagrar.de/index.php/Kulturpflanzenjournal/article/view/12609
[8] https://www.lobbycontrol.de/2019/12/monsanto-glyphosatstudien/
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
Lieferketten
Menschenrechte
Hunger
Konsum
Lieferketten
Menschenrechte
Lieferketten
Lieferketten
Landwirtschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vor dem UN-Ernährungs-Gipfel im Herbst: Kritik am Hunger-Gipfel
Weltweit fordern Menschen eine Landwirtschaft, die Hunger beseitigt und
nachhaltig ist. Wie das gehen kann, soll in Rom diskutiert werden.
Lieferkettengesetz mit Lücken: Viel zu wenig Kontrolleure
Der Entwurf für das geplante Lieferkettengesetz liegt vor.
Menschenrechtsorganisationen erhalten damit neue Klagemöglichkeiten.
Gesetz zur Lieferkettenkontrolle: Kosten vor Recht
Mehr Schutz für Umwelt und Menschenrechte soll es geben. Doch vorläufig
sollen nur Großunternehmen in der Pflicht stehen. Und das auch erst ab
2023.
Regierung vereinbart Lieferkettengesetz: Menschenrechte achten
Die Bundesregierung will deutsche Unternehmen dazu verpflichten,
Menschenrechte bei Lieferanten im Ausland durchzusetzen. Verbände können
klagen.
Unternehmen sollen in die Pflicht: Hin zu fairen Lieferketten
Die EU nimmt eine wichtige Hürde hin zu einem Lieferkettengesetz. So
mancher sieht die Bundesregierung unter Zugzwang.
Menschenrechte in den Lieferketten: Kompromiss gesucht
Gegen Kinderarbeit und für mehr Arbeitsschutz: Kanzlerin und Minister
wollen klären, was aus dem versprochenen Lieferkettengesetz werden soll.
Bauer als Chemie-Lobbyist: „Chemie-Willi“ statt „Bauer Willi“
Kleinbauer Wilhelm Kremer-Schillings wettert gegen Beschränkungen des
Pestizideinsatzes. Jetzt zeigt sich: Er ist Vorstand eines
Agrarchemiehändlers.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.