# taz.de -- Geschlechtergerechtigkeit im Rundfunk: Gläserne Decken in der Anst… | |
> RBB – top, Deutschlandradio und RTL – na ja. ProQuote Medien hat | |
> nachgezählt: Wie viel journalistische Macht haben Frauen im Rundfunk? | |
Bild: Nach der Vorstellung der Studie folgte die Diskussion | |
Früher, sagt Bundesfrauen- und -familien- und -jugend- und | |
-seniorenministerin Franziska Giffey (SPD), da habe sie ganz anders über | |
die Quote gedacht. „Wer will denn eine Quotenfrau sein?“ Ausbildung, | |
Studium, Fleiß, Motivation, das müsste doch reichen. „Doch so einfach ist | |
es nicht.“ Sie erzählt von dem erschreckend kleinen Frauenanteil von [1][6 | |
Prozent in den Vorständen der Dax-Unternehmen], von gläsernen Decken. Heute | |
ist sie für eine Quote – und spricht bei dem Verein, der sich schon qua | |
Namensgebung ebenso dafür ausspricht: ProQuote. Genauer: ProQuote Medien. | |
Der hat nachgezählt, wie es um den Anteil von Frauen in Führungspositionen | |
des Rundfunks steht. Giffeys Ministerium hat die [2][Studie, die an diesem | |
Donnerstag in Berlin vorgestellt wird], gefördert. Das Ergebnis: Na ja, | |
hier so, da anders, besser als früher auf jeden Fall. Uneinheitlich, würde | |
man das wohl nennen. Sabine Stamer von ProQuote Medien sagt, dass sie | |
„positiv überrascht“ gewesen sei: „Ich habe es mir negativer vorgestellt… | |
Vor sechs Jahren, als ProQuote Medien antrat, um für [3][mehr Macht für | |
Frauen] zu sorgen, habe man noch eine 30-Prozent-Quote gefordert, nun | |
fordere man 50 Prozent – und sogar die würden zwei Anstalten ja schon | |
übererfüllen. | |
Diese zwei Anstalten sind die Deutsche Welle und der Rundfunk | |
Berlin-Brandenburg. Aber: Während bei den beiden der Frauenmachtanteil bei | |
über 50 Prozent liegt, ist er beim Saarländischen Rundfunk bei 25,6 Prozent | |
und beim Deutschlandradio gar bei nur 24,3 Prozent. | |
Frauenmachtanteil bedeutet: Je höher die Position ist, desto mehr fällt sie | |
ins Gewicht. Bei vier Hierarchiestufen heißt das, dass eine Frau oder ein | |
Mann auf der höchsten Ebene vierfach zählt, auf der zweithöchsten Ebene | |
dreifach, und so weiter. Es ist quasi eine Gewichtung des tatsächlichen | |
Einflusses der Personen. | |
## Flexibilität, Vereinbarkeit und Teilzeit | |
Allerdings liegt der Frauenanteil in Führungspositionen (ungewichtet, also | |
nicht der Frauenmachtanteil) in allen öffentlich-rechtlichen Anstalten | |
unter dem Anteil von Frauen an der Gesamtbelegschaft. Am eklatantesten bei | |
Radio Bremen, wo 63,9 Prozent der Belegschaft weiblich sind, aber nur 31,8 | |
Prozent der Führungskräfte. Ist also doch was dran an der gläsernen Decke? | |
Peter Frey, Chefredakteur des ZDF und einziger männlicher Teilnehmer der | |
anschließenden Diskussion, sagt, dass Mobilität und Flexibilität beim | |
Aufstieg von Frauen Probleme seien. Ihm würde häufiger begegnen, dass | |
„begleitende Partner weniger mitziehen als begleitende Partnerinnen“. | |
Vereinfacht: Wenn er einen geilen Job irgendwo auf der Welt bekommt, zieht | |
sie (inklusive Kindern) mit. Wenn sie einen geilen Job irgendwo bekommt, | |
will er lieber zu Hause bleiben. | |
Natürlich kommt auch noch alles andere auf den Tisch, was zu so einer Runde | |
über Frauen in Führungspositionen gehört: Vereinbarkeit von Familie und | |
Beruf, Teilzeit und so weiter. | |
## Und wie sieht es bei den Privaten aus? | |
Und natürlich hat sich ProQuote nicht nur den Öffentlich-Rechtlichen | |
gewidmet: Bei den Privaten hat die RTL-Gruppe laut Studie einen | |
Frauenanteil in Führungspositionen von 21,4 Prozent, die börsennotierte | |
ProSieben Sat1 Media SE steht bei 19,8 Prozent und deren konzerneigene | |
Fernsehsparte (ProSieben Sat1 TV Deutschland GmbH) bei 30 Prozent. | |
Wobei die Zahlen der Privaten und der Öffentlich-Rechtlichen kaum | |
miteinander vergleichbar sind. Das zur Verfügung gestellte Material ist bei | |
RTL und ProSieben Sat1 einfach viel kleiner als bei ARD, ZDF und Co. Es | |
gibt keine Organigramme bei den Privaten – oder sie werden zumindest nicht | |
herausgegeben. Ihr Unternehmen sei dafür zu „dynamisch“, sagt Annette | |
Kümmel, Senior Vice President bei ProSieben Sat1, man habe sich zu oft „neu | |
erfunden“, das sei auch das Erfolgsgeheimnis ihrer Firma. Aber, das | |
verspricht sie, der Frauenanteil im Vorstand werde bald schon wachsen. | |
Wie? Von den fünf Vorstandsmitgliedern sei bisher eines weiblich. 20 | |
Prozent. Bald scheidet allerdings ein männliches Mitglied aus, das nicht | |
nachbesetzt wird. Schon wird der Frauenanteil auf 25 Prozent steigen. So | |
sieht wohl dynamische Förderung aus. | |
Bei RTL dürfte es demnächst in die andere Richtung gehen: Nämlich wenn die | |
Frau an der Spitze, Anke Schäferkordt, zum Jahresende ihren Posten räumt. | |
Sie wird ersetzt durch Bernd Reichart, Noch-Chef des Senders Vox. Auf der | |
zweiten Hierarchieebene sind laut Studie bei RTL übrigens zehn Männer und | |
null Frauen. | |
23 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Weibliche-Doppelspitze-im-Aufsichtsrat/!5497529 | |
[2] https://www.pro-quote.de/erste-studie-von-proquote-medien-zur-gleichstellun… | |
[3] /Quotendebatte-auf-der-Berlinale/!5279412 | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
## TAGS | |
Pro Quote | |
Studie | |
Geschlechtergerechtigkeit | |
Rundfunk | |
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk | |
Frauenförderung | |
Medienvielfalt | |
Journalismus | |
RBB | |
Radio | |
Fernsehfilm | |
Verdi | |
taz.gazete | |
Schwerpunkt Berlinale | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Geschlechtergerechtigkeit in Medien: Im Männer-Karussell | |
8 Frauen auf 100 Männer: Den Regionalzeitungen fehlen Chefredakteurinnen. | |
Eine neue Studie untersucht die Gründe dafür. | |
Medienkonzentration in Deutschland: Die Macht der Konzerne | |
Medienunternehmen sollen nie so viel Marktanteil haben, dass sie die | |
Meinung bestimmen. Aber die Gesetze, die das regeln, sind veraltet. | |
Studie von Pro Quote Medien: Alles voller Männer, außer … | |
Ein Journalismus, in dem Frauen 50 Prozent der Chef*innen sind? Auch heute | |
noch utopisch, zeigt eine neue Studie von Pro Quote Medien. | |
Personalchefin über Frauenförderung: „Rabenmutter? Was soll das sein?“ | |
In keinem anderen öffentlich-rechtlichen Sender sind so viele Frauen in | |
einer Führungsposition wie beim Rundfunk Berlin Brandenburg. Wie hat er das | |
geschafft? | |
Internet-Radiomacherin im Interview: „Monokulturalität sehe ich als Strafe“ | |
Als der Sender Multikulti vor zehn Jahren eingestellt wurde, ging Brigitta | |
Gabrin mit dem Nachfolger multicult.fm auf Sendung. Sie leitet ihn bis | |
heute. | |
Fernsehfilmfestival in Baden-Baden: Der Voltaire der ARD | |
Beim 30. Fernsehfilmfestival in Baden-Baden wurde der Filmproduzent Hans | |
Albich gewürdigt. Die Jury war in diesem Jahr jünger und weiblicher. | |
Kommentar 31. Journalistentag von Verdi: Nicht verhältnismäßig | |
Die meisten Referent*innen beim Journalistentag 2018 zum Thema | |
„Pressefreiheit“ sind männlich. Und das passiert nicht zum ersten Mal. | |
Sexismus in Kultur und Medien: Der Geniekult ist männlich | |
Erstmals ist es amtlich: Frauen werden in Kultur und Medien benachteiligt. | |
Eine Studie des Kulturrats empfiehlt eine Quote für Gremien. | |
Quotendebatte auf der Berlinale: Routine der Ausgrenzung | |
Warum liegt die kreative Gestaltungsmacht im Fernsehen in den Händen von | |
Männern über 50? Die Organisation Pro Quote Regie kämpft dagegen. |