# taz.de -- Sexismus in Kultur und Medien: Der Geniekult ist männlich | |
> Erstmals ist es amtlich: Frauen werden in Kultur und Medien | |
> benachteiligt. Eine Studie des Kulturrats empfiehlt eine Quote für | |
> Gremien. | |
Bild: Kulturpolitik trifft auf Kunst: Staatsministerin Monika Grütters (CDU), … | |
Berlin taz | Die deutsche Kultur tastet sich an das Thema Frauenquote | |
heran. Am Dienstagabend stellte Kulturstaatsministerin Monika Grütters | |
(CDU) in Berlin eine Studie des Deutschen Kulturrats vor, laut der der | |
Anteil von Frauen an Leitungsfunktionen, Preisträgern und öffentlich | |
Geförderten sich in der Regel zwischen 10 und 30 Prozent bewegt – und das, | |
obwohl der Nachwuchs in kunstaffinen Studiengängen mehrheitlich weiblich | |
ist. Die Autorinnen und Autoren der Studie empfehlen, Auswahlgremien und | |
Beiräte zu quotieren. | |
Erstmals seit 13 Jahren wurde erhoben, wie viele Frauen etwa Theater oder | |
Kunstmuseen leiten, Kunstpreise und Stipendien erhalten und was sie | |
verdienen. Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen in der Kunst | |
beträgt demnach 24 Prozent. Besonders hart trifft es Schauspielerinnen, die | |
33 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. | |
Auch bei Kunstpreisen ist der Geschlechterunterschied frappant: Der höchste | |
deutsche Musikpreis etwa, der Ernst von Siemens Preis, ging in den | |
vergangenen 20 Jahren genau ein Mal an eine Frau, an die Violinistin Anne | |
Sophie Mutter. 22 Prozent der deutschen Theater werden von Frauen geleitet, | |
gespielt werden zu 24 Prozent Stücke von Frauen. Doch nur 11 Prozent der | |
Stücke, die zum Theatertreffen eingeladen werden, stammen von Frauen. Der | |
Deutsche Filmpreis ging nur in einem von zehn Fällen an eine Frau. | |
Die Ursachen seien vielfältig, heißt es in dem Bericht. Monika Grütters | |
erinnerte daran, dass der Kulturbetrieb ein historisches Erbe des | |
Ausschlusses von Frauen mit sich herumtrage. So wurden Frauen nicht an | |
Kunstakademien zugelassen, und als das Bauhaus dies zum ersten Mal ändern | |
wollte, steckte man die Frauen in eine „Frauenklasse“, die Weberei. | |
Begründung: Frauen könnten nur zweidimensional denken. Noch heute ist ein | |
„Malerfürst“ wie Georg Baselitz davon überzeugt, dass Frauen nicht so gut | |
malen könnten wie Männer. „Der Geniekult ist in einzelnen Fachkulturen noch | |
ausgesprochen präsent“, sagte eine der AutorInnen der Studie, Gabriele | |
Schulz. | |
## „Da muss keiner Angst haben“ | |
Der Geschäftsführer des Kulturrats, Olaf Zimmermann, nennt den Gender Pay | |
Gap einen „Skandal“. „Ich weiß, die Quote ist ein Unwort im Kulturbereic… | |
sagt er. „Man denkt, sie zerstöre die Kunst.“ Deshalb schlägt er vor, | |
zunächst nur Beratungs- und Auswahlgremien mit einer Quote zu versehen. | |
Jurys, Beiräte und Auswahlkommissionen seien ohnehin nach vielen Kriterien | |
quotiert. Im Bericht selbst heißt es dazu: „Das zusätzliche Einfügen der | |
Kategorie „Geschlecht“ würde eine Quote unter vielen und sollte daher | |
unaufgeregt betrachtet und umgesetzt werden. Zimmermann denkt an eine | |
30-Prozent-Quote: „Da muss keiner Angst haben, dass er von Frauen | |
überfahren wird.“ | |
Eine Vertreterin des Vereins „Pro Quote Regie“ regte an, öffentliche | |
Zuwendungen zu gleichen Teilen an Männer und Frauen auszuzahlen. Zimmermann | |
und Grütters lehnten das als Eingriff in die Kunstfreiheit ab, zeigten sich | |
aber offen für die Debatte. Monika Grütters kündigte an, einen runden Tisch | |
zum Thema etablieren zu wollen, der über Konsequenzen aus der Studie | |
beraten soll. | |
30 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
## TAGS | |
taz.gazete | |
Kunst | |
Medien | |
Sexismus | |
Monika Grütters | |
Theater | |
Feminismus | |
Pro Quote | |
Sexismus | |
Maren Ade | |
Schwerpunkt Berlinale | |
Sexismus | |
elektronische Musik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Anna Bergmann am Badischen Staatstheater: Die Schauspieldirektorin | |
Ein Theaterkindergarten, das ist höllisch kompliziert: Wie Anna Bergmann in | |
Karlsruhe an der Geschlechtergerechtigkeit schraubt. | |
Wiederentdeckte Oper in Hamburg: Was die Wellen uns bringen | |
Auf der Suche nach Frauen im Opernbetrieb stieß Kerstin Steeb auf die | |
vergessene britische Komponistin Ethel Smyth und ihre Oper „Strandrecht“. | |
Geschlechtergerechtigkeit im Rundfunk: Gläserne Decken in der Anstalt | |
RBB – top, Deutschlandradio und RTL – na ja. ProQuote Medien hat | |
nachgezählt: Wie viel journalistische Macht haben Frauen im Rundfunk? | |
Jenna Behrends über Sexismus und Politik: „Das ist nicht nur in der CDU so“ | |
Die Berliner CDU-Bezirksverordnete Jenna Behrends prangert den alltäglichen | |
Sexismus in ihrer Partei an. Dafür erntet sie Kritik – und Zuspruch. | |
Maren Ade über Töchter und Väter: „Sein Inneres nach außen gekehrt“ | |
In Maren Ades Film „Toni Erdmann“ werden Autoritäten angezweifelt, | |
Generationenkonflikte ausgetragen und Humor wird zur Waffe. | |
Berlinale-Rückblick: Mit Kino die Welt verändern | |
Bei der 66. Berlinale werden Filme belohnt, die poetische Bilder für große | |
politische Fragen finden. Der Goldene Bär ging an einen Lampedusa-Film. | |
Protest im Leipziger Kunstmuseum: Frauen, Tiere, Fäuste | |
Sexismus lautete der Vorwurf von Aktivistinnen gegen die Bilder von Mel | |
Ramos in der Schau „Die Schöne und das Biest“. Es kam zur Rangelei mit | |
Wachmännern. | |
Elektro-Musikerinnen: Frauen auf die Bühne | |
Nur zehn Prozent der Festival-Acts sind weiblich. Das Netzwerk „Female | |
Pressure“ will das ändern, dafür müssen die Markt-Mechanismen durchbrochen | |
werden. |