# taz.de -- Gemeinsame Impfstrategie der EU: Es lief nicht alles glatt | |
> Die EU-Kommission wehrt die Kritik an der gemeinsamen Impfstrategie | |
> entschieden ab. Wichtiges Ziel sei die Solidarität mit anderen | |
> EU-Staaten. | |
Bild: Ärzt:innen und Pfleger:innen warten in einer Lissabonner Klinik auf die … | |
BRÜSSEL taz | Sie war ein Hoffnungswert für das neue Jahr. Doch nun wird | |
die Impfkampagne gegen Corona immer mehr zum Zankapfel. Die EU-Kommission | |
wies am Montag in Brüssel den Vorwurf aus Deutschland zurück, dass sie zu | |
zögerlich agiert und zu wenig Impfdosen bestellt habe. Gleichzeitig geriet | |
die Behörde unter Druck aus Großbritannien: Dort wird nun schon der zweite | |
Impfstoff eingesetzt. | |
Bei dem neuen Vakzin handelt es sich um ein Präparat des Pharmakonzerns | |
AstraZeneca. Der Impfstoff wurde dem 82-jährigen Dialysepatienten Brian | |
Pinker im Uniklinikum von Oxford gespritzt. In der EU ist er bisher noch | |
nicht zugelassen. Mit einer Genehmigung sei im Januar auch nicht mehr zu | |
rechnen, hieß es in Brüssel. Bisher liege nicht einmal ein offizieller | |
Antrag vor. | |
Es ist bereits das zweite Mal, dass die EU ins Hintertreffen gerät. | |
Großbritannien, aber auch die USA und Kanada waren bereits bei der | |
Zulassung des ersten Corona-Impfstoffs von Biontech und Pfizer schneller | |
als die Europäer. In Ländern wie Israel geht die Impfung zudem mit mehr | |
Tempo voran. Die EU sieht jedoch keinen Grund, [1][ihre Strategie] zu | |
ändern – im Gegenteil. | |
Mit fast zwei Milliarden Dosen habe man sich das weltweit größte und | |
vielfältigste Portfolio an Impfstoffen gesichert, sagte der Sprecher von | |
Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Damit würden nicht nur alle 27 | |
EU-Länder gleichberechtigt versorgt. Die Kommission habe sich auch für eine | |
faire Versorgung der ärmeren Länder eingesetzt. Diese Strategie trage nun | |
Früchte. | |
So soll noch in dieser Woche ein zweiter Impfstoff – vom [2][US-Hersteller | |
Moderna] – zugelassen werden. Zudem will die EU-Kommission ihre Option auf | |
100 Millionen zusätzliche Impfdosen bei Biontech/Pfizer einlösen. Ein | |
großer Teil davon könne auf Deutschland entfallen, sagte ein Insider. Zudem | |
werde über ein neues Kontingent verhandelt – über die bisher vereinbarten | |
300 Millionen Dosen hinaus. | |
Auf die Kritik des [3][Biontech-Chefs Ugur Sahin,] der Prozess in Europa | |
sei nicht so schnell und geradlinig abgelaufen wie anderen Ländern, ging | |
die EU-Kommission auf Nachfrage der taz nicht ein. Auch die Frage, warum | |
die EU nicht von vornherein mehr bei Biontech bestellt habe, blieb offen. | |
Zu Beginn der Verhandlungen sei völlig unklar gewesen, welche Firma wann | |
liefern werde, betonte der Sprecher. | |
## Es gab keinen Druck | |
Die 27 Mitgliedstaaten der EU seien an den Gesprächen beteiligt gewesen, | |
hätten jedoch keinen Druck ausgeübt, hieß es weiter. Man habe daher auch | |
keinen Hersteller bevorzugt oder gar benachteiligt. Bei der | |
Bestellstrategie sei es auch nicht darum gegangen, so günstig wie möglich | |
einzukaufen. Vielmehr habe man auch Produktionskapazitäten, Logistik und | |
Innovation berücksichtigt. | |
Allerdings verlief die Bestellung nicht so reibungslos, wie Brüssel es | |
darstellt. Zunächst formierte sich eine Einkaufsallianz von vier Staaten, | |
darunter Deutschland. Sie wurde jedoch offenbar von Kanzlerin Angela Merkel | |
und Kommissionschefin Ursula von der Leyen ausgebremst. Die beiden | |
deutschen CDU-Politikerinnen setzten durch, dass die EU bei den | |
Verhandlungen geschlossen auftritt. | |
Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigte das Vorgehen. Die | |
Bundesregierung stehe hinter dieser „Grundsatzentscheidung“, sagte Seibert | |
am Montag in Berlin. „Wir sind überzeugt, dass das der richtige Weg war und | |
ist.“ Allerdings brauchte die EU-Kommission länger als andere, um ihre | |
Bestellung bei Biontech und Pfizer aufzugeben – Berlin musste am Ende | |
nachhelfen. | |
Zudem wurden [4][die Details der Verhandlungen geheim gehalten], selbst das | |
Europaparlament war außen vor. Dies räche sich nun, sagen die Abgeordneten. | |
„Intransparenz führt automatisch zu Ärger“, twitterte der grüne | |
Europaparlamentarier Daniel Freund. Ähnlich äußerte sich Katarina Barley. | |
„Pauschalkritik an der EU ist unangebracht“, schrieb die SPD-Abgeordnete. | |
Doch auch beim Impfstoff sei parlamentarische Kontrolle nötig. | |
4 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Strategie-gegen-Coronapandemie/!5728075 | |
[2] /Aktuelle-Entwicklungen-in-der-Coronakrise/!5728606 | |
[3] /Reaktionen-auf-Biontech-Chefs/!5723811 | |
[4] /Corona-Impfstoffe-in-der-EU/!5740670 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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