# taz.de -- Gefährliche Altlast in Pinneberg: Gift im Grundwasser gefunden | |
> Krebserregende Chemikalien sind im Boden und Grundwasser mitten in | |
> Pinneberg vor den Toren Hamburgs entdeckt worden. Die Verursacher sind | |
> unbekannt. | |
Bild: In Gefahr: Es ist zu befürchten, dass die entdeckten Schadstoffe in die … | |
Hamburg taz | Sie sind giftig und krebsauslösend – und sie sind in hoher | |
Konzentration im Grundwasser unter der Stadt Pinneberg am Rande Hamburgs | |
gefunden worden: Grundwasserproben ergaben dort einen Höchstwert von | |
696.000 Mikrogramm (μg) pro Liter Leichtflüchtige Chlorierte | |
Kohlenwasserstoffe (LCKW). Das überschreitet die Schwelle der | |
Geringfügigkeit im Grundwasser und das im Trinkwasser Zulässige um das | |
70.000-fache. „So hohe Werteüberschreitungen hat es bisher im Kreis | |
Pinneberg noch nicht gegeben“, stellte der Fachdienst Umwelt des | |
Landkreises fest. | |
Die Zahlen stammen aus einer Vorlage des Fachdienstes für eine Sitzung des | |
Umweltausschusses am vergangenen Montag, über die das Hamburger Abendblatt | |
zuerst berichtet hat. Darin weisen die Beamten darauf hin, dass die LCKW in | |
einem oberflächennahen Grundwasserleiter gefunden worden seien. | |
Eine „Gefahr für die Gesundheit, insbesondere der gesunden Wohn- und | |
Arbeitsverhältnisse“ könne nicht ausgeschlossen werden, heißt es in der | |
Vorlage. Zudem sei zu befürchten, dass das Flüsschen Pinnau verunreinigt | |
werden und die Vergiftung sich bis in das Wasserschutzgebiet „Peiner Weg“ | |
ausbreiten könnte. | |
Unter der Bezeichnung LCKW werden Tri- und Tetrachlorethen | |
zusammengefasst. Tetrachlorethen steht im Verdacht, Krebs zu erregen und | |
das Erbgut zu schädigen. Noch gefährlicher ist Trichlorethen, das sicher | |
als [1][krebserregend] gilt und zudem Leber, Nieren, Nervensystem und | |
Immunsystem sowie das Erbgut schädigt. Der Grenzwert von zehn Mikrogramm | |
pro Liter gilt für die Summe beider Stoffe. | |
## Chemische Reinigung als Verursacher? | |
Wie die Chemikalien in den Boden und weiter in das Grundwasser gelangt | |
sind, darüber gibt es nur Vermutungen. „LCKW werden in vielen | |
Industriezweigen zur Entfettung von Metallen, zum Entfernen von Farbe, als | |
Extraktionsmittel und zur Textilreinigung eingesetzt“, heißt es auf der | |
[2][Website des niedersächsischen Umweltministeriums]. Auch im Sickerwasser | |
von Deponien könnten sie vorkommen. Eine Verbreitung durch die Luft sei | |
dagegen zu vernachlässigen. | |
Entdeckt wurde die Kontamination, weil für Pinneberg-Mitte ein neuer | |
Bebauungsplan erstellt werden soll. Um auch nach der Überplanung gesunde | |
Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewährleisten zu können, musste die Stadt | |
Grundstücke mit dem Verdacht auf Altlasten untersuchen. In dem betroffenen | |
Gebiet habe es in der Vergangenheit chemische Reinigungen gegeben, die als | |
Verursacher in Frage kommen könnten, schreibt das Hamburger Abendblatt | |
unter Berufung auf die Kreisverwaltung. | |
In die Umwelt gelangt sein dürften die Chemikalien durch Unfälle, | |
Unachtsamkeit oder Unwissen. Früher sei das Waschwasser in gemauerte | |
Absetzbecken geleitet worden, wo sich die LCKW am Boden absetzten, sagte | |
eine Sprecherin der Kreisverwaltung. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass | |
Chemikalien sogar Betonwannen durchdringen können. | |
Ob es möglich sein werde, die Verursacher zu ermitteln, sei derzeit „nicht | |
absehbar“, heißt es in der Beschlussvorlage für den Kreistag. Zunächst | |
müsse der Schaden eingegrenzt und ermittelt werden, wie groß die Gefahr für | |
Mensch und Umwelt sei. | |
## Gutachten beauftragt | |
Die Verwaltung schlägt deshalb vor, Gutachter zu beauftragen, die die | |
vorhandenen Daten auswerten und ein Konzept entwickeln sollen, wie die | |
Ausbreitung der Schadstoffe beobachtet werden kann. Im Zuge dessen sollen | |
Grundwassermessstellen eingerichtet werden, um festzustellen wo saniert | |
werden muss. Die [3][Belastung] ist aber auf jeden Fall so gravierend, dass | |
die Stadt den betroffenen Teilbereich aus dem Bebauungsplanverfahren | |
herausgenommen hat. | |
Die Untere Bodenschutzbehörde kalkuliert, dass für die Probeentnahme und | |
-analyse, die Gutachter und die neuen Grundwassermessstellen Kosten von | |
knapp 190.000 Euro in den Jahren 2025 und 2026 anfallen werden. Gemäß der | |
Altlastenförderrichtlinie des Landes Schleswig-Holstein, kann der Kreis | |
hierfür Zuschüsse von bis zu 75 Prozent beantragen. Der Umweltausschuss hat | |
die Entscheidung vertagt. Entscheiden muss der Kreistag, der am 14. Oktober | |
das nächst Mal zusammentritt. | |
Kreissprecherin Katja Wohlers versichert: „Die Verunreinigungen stellen | |
aktuell keine Gefährdung der Bevölkerung dar.“ Das betroffene Gebiet liege | |
nicht im Einzugsgebiet des Wasserwerkes und ist damit kein | |
Wasserschutzgebiet. Die weiteren Untersuchungen sollten dazu genauere | |
Erkenntnisse liefern. | |
25 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Sanierung-mal-anders/!5743051 | |
[2] https://www.umwelt.niedersachsen.de/startseite/themen/wasser/grundwasser/gr… | |
[3] /Verschmutzte-Oberflaechengewaesser/!5650041 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Umwelt | |
Boden | |
Gewässer | |
Pinneberg | |
Sanierung | |
Social-Auswahl | |
Chemikalien | |
Umwelt | |
Fischsterben | |
Flüsse | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ewigkeitschemikalien: Versicherer mutiger als der Staat | |
Die Versicherungsbranche setzt ein richtiges Zeichen: Sie will Schäden | |
durch gefährliche Chemikalien künftig nicht mehr versichern. | |
Sanierung mal anders: Müllberg soll Altlasten zudecken | |
Im niedersächsischen Godenau sollen chemische und historische Altlasten | |
entsorgt werden – indem ein Schuttberg draufgesetzt wird. | |
Belastete Flussfische in Norddeutschland: In ihrem Element | |
Schwer zu sagen, wie es wild lebenden Flussfischen geht, ihre Gesundheit | |
wird nicht regelmäßig geprüft. Jetzt gibt ein Schadstoff-Monitoring | |
Einblick. | |
Verschmutzte Oberflächengewässer: Maue Qualität | |
Umweltforscher haben Tests entwickelt, um Chemie-Cocktails in Flüssen zu | |
bewerten. Nun fordern sie, dass das Gewässermonitoring überarbeitet wird. |