# taz.de -- Gaza-Tagebuch: Wasser aus Pfützen, Trump und der Tod | |
> Unser Autor ist zurück in seinem Zuhause im Norden des Gazastreifens. Es | |
> gibt kaum Wasser, keinen Strom und alle fragen sich: Wie wird es | |
> weitergehen? | |
Bild: Dschabalija, Nordgaza, 3. Februar: Menschen versuchen, Trinkwasser zu org… | |
Wir sind [1][in unsere Häuser zurückgekehrt – nach anderthalb Jahren der | |
Vertreibung.] Aber wir alle haben unzählige Sorgen mitgebracht und Szenen, | |
die wir nicht vergessen können, Szenen, die uns wohl ein Leben lang in | |
Erinnerung bleiben werden. Jedes Haus hat mindestens einen Märtyrer | |
verloren, und es gibt keinen einzigen Haushalt, in dem es keine | |
Kriegsverletzten gibt. Die Familien sind zurückgekehrt, aber viele ihrer | |
Kinder haben sie unter der Erde zurückgelassen. | |
Wie das Leben im nördlichen Gazastreifen [2][nach anderthalb Jahren | |
unerbittlichen Tötens] weitergehen soll, ist unklar. Die Abwassersysteme | |
sind völlig zerstört, und es gibt keinen Strom, der den Menschen hilft, so | |
zu leben, wie sie es einst taten. Die Beschaffung von Wasser für den | |
täglichen Gebrauch ist schwierig, genauso die Beschaffung von Trinkwasser. | |
Die Menschen legen weite Strecken zurück, um in den Trümmern ihrer Häuser | |
zu überleben und Wasser zu besorgen, einige mit Eimern in den Händen, | |
andere ziehen kleine Karren hinter sich her. Im Viertel Shuja’iyya, in dem | |
ich wohne, gibt es nur eine einzige Verteilerstelle für Wasser. Viele sind | |
gezwungen, unbehandeltes Wasser zu trinken, das sie aus Regenpfützen | |
sammeln. Meine Familie und ich trinken oft von diesem Wasser, weil wir | |
keine andere Wahl haben. | |
Mein Bruder Ahmed zieht jeden Tag eine halbe Stunde lang einen Karren, um | |
Wasser für uns zu holen. Ahmed ist ein junger Mann, er kennt nur den Krieg. | |
Er versucht, für seine Schulabschlussprüfungen im Juli zu lernen, während | |
er sich um den Haushalt kümmert, in einer Umgebung, die nahezu unbewohnbar | |
ist. „Ich weiß nicht, was ich tun soll“, sagt er. „Nichts hier ist in | |
Ordnung. Sogar Wasser zu bekommen, ist ein Kampf.“ | |
## Zelte auf den Trümmern des zerstörten eigenen Hauses | |
Die Straßen sind zerstört und die meisten Häuser sind unbewohnbar. | |
Diejenigen, deren Häuser zerstört wurden, haben ihre Zelte auf den Trümmern | |
aufgeschlagen und versuchen, sich ein neues Leben aufzubauen. Sie haben | |
ihre Zelte im Süden verlassen, um sie hier neu aufzuschlagen – diesmal auf | |
ihrem eigenen Land, was ihnen den kleinen Trost bietet, wieder zu Hause zu | |
sein. | |
Die zweite Phase des Abkommens ist noch nicht umgesetzt worden, und die | |
Menschen haben große Angst. Diesmal sind sie jedoch entschlossen, ihre | |
Häuser nicht mehr zu verlassen. Die Menschen hier sagen: „Was kann die | |
Besatzung noch tun? Sie haben alles zerstört und unsere Familien getötet.“ | |
Jeder hört von Trumps Plan, die Menschen in Gaza zu vertreiben. Wir glauben | |
nicht an dieses Schreckensszenario und wir haben auch keine Angst davor. | |
Die meisten Menschen hier sagen: [3][„Gibt es einen größeren Schmerz als | |
den Tod, nach allem, was wir erlebt haben?“] | |
Einige sind völlig erschöpft, ihre Lebensgeister sind zerrüttet. Ihr | |
einziger Gedanke gilt dem Überleben. Sie würden den Gazastreifen verlassen, | |
wenn sie die Möglichkeit dazu hätten, sagen sie. | |
Die Besatzung fügt dem palästinensischen Volk absichtlich Leid zu und sorgt | |
dafür, dass es in ständigem Elend und Angst lebt. Aber diejenigen, die | |
solche Gräueltaten an unschuldigen Menschen begehen, werden ins Höllenfeuer | |
kommen. | |
Esam Hani Hajjaj (27) kommt aus Gaza-Stadt, ist Schriftsteller und Dozent | |
für kreatives Schreiben für Kinder. Nach Kriegsausbruch ist er innerhalb | |
des Gazastreifens mehrfach geflohen. | |
Internationale Journalist*innen können seit dem Beginn des Krieges | |
nicht in den Gazastreifen reisen und von dort berichten. Im „Gaza-Tagebuch“ | |
holen wir Stimmen von vor Ort ein. Die Texte geben ausschließlich die | |
persönlichen Meinungen der Autor*innen wieder. | |
4 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Auf-dem-Weg-nach-Nordgaza/!6068119 | |
[2] /Hoffnung-in-Gaza/!6062819 | |
[3] /Abschiednehmen-in-Gaza/!6059476 | |
## AUTOREN | |
Esam Hajjaj | |
## TAGS | |
Kolumne Gaza-Tagebuch | |
Donald Trump | |
Gaza | |
Israel | |
Benjamin Netanjahu | |
Social-Auswahl | |
Recherchefonds Ausland | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Kolumne Gaza-Tagebuch | |
Kolumne Gaza-Tagebuch | |
Israel | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Gaza | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gaza-Freiheitsflottille bombardiert: Ziviles Hilfsschiff vor Malta angegriffen | |
Das Schiff einer NGO, die Lebensmittel nach Gaza bringen wollten, wurde | |
gezielt mit Drohnen beschossen. Israel blockiert den Gazastreifen seit | |
März. | |
Gaza-Tagebuch: Wir müssen aus der „Pufferzone“ fliehen | |
Unser Autor kämpft weiter. Eines ist klar: Seine Familie und er müssen Gaza | |
verlassen, denn der Tod ist nur einen Augenblick entfernt. | |
Gaza-Tagebuch: Mit bloßen Händen nach dem Freund graben | |
Bei einem der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen wurde das | |
Nachbarhaus unseres Autors getroffen. Unter den Trümmern lag sein Freund. | |
Geheimdienst-Chef Bar muss gehen: Netanjahu-Regierung gegen Geheimdienst | |
In Israel will Netanjahu mit Schin Bet-Chef Ronen Bar eine weitere | |
kritische Stimme absetzen. Noch in dieser Woche soll das Kabinett | |
entscheiden. | |
Vertreibung von Palästinensern: Amerikaner in Gaza | |
Trumps Plan, die Bevölkerung im Gazastreifen kurzerhand auszutauschen, | |
stößt in Israel auf breite Unterstützung. Eine Lösung sieht anders aus. | |
Nahostkonflikt: Ringen um Gaza und Geiseln | |
Israelische Opferfamilien fordern eine staatliche Untersuchung des 7. | |
Oktobers. Arabische Länder präsentieren einen Gaza-Plan. | |
Oscar für „No Other Land“: Der vergessene beste Dokumentarfilm | |
„No Other Land“ gewinnt einen Oscar, aber nicht die Aufmerksamkeit der | |
Medien. Dabei könnte Journalismus alles benennen, was in Nahost geschah und | |
geschieht. | |
Tod eines Kindes in Gaza: „Ich sah sie an, und sie war leblos“ | |
Israel lässt zu wenig mobile Unterkünfte nach Gaza passieren. Für die | |
kleine Shaam al-Shanbari endet die Winterkälte im Zelt tödlich. |