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# taz.de -- Vertreibung von Palästinensern: Amerikaner in Gaza
> Trumps Plan, die Bevölkerung im Gazastreifen kurzerhand auszutauschen,
> stößt in Israel auf breite Unterstützung. Eine Lösung sieht anders aus.
Bild: Einen unendlichen Strom von Vertriebenen im Gazastreifen zeigt das Luftbi…
Kaum schweigen die Waffen im Gazastreifen, schon ziehen israelische
Truppen in den unheilvollen Kampf im Westjordanland. Regierungschef
Benjamin Netanjahu brüstet sich damit, ganze Straßenzüge zu zerstören.
[1][Rund 40.000 Palästinenser wurden dort bereits vertrieben]. Eine fast
harmlose Zahl angesichts der rund zwei Millionen obdachlosen Menschen im
Gazastreifen.
Seit den Anfängen des Zionismus hegten bekannte Namen, wie der Visionär des
Judenstaates Theodor Herzl, Israels erster Ministerpräsident David
Ben-Gurion oder der legendäre einäugige Verteidigungsminister Mosche Dajan
Fantasien und gar Pläne für die Umsiedlung der einheimischen Bevölkerung.
Sie gründeten auf Lebensraum- und Sicherheitserwägungen, die durch
rassistische und religiöse Argumente untermauert wurden.
Die derzeitige israelische Regierung hat sich besonders lautstark und
unverblümt zu ethnischen Säuberungen zu Wort gemeldet. US-Präsident Donald
Trump hat diesen Umsiedlungsträumen nun das Siegel der
[2][US-amerikanischen Zustimmung] verliehen. Es überrascht daher nicht,
dass einige Israelis begeistert sind.
Bezeichnenderweise beschränkt sich die Euphorie für Trumps Plan nicht auf
rechtsgerichtete jüdische Extremisten, sondern sie ist im gesamten
politischen Spektrum Israels zu hören. Selbst [3][führende Politiker der
Opposition] schließen sich dem Chor des Dankes an den großen Führer Trump
an.
## Die Idee hatte der Schwiegersohn
Bemerkenswert ist, dass Trump den Gazastreifen keinesfalls an Israel
übergeben will. Stattdessen wollen die [4][USA das Küstengebiet übernehmen]
und zu einer Riviera umgestalten. Trump verspricht, dass die USA für die
Beseitigung aller gefährlichen Blindgänger und anderer Waffen auf dem
Gelände verantwortlich sein werden. Er habe die Pläne [5][mit regionalen
Führern] besprochen und sie unterstützten die Idee. Das allerdings dürfte
Trump’sche Auslegung sein.
Ein Zuhause für alle Menschen der Welt solle der Gazastreifen werden. „Die
Riviera des Nahen Ostens …, das könnte so großartig sein.“ Bereits im
vergangenen Oktober sprach Trump über den Gazastreifen als
Immobilienprojekt, mit einem Potenzial, das an Monaco heranreiche. Es mag
sein Schwiegersohn [6][Jared Kushner] sein, der ihm diese Idee unterbreitet
hat. Schon im vergangenen Jahr machte Kushner seinen Schwiegervater auf die
Grundstücke direkt am Mittelmeer aufmerksam.
Damals war der Krieg zwischen der Hamas und Israel noch in vollem Gange,
aber Kushner erkannte das Potenzial. Schließlich sei es auch im
israelischen Interesse. Er jedenfalls betrachtet es als gute Lösung „die
Menschen hinauszubewegen und dann aufzuräumen“. Trump und Kushner sprechen
über die Gentrifizierung von Gaza: die Einheimischen hinausschmeißen.
Wie Kushner bin ich Jude. Aber seine Faszination für den Gazastreifen als
Profitcenter kann ich nicht teilen. Wir sprechen immerhin von zwei
Millionen Menschen. Zwei Millionen Leben. Zwei Millionen Palästinensern,
von denen die meisten Flüchtlinge der zweiten, dritten oder vierten
Generation sind, die im Krieg von 1948 ihr Zuhause im Gebiet des heutigen
Israel verloren haben und im Gazastreifen Zuflucht fanden. Seitdem hat
Israel ihre Rückkehr in ihre alten Häuser und Dörfer verhindert.
Nun hat Israel den [7][barbarischen Angriff der Hamas vom 7. Oktober]
ausgenutzt und mithilfe amerikanischer Waffen und Munition sowie
finanzieller und diplomatischer Unterstützung weite Teile des Gazastreifens
zerstört. Und jetzt hofft man in Jerusalem, die Palästinenser aus dem
Gebiet komplett zu vertreiben. Wohin? Das interessiert sie nicht. Nur weg.
## 80 Prozent für den Transfer
Bevölkerungstransfers sind weder ein neues noch ein einzigartiges Phänomen.
Doch mit ihrer eigenen Geschichte vertraute Deutsche sollten wissen, wie
viel Leid und Traumatisierung Vertreibungen und Heimatverlust mit sich
bringen. Die Neuregelung der Grenzen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs
führte zur Vertreibung und erzwungenen Umsiedlung von mehr als 12 Millionen
Deutschen. Wir Juden haben eine besonders lange Geschichte der Verfolgung
und Vertreibung, der erzwungenen Migration und Umsiedlung.
Leid und Schmerz haben unsere Geschichte geprägt und unsere Identität
geformt. Und dann zeigen [8][Umfragen] tatsächlich, dass 80 Prozent der
israelischen Juden die ethnische Säuberung des Gazastreifens unterstützen.
Ausgerechnet wir Juden, die wir im Laufe der Geschichte immer wieder unter
Vertreibungen zu leiden hatten und denen die internationale Gemeinschaft
die Möglichkeit gegeben hat, einen eigenen Staat zu gründen, vertreiben nun
Menschen mit Waffengewalt aus ihren Häusern.
Die Brutalität der Immobilienhändler, die bei dem Gedanken an profitable
Rivieras ins Schwärmen geraten, überrascht mich nicht. Über die Zustimmung
in Israel schäme ich mich aber zutiefst. Die Gründung des jüdischen Staates
und sein Erfolg erfüllten viele Juden in der Diaspora mit großem Stolz. Sie
werden jedoch nicht umhinkommen, sich früher oder später mit der Dissonanz
zwischen ihren Werten und ihrer Loyalität gegenüber einem jüdischen Staat
auseinanderzusetzen, dessen Verhalten genau diesen Werten widerspricht.
Für viele wird dies eine schmerzhafte Entscheidung sein. Die Besetzung des
Westjordanlands durch Israel, in dem sich Hunderttausende [9][jüdische
Siedler] gemütlich einrichten, und ein Apartheid-ähnliches System stellen
nicht nur viele Juden in der Diaspora vor ein moralisches Dilemma, sondern
führen auch zu einem Anstieg des weltweiten Antisemitismus. Die jüdische
Welt braucht dringend moralische Führungspersönlichkeiten, die uns den
richtigen Weg weisen, von dem wir auf tragische Weise abgekommen sind.
7 Mar 2025
## LINKS
[1] /Kaempfe-im-Westjordanland/!6072230
[2] /-Nachrichten-im-Nahost-Konflikt-/!6068146
[3] https://www.ynetnews.com/article/r1fgg7ztje
[4] /Pietaetlose-Propaganda-aus-den-USA/!6068873
[5] https://www.youtube.com/watch?v=73POZu8bAkk
[6] /Kommentar-USA-und-der-Nahostkonflikt/!5526843
[7] /7-Oktober--ein-Jahr-danach/!6034819
[8] https://www.middleeastmonitor.com/20250206-80-of-israeli-jews-support-us-pr…
[9] /Siedlungsbau-im-Westjordanland/!6043087
## AUTOREN
David Ranan
David Ranan ​ ​
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