# taz.de -- Fehlstart der EU-Kommission: Ausfälle und Wackelkandidaten | |
> Die Anhörungen zur neuen EU-Kommission haben mit einer Niederlage für von | |
> der Leyen begonnen. Sie wird froh sein können, wenn alle durchkommen. | |
Bild: Am Mittwoch fiel bei der EU-Parlamentsanhörung von Didier Reynders (Mitt… | |
BRÜSSEL taz | So hat sich [1][Ursula von der Leyen] den Start ihrer | |
[2][EU-Kommission] wohl nicht vorgestellt. „Hervorragend“, „ausgezeichnet… | |
und „exzellent“ seien die 26 Kandidaten, sagte die CDU-Politikerin bei der | |
Vorstellung ihres Teams Anfang September in Brüssel. Für jeden Anwärter | |
fand sie ein Superlativ, wenigstens aber ein nettes Adjektiv. Gemeinsam | |
werde man zeigen, dass Europa „mehr kann“. | |
Drei Wochen später darf von der Leyen schon froh sein, wenn sie ihre Truppe | |
mit Ach und Krach durch das Europaparlament bringt. Schon vor Beginn der | |
Hearings im Brüsseler Parlamentsgebäude hatten die Abgeordneten zwei | |
Kommissarsanwärter durchfallen lassen. Der Ungar László Trócsányi und die | |
Rumänin Rovana Plumb wurden wegen möglicher Interessenskonflikte | |
zurückgewiesen. | |
Von der Leyen musste ihr Team umbauen und neue Kandidaten in Budapest und | |
Bukarest anfordern. Dabei hatte sie zunächst noch versucht, das Votum des | |
Rechtsausschusses zu übergehen. Doch die Abgeordneten ließen sich das nicht | |
bieten – und bekräftigten ihre Ablehnung. | |
Nun, am dritten Tag der insgesamt sechstägigen Anhörungen, stehen zwei | |
weitere Bewerber auf der Kippe. Der Pole Janusz Wojciechowski, den von der | |
Leyen zum Agrarkommissar machen möchte, muss nach einer schwachen | |
Vorstellung nachsitzen und schriftliche Fragen beantworten. | |
## Viele Vorbehalte | |
Auch der designierten EU-Innenkommissarin, der Schwedin Ylva Johansson, | |
will das EU-Parlament noch einmal auf den Zahn fühlen. | |
Vorbehalte gibt es zudem gegen den Iren Phil Hogan, der sich um die | |
Handelspolitik kümmern soll. Seine Aussagen zum Klimaschutz und zur | |
CO2-Grenzsteuer seien zu vage und unverbindlich gewesen, kritisieren die | |
Grünen im Europaparlament. | |
„Wir können diese Bewerbung nicht unterstützen“, warnten die Fraktionsche… | |
Ska Keller und Philippe Lamberts nach der Anhörung. | |
Zwei vorzeitige Ausfälle, zwei Wackelkandidaten und ein Streitfall – keine | |
schöne Zwischenbilanz für von der Leyen. Und dabei kommen die dicken | |
Brocken erst noch. | |
## Belastung durch undurchsichtige Affären | |
Mit dem Belgier Didier Reynders und der Französin Sylvie Goulard müssen | |
sich am Mittwoch zwei politische Schwergewichte dem Europaparlament | |
stellen. Gegen beide gibt es Vorbehalte wegen undurchsichtiger – und nicht | |
vollständig aufgeklärter – Affären. | |
Zudem gehören Reynders und Goulard der liberalen „Renew Europe“-Fraktion | |
an. Dies könnte Konservative und Sozialdemokraten dazu verleiten, sie | |
besonders hart zu „grillen“, wie man in Brüssel sagt. Denn die beiden | |
größten Fraktionen haben mit Trócsányi und Plumb bereits Federn lassen | |
müssen, die Liberalen jedoch noch nicht. | |
Anders als bei der Bildung der letzten EU-Kommission vor fünf Jahren gibt | |
es diesmal keinen Nichtangriffspakt zwischen den Parteien. Nach dem Motto | |
„Auge um Auge, Zahn um Zahn“ könnten sich die Anhörungen daher schnell zu | |
einem politischen Massaker entwickeln. | |
Die Gefahr ist umso größer, als von der Leyen über keine eigene Mehrheit im | |
neuen Parlament verfügt. Ihre Wahl im Juli gewann sie nur mit einem | |
[3][hauchdünnen Vorsprung] von neun Stimmen. | |
## Es droht ein Denkzettel | |
Doch nach den Anhörungen muss sich von der Leyen Ende Oktober einer | |
weiteren Abstimmung stellen. Dabei geht es nicht nur um ihre Person, | |
sondern um ihr gesamtes Team. Das Europaparlament hat diese finale Wahl | |
bisher noch stets als Hebel genutzt, um unfähige oder missßliebige | |
Kandidaten herauszukicken. Diesmal dürfte die Versuchung, einen Denkzettel | |
auszustellen, besonders groß sein. | |
Viele EU-Abgeordnete haben es noch nicht verwunden, dass nach der | |
Europawahl keiner der Spitzenkandidaten zum Kommissionschef nominiert wurde | |
– sondern die ehemalige Verteidigungsministerin, die niemand auf dem Zettel | |
hatte. | |
Die Grünen und die deutschen Sozialdemokraten haben deshalb im Juli gegen | |
von der Leyen gestimmt. Das bedeute aber nicht, dass sie auch jetzt wieder | |
mit „Nein“ stimmen, betont Jens Geier, Chef der SPD-Gruppe. Vielmehr wolle | |
man Leyens Team „konstruktiv“ prüfen. | |
Nur die Linke hat sich schon festgelegt: Sie will gegen die neue Kommission | |
stimmen. Von der Leyens Team vertrete nur die oberen ein Prozent und nicht | |
die Mehrheit der Europäer, sagte der deutsche Co-Fraktionsvorsitzende | |
Martin Schirdewan. Die Linke geht in die Opposition – umso mehr kommt es | |
nun auf die Stimmen von Grünen und Sozialdemokraten an. | |
NaN NaN | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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