# taz.de -- Künftige EU-Kommissionspräsidentin: Von der Leyen überzeugte nic… | |
> Die designierte EU-Kommissionspräsidentin spricht von einem | |
> Missverständnis. Der „Schutz der europäischen Lebensweise“ schließe | |
> niemanden aus. | |
Bild: Ursula von der Leyen verteidigt in Straßburg die politischen Schwerpunkt… | |
Brüssel taz | Sie war gekommen, um die Wogen zu glätten. Der Ärger über | |
[1][den „European Way of Life“] und die Migrationspolitik sei doch nur ein | |
Missverständnis, sagte die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von | |
der Leyen am Donnerstag vor den Fraktionschefs des Europaparlaments in | |
Straßburg. | |
Doch nach zweistündiger Debatte in der „Konferenz der Präsidenten“ war | |
klar: Von der Leyen hat nicht überzeugt, der Streit geht weiter. Zwei | |
Wochen vor Beginn der Anhörungen der designierten neuen EU-Kommissare ist | |
[2][von der Leyen und ihr Team] in die Defensive geraten. | |
Dabei hat sie doch – nach eigenem Bekunden – nur das Beste gewollt. Als sie | |
den designierten Migrationskommissar Margaritis Schinas mit dem „Schutz des | |
europäischen Lebensstils“ beauftragte, will sie vor allem an Menschenwürde, | |
Toleranz und Weltoffenheit gedacht haben. | |
Für manche sei der Begriff „europäische Lebensweise“ politisch zu | |
aufgeladen, schrieb sie in einem Gastbeitrag für mehrere europäische | |
Tageszeitungen. „Ich bin da anderer Meinung. Ich bin überzeugt, dass wir | |
uns unsere Begriffe von Europas Gegnern nicht nehmen lassen dürfen.“ | |
## „Die Sprache der Rechten“ übernommen | |
Europas Gegner – damit sind Nationalisten und Rechtspopulisten gemeint, die | |
in Flüchtlingen eine Bedrohung sehen. Doch ausgerechnet von denen bekommt | |
von der Leyen nun Beifall. Marine Le Pen, die Führerin der französischen | |
Nationalisten, feiert einen „ideologischen Sieg“. | |
Linke, Grüne, Liberale und Sozialdemokraten hingegen sind entsetzt. Sie | |
sehen sich in ihrer Kritik bestätigt, dass die CDU-Politikerin mit dem | |
Schutz des „European way of life“ die Sprache der Rechten übernimmt, | |
zumindest aber um sie wirbt. Von der Leyen müsse das ändern, so die | |
Forderung. | |
Der Ko-Fraktionschef der Linken, Martin Schirdewan, kam sogar mit einem | |
Vorschlag: „Wir haben einen anderen Titel vorgeschlagen – ein Europa der | |
Vielfalt und der Solidarität.“ Doch darauf sei von der Leyen nicht | |
eingegangen. „Sie ist nicht zu Konzessionen bereit“, so Schirdewans Fazit. | |
„Wir haben ein ernstes Problem mit dem Titel, und wir werden ihn, so wie er | |
ist, nicht akzeptieren“, erklärte die Fraktionschefin der Sozialdemokraten, | |
Iratxe García. Auch beim Klima und beim sozialen Europa müsse von der Leyen | |
noch nachbessern. | |
## Fünf Wackelkandidaten für die Kommission | |
Etwas optimistischer zeigte sich Ciolos Dacian, der Fraktionschef der | |
Liberalen. Von der Leyen habe sich die Kritik angehört und Änderungen | |
versprochen, sagte er nach dem Treffen. Sollte sie nicht Wort halten, werde | |
dies die Anhörungen der Kommissare belasten. | |
Dabei stehen die Hearings, die vom 30. September bis zum 8. Oktober dauern | |
sollen, schon jetzt unter keinem guten Stern. Gleich fünf Kommissare aus | |
Ungarn, Polen, Rumänien, Frankreich und Belgien gelten als | |
Wackelkandidaten, weil sie sich nicht für Rechtsstaat und Demokratie | |
einsetzen oder in Affären verstrickt sind. | |
Betroffen sind alle großen Parteien. Doch im Gegensatz zu früher gibt es | |
diesmal weder eine informelle Koalition noch einen Nichtangriffs-Pakt. Wenn | |
ein konservativer Kommissar im Hearing durchfällt, könnten sich die | |
Konservativen danach einen Sozialdemokraten oder Liberalen „vorknöpfen“. | |
Für von der Leyen wäre dies ein Albtraum. Sie wurde im Juli nämlich selbst | |
nur mit einer hauchdünnen Mehrheit von neun Stimmen gewählt. Am 23. Oktober | |
muss sie sich – gemeinsam mit ihrem Team – erneut einer Abstimmung im | |
Europaparlament stellen. Bis dahin müssen die Wogen wieder geglättet sein. | |
19 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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