# taz.de -- European Green Deal: Die Axt am europäischen Binnenmarkt | |
> Die EU antwortet aufs US-Subventionsprogramm mit eigenen Milliarden. Die | |
> sollen in grüne Industrien fließen. Aber woher kommt das Geld? | |
Bild: Mehr als 170 Milliarden Euro in grüne Energien: So will die EU mit den U… | |
BRÜSSEL taz | Mehr europäische Schulden oder mehr nationale Beihilfen? Über | |
diese Frage ist ein erbitterter Streit in der EU entbrannt. Die | |
EU-Kommission will am Mittwoch ihre Antwort auf das massive | |
Subventionsprogramm der USA für „grüne“ Industrien vorstellen. Doch schon | |
vor der Veröffentlichung der Pläne gibt es Widerstand. | |
„Mehr als 170 Milliarden Euro“ Investitionen seien bis 2030 nötig, um mit | |
den USA mitzuhalten, heißt es in dem Entwurf. Dabei gehe es um die | |
Förderung von Sonnen- und Windkraft, Batterien, Wärmepumpen und | |
Wasserstoff. Allerdings will die EU-Kommission diese enorme Summe nicht | |
durch neue Schulden finanzieren. | |
Stattdessen will sie noch nicht genutzte Gelder aus dem rund 800 Milliarden | |
Euro schweren Corona-Aufbaufonds umwidmen. Nur so könne man den USA Paroli | |
bieten, die im „Inflation Reduction Act“ rund 370 Milliarden Dollar | |
bereitstellen. Außerdem soll der strikte EU-Rahmen für staatliche Beihilfen | |
gelockert werden. | |
Kommissionschefin Ursula von der Leyen folgt damit deutschen Wünschen. | |
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sperrt sich gegen neue | |
EU-Schulden. Gleichzeitig will Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) | |
aber mehr freie Hand bei Subventionen für „grüne“ Industrien. Dem soll der | |
Entwurf nun Rechnung tragen. | |
## Mehrheit der EU-Staaten gegen den Deal | |
Offenbar kann auch Frankreich damit leben. Präsident Emmanuel Macron hätte | |
zwar einen schuldenfinanzierten „Souveränitätsfonds“ bevorzugt, er kann | |
jedoch auch mit staatlichen Beihilfen leben. Die große Mehrheit der | |
EU-Staaten sieht dies aber anders. Sie fürchtet von den beiden größten | |
EU-Staaten an die Wand gedrückt zu werden. | |
Die meisten kleineren Länder können sich keine großen staatlichen Beihilfen | |
leisten. Sie waren schon mit den nationalen Hilfsprogrammen gegen die | |
Energiekrise an den Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten gekommen und | |
rufen nun nach frischem Geld aus Brüssel. | |
EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni wiegelt ab. Der Italiener könnte | |
sich durchaus ein neues Schuldenprogramm vorstellen, doch er muss den | |
Vorgaben seiner deutschen Chefin folgen. Andererseits müsse man aber | |
handeln, so Gentiloni. Das US-Subventionspaket stelle eine Herausforderung | |
für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie dar. | |
## Fronten verhärtet | |
Dänemark, Finnland, Irland, die Niederlande, Polen und Schweden haben | |
bereits vor einer solchen Lockerung gewarnt. Der Plan lege die Axt an den | |
europäischen Binnenmarkt, kritisierte ein EU-Diplomat in Brüssel. Er laufe | |
auf einen Freibrief für staatliche Finanzierung von Industrieprojekten | |
hinaus – und damit auf einen Bruch mit den bisherigen Regeln. | |
Die 27 EU-Staaten treffen sich am 9. und 10. Februar zu einem Sondergipfel | |
in Brüssel. Die EU-Kommission hofft bis dahin die Gräben zu überbrücken. | |
Der Vorschlag sei nur eine Diskussionsbasis, noch kein Gesetzentwurf, heißt | |
es in Brüssel. Doch die Fronten sind verhärtet, die Zeichen stehen auf | |
Sturm. | |
Die Grünen im Europaparlament hoffen dennoch auf schnelle und weitreichende | |
Beschlüsse. Die Lockerung der EU-Beihilferegeln könne ein Teil der Lösung | |
sein, sagt Rasmus Andresen, der Sprecher der deutschen Delegation. Die | |
EU-Staaten bräuchten aber „finanziellen Spielraum“ – zur Not auch durch | |
neue Schulden. | |
31 Jan 2023 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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