# taz.de -- Entwicklung des Jahnsportparks: Erst totgesagt, nun profitauglich | |
> Ab Mittwoch startet die Bürgerbeteiligung für den Jahnsportpark. Drei | |
> neue Ideen liegen auf dem Tisch. Ein Abriss ist nicht mehr gesetzt. | |
Bild: Am Rande des Mauerparks: Der Jahnsportpark in Prenzlauer Berg | |
BERLIN taz | Philipp Dittrich ist gespannt. Mit seiner Bürgerinitiative zum | |
Jahnsportpark hat der Architekt in den vergangenen Monaten und Jahren schon | |
einige Überraschungen erlebt. Gut möglich, dass am 11. August die nächste | |
folgt. Dann legen drei Teams ihre bisherigen Planungen für die Zukunft des | |
Jahnsportparks in Prenzlauer Berg vor. Die damit beginnende | |
[1][Bürgerbeteiligung ist Teil des Werkstattverfahrens], das unter anderem | |
Dittrichs Initiative gegenüber Innen- und Sportsenator Andreas Geisel (SPD) | |
erstritten hat. | |
Zu Wahl für die Beteiligung liegen drei Szenarien vor. Das erste sieht den | |
von Geisel als alternativlos erachteten Abriss des Jahnstadions und einen | |
Stadionneubau an gleicher Stelle vor. Szenario zwei beschäftigt sich mit | |
dem Umbau und der Teilsanierung des bestehenden Stadions. | |
Das dritte Szenario ist ein Kompromiss und beinhaltet den Neubau eines | |
Stadions an einer anderen Stelle des Sportparks sowie eine Teilnutzung des | |
bestehenden Stadions. Dittrich selbst will der Beteiligung nicht | |
vorgreifen, wenn er sagt, er freue sich auf einen „transparenten | |
Planungsprozess“. Dennoch räumt er ein, dass Variante zwei diejenigen sei, | |
„die sich am ehesten mit unseren Forderungen deckt“. | |
Mit dem Beginn der Onlinebefragung am 10. August und einer öffentlichen | |
Erörterungsveranstaltung am 11. August geht das Ringen um den Jahnsportpark | |
in die nächste Runde. Eigentlich hätte es eine Debatte, die die | |
[2][Sanierung des 1951 für die Weltjugendfestspiele erbauten Sportparks | |
samt Stadion] beinhaltet, gar nicht geben sollen. Zumindest nicht, wenn es | |
nach dem Willen der Sportverwaltung gegangen wäre. | |
## Kostenpunkt: 120 Millionen Euro | |
„Für die Sportmetropole Berlin ist der Neubau des Stadions von zentraler | |
Bedeutung“, hieß es noch vergangenen Juni in einer Antwort von | |
Sportstaatssekretär Aleksander Dzembritzki auf eine Anfrage an das | |
Abgeordnetenhaus. „Aus Sicht der Verbände benötigt das Stadion moderne, | |
erheblich größere und für Aktive, Betreuer und sonstige Beteiligte | |
barrierefrei zugängliche Funktionsräume.“ 120 Millionen Euro sollten Abriss | |
und Neubau kosten. Weitere 65 Millionen waren für den Umbau des | |
Gesamtareals zum „Inklusionssportpark“ vorgesehen. | |
Doch schon damals war klar, dass der ursprüngliche Zeitplan nicht mehr zu | |
halten war. Selbst wenn im vergangenen Herbst mit dem Abriss begonnen | |
worden wäre, wäre der Neubau frühestens 2024 oder 2025 fertig geworden. Zu | |
spät für die Special Olympic World Games, die im Sommer 2023 in Berlin | |
stattfinden. | |
Und dann war da auch noch der Protest von grünen und linken Abgeordneten, | |
die damit drohten, die Mittel für den Abriss im Hauptausschuss des | |
Abgeordnetenhauses nicht freizugeben. Daraufhin [3][lenkte Rot-Rot-Grün] | |
ein und beschloss, einen Bebauungsplan aufzustellen und die Bürgerinnen und | |
Bürger in einem Werkstattverfahren zu beteiligen. | |
Der erste Teil der Werkstatt hatte bereits mit einer Vor-Ort-Begehung im | |
Juni begonnen. Noch vor dem Beginn der Onlinebeteiligung und des | |
Erörterungstermins mischte sich aber der Deutsche Fußball-Bund DFB in die | |
Debatte ein. Er gab Anfang vergangener Woche bekannt, dass | |
[4][Drittligaaufsteiger Viktoria Berlin alle seine Profispiele] im | |
Jahnstadion austragen darf. Wenn die Bürgerinnen und Bürger nun über eine | |
der drei vorgeschlagenen Varianten beraten, betrifft das nicht ein Stadion, | |
das der Senat bereits für baufällig erklärt, totgesagt und ihm die | |
Betriebserlaubnis entzogen hat. Das Votum fällt über ein Stadion, dem der | |
DFB den Segen gegeben hat, profitauglich zu sein. Allerdings mit Auflagen. | |
Schon zuvor hatte die Sportverwaltung klein beigeben müssen. Bereits nach | |
dem Aufstieg von Viktoria im Mai war schnell klar, dass der DFB das | |
bisherige Stadion am Ostpreußendamm in Lichterfelde als Spielstätte | |
ablehnen würde. Als Alternative brachte der Aufsteiger das Berliner | |
Olympiastadion und das Mommsenstadion ins Spiel, zwei Varianten, die sich | |
aber schnell als nicht machbar herausstellten. Union Berlin hatte darüber | |
hinaus schon früh signalisiert, dass die Alte Försterei in der Wuhlheide | |
nicht zur Verfügung stünde. So blieb dem Senat also gar nichts anderes | |
üblich, als eine 180-Grad-Kehrtwende hinzulegen. | |
Am 4. Juni teilte die Senatssportverwaltung dann mit, „das Stadion im | |
Jahnsportpark als Spielstätte für den FC Viktoria 1889 nutzbar zu machen“. | |
Dazu solle das Stadion „temporär ertüchtigt“ werden. Zur Begründung sagte | |
Sportsenator Geisel: „Als Sportmetropole sind wir stolz auf den | |
erfolgreichen Aufstieg von Viktoria und nutzen alle Möglichkeiten, unsere | |
Vereine – ob im Profi- oder Amateursport – zu unterstützen.“ Nun sei es | |
gelungen, „für Viktoria eine Lösung zu finden, die die Anforderungen des | |
DFB erfüllt und die für einen Drittligisten wirtschaftlich zu stemmen ist“. | |
Die Lösung besteht darin, dass der Sponsor des Vereins das Stadion für 1,5 | |
Millionen Euro ertüchtigt. Dazu gehört auch der Einbau einer neuen | |
Flutlichtanlage für die Abendspiele, die der DFB gefordert hatte. Die Zahl | |
der Plätze in dem 20.000 Zuschauer fassenden Stadion wurde auf 10.000 | |
reduziert. Im Gegenzug darf Viktoria das Stadion mietfrei bis 2023 nutzen. | |
Spätestens dann aber, so Geisel, müsse mit dem Umbau des Jahnsportparks | |
begonnen werden. | |
Für Bürgerinitiativen-Sprecher Philipp Dittrich war die Kehrtwende des | |
Senats eine Überraschung mehr im Ringen im die Zukunft des Sportparks. „Mit | |
der Reduzierung auf 10.000 Plätze wird der richtige Weg eingeschlagen“, | |
heißt es in einer Pressemitteilung der Bürgerinitiative. „Mit dem Bestand | |
arbeiten und nicht dagegen. Genau so muss im nun anstehenden | |
Werkstattverfahren auch vorgegangen werden.“ | |
So richtig traut Dittrich der Sportverwaltung in Sachen Transparenz aber | |
nicht über den Weg. „Alle drei Planerbüros haben keine Bestandspläne des | |
Stadions erhalten“, kritisiert er. Außerdem dränge die Zeit. „Bis zur Wahl | |
im September“, so Dittrich, „will der Senat eine Entscheidung über die | |
Zukunft des Sportparks getroffen haben.“ | |
10 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://mein.berlin.de/projekte/werkstattverfahren-zum-jahnsportpark/?initi… | |
[2] /Streit-um-Berliner-Jahnsportpark/!5691510 | |
[3] /Streit-um-den-Jahn-Sportpark/!5727392 | |
[4] /Viktoria-Berlin-spielt-nun-Dritte-Liga/!5785503 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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