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# taz.de -- Neues Stadion für Hertha BSC Berlin: Ein weiterer Anlauf
> Der Fußball-Bundesligist legt Pläne für ein neues Stadion auf dem
> Olympiagelände vor – und zeigt sich dabei ungewohnt offen für
> Zugeständnisse.
Bild: Ein Knaller: Blick aufs Olympiastadion während des Rammstein-Konzerts
Berlin taz | Die Pläne für einen Stadionneubau des Fußballbundesligisten
Hertha BSC werden konkret – was aber noch lange nicht heißt, dass sie auch
bald umgesetzt werden. Erstmals stellte ein Vereinsvertreter am Freitag im
Sportausschuss des Abgeordetenhauses vor, wie [1][die von dem Verein
ersehnte reine Fußballarena] aussehen könnte und vor allem, wo sie genau
stehen soll. Die Abgeordneten hatten dennoch noch viele Fragen;
Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) kündigte zur Klärung die Bildung einer
Projektgruppe an.
Am Rand des Maifeldes soll das rund 45.000 Menschen fassende Stadion
entstehen, genauer: auf dem Lindeneck im Olympiapark. Da der Platz dort
begrenzt ist und zudem strenge Auflagen des Denkmalschutzes für das gesamte
Areal gelten, habe man sich entschieden, die Haupttribüne schmaler zu
gestalten, erläuterte Herthas Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller. Vorbild
sei das legendäre Stadion „Bombonera“ mitten in Buenos Aires. Die Kosten
sollen weiterhin rund 250 Millionen Euro betragen, die der Verein selbst
stemmen will. Den Namen für das Projekt hat der Club vom Kreuzberger 1. Mai
geborgt: Es läuft unter dem Namen „MyField“.
Für die südliche Außenseite hin zu Maifeld ist eine große Videoleinwand
geplant, die von allen genutzt werden könne, die etwas auf dem oft
verwaisten Maifeld veranstalten wollen, etwa Public Viewing. So möchte
Hertha einen Beitrag leisten zu Belebung des gesamten Geländes, zu dem auch
die Waldbühne und natürlich das mehr als 70.000 Menschen fassenden
Olympiastadion selbst gehören. Clubvertreter Schiller war das Bemühen
anzumerken, möglichst kompromissbereit und offen für Diskussionen zu
wirken. Dazu gehört auch, dass der Verein die Größe des Stadions reduziert
hat: Bislang sahen die Planungen 55.000 Plätze vor. Die Abgeordneten des
Sportausschusses waren dennoch überrascht: Sie hatten den Entwurf zuvor
nicht zu Gesicht bekommen.
Seit Jahren [2][wünscht sich Hertha BSC ein reines Fußballstadion], bei dem
die Sitzreihen bis an das Fußballfeld reichen und nicht wie im 70.000
Menschen fassende Olympiastadion durch eine Leichtathletik-Laufbahn
getrennt sind. Mehrere Standorte waren bereits in der Diskussion, darunter
auch der ehemalige Flughafen Tegel. Zuletzt wurde vom Verein ein Areal an
der Rominter Allee favorisiert; dort hätten jedoch Wohngebäude weichen
müssen. Ein No-Go, wie die Koalitionsvertreter im Ausschuss betonten.
Deswegen verliefen die Planungen wieder im Sande. „Das war eine verfahrene
Situation, an der auch wir unseren Anteil hatten“, räumte Hertha-Vertreter
Schiller am Freitag ein.
Vor einigen Wochen dann hatte Sportsenatorin Spranger den neuen Standort
ins Spiel gebracht. Im Ausschuss betonte sie noch einmal: „Ich bin
überzeugt, dass Hertha ein Fußballstadion bekommen sollte.“ Zugleich
äußerte sie Kritik an einem Reitverein, der das Gelände derzeit nutzt und
in der vergangenen Woche mit scharfen Vorwürfen an die Öffentlichkeit
gegangen war. „Darüber habe ich mich ein bisschen geärgert“, so Spranger,
„denn es war selbstverständlich, dass wir uns mit dem Verein an den Tisch
setzen.“
## Verlustbringer Olympiastadion?
Und offenbar gibt es die interne Vereinbarung zwischen Hertha und Senat zum
baldigen Bau des Stadions, über die Vertreter des Reitvereins schon
raunten, bisher nicht. Zu viele Fragen sind noch ungeklärt. Etwa die
finanzielle: Hertha ist Hauptmieter des Olympiastadions, 7,5 Millionen Euro
zahlt der Club pro Jahr ans Land. Auf einen großen Teil dieses Geldes
müsste Berlin verzichten, wenn Hertha ein eigenes Stadion betreibt. Die
Abgeordneten sollten sich also genau überlegen, was sie entscheiden,
erklärte Dennis Buchner (SPD): „Die landeseigene Olympiastadion GmbH darf
nicht zu einem dauerhaften Verlustbringer werden.“ Das wäre der Fall, wenn
Hertha nicht mehr Mieter sei, betonte der Geschäftsführer der GmbH, Timo
Rohwedder.
Spranger schlug deswegen vor, weitere Veranstaltungen an Land zu ziehen und
die Zukunft des Geländes im Ganzen zu denken. Doch so einfach sei das
nicht, erklärte Rohwedder. Der globale Veranstaltungsmarkt sei eng, das
Stadion riesig, zudem gelten strenge Lärmauflagen angesichts der
Anwohner*innen in Ruhleben. 23 Veranstaltungen jährlich seien erlaubt,
bei denen die Nachtruhe gestört werde; zumeist handelt es sich dabei um
Konzerte, Hertha selbst ist daran nur bei den seltenen Freitagabendspielen
schuld.
Dann steht großen Um- und Neubauten auf dem Gelände der Denkmalschutz im
Weg, schließlich wurden das Stadion und die Umgebung zur Nazi-Olympiade
1936 errichtet. Auch das Lindeneck sei ein „relevanter Teil“ des Areals,
betonte Landeskonservator Christoph Rauhut. „Jede Veränderung ist kritisch
zu bewerten.“ Eine abschließende Bewertung könne er aber erst machen, wenn
die Dimension des Stadions klar werde.
Und schließlich ist offen, wo es mit Hertha hingeht. Nach einer turbulenten
Bundesligasaison, die geprägt war von Auseinandersetzungen zwischen
Vorstand, Investor und Fans und an deren Ende der Abstieg in die zweite
Liga nur knapp verhindert wurde, steht der Club derzeit führungslos da. Am
26. Juni soll ein neuer Vorstand gewählt werden; Schiller verlässt den
Verein im Oktober. Zudem gebe es bisher keine offizielle Aussage einer
Mitgliederversammlung oder der Geschäftsführung, dass der Verein überhaupt
ein neues Stadion wolle, kritisierten Abgeordnete. Und immer wieder äußern
sich auch Fangruppierungen dahingehend, dass man im Olympiastadion bleiben
wolle.
Spranger richtet deswegen nun eine Projektgruppe ein – mit
Vertreter*innen unter anderem aus Senat, Bezirken, Anwohner*innen,
Denkmalschutz und Hertha, um nach der Sommerpause die vielen offenen Fragen
zu klären. Und auch der Sportausschuss dreht noch mindestens eine Runde: In
Kürze soll es eine weitere Anhörung geben. Hertha dürfte also noch ein paar
Mal in Abstiegsnot geraten, bis das neue Stadion wirklich wahr wird.
10 Jun 2022
## LINKS
[1] /Hertha-vor-dem-Berlin-Derby/!5848259
[2] /Neubau-Herthastadion/!5583062
## AUTOREN
Bert Schulz
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