# taz.de -- Entsorgung von Abfalllauge: Ins Bergwerk damit | |
> Der Konzern K+S will Salzlauge in stillgelegte Kali-Schächte kippen. | |
> Umweltschützer finden das problematisch und Anwohner fürchten den | |
> Zugverkehr. | |
Bild: Soll mit Abfalllauge geflutet werden: das stillgelegte Kali-Bergwerk Sigm… | |
GÖTTINGEN taz | Die geplante Einleitung von salzigem Abwasser in ein | |
stillgelegtes Kalibergwerk im niedersächsischen Wunstorf sorgt für | |
politische Turbulenzen. In der Kritik steht allerdings weniger die | |
Verklappung der Lauge selbst als die mögliche Lärmbelästigung bei ihrem | |
Antransport. | |
Die K+S AG, früher Kali und Salz AG, mit Sitz in Kassel, ist der größte | |
Salzproduzent der Welt. Über Jahrzehnte hat das Unternehmen die beim | |
Kalibergbau in Thüringen und Hessen anfallende Salzlauge einfach [1][in die | |
Werra geleitet]. Und damit auch die Weser versalzen: In Zeiten der | |
stärksten Belastung, bis etwa ins Jahr 1999, wiesen beide Flüsse | |
brackwasserähnliche Bedingungen auf. Die Folgen: erhebliche Schäden für | |
das Ökosystem, zeitweise verschwanden die Süßwasserfische. | |
Durch die Schließung mehrerer Bergwerke in Thüringen und technische | |
Maßnahmen wie den Bau einer Anlage zur Aufbereitung von Salzlösungen hat | |
K+S die Salzeinleitungen zwar reduziert, sie sind aber immer noch viel zu | |
hoch. Immerhin hat die EU inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen | |
Deutschland eingestellt – es war eröffnet worden, weil die Bundesrepublik | |
die europäischen Wasserrichtlinien an Weser und Werra nicht eingehalten | |
hatte. | |
Gleichzeitig wurden die Umweltauflagen strenger: So muss, wenn die Werra zu | |
wenig Wasser führt, K+S seine Produktion stoppen. Der Konzern verfolgte | |
deshalb lange Zeit das Ziel, die Salzabwässer durch eine Fernleitung direkt | |
in die Oberweser zu leiten. Umweltschützer und Anrainer-Kommunen liefen | |
aber gegen das 240-Millionen-Euro-Projekt Sturm. | |
Im vergangenen August einigte sich K+S mit den betroffenen Bundesländern | |
auf ein anderes Konzept. Dazu zählen mehr Speicherraum für die Lauge – | |
nach eigenen Angaben kann das Unternehmen unter Tage und in oberirdischen | |
Becken inzwischen eine Million Kubikmeter Abwasser lagern. Und eben die | |
Entsorgung der Abfalllauge in stillgelegten Bergwerken. Dazu gehört auch | |
das Kalibergwerk Sigmundshall bei Wunstorf in der Region Hannover. | |
Nach 120 Jahren Produktion hatte K+S hier im Dezember 2018 symbolisch die | |
letzte Tonne Kalisalz gefördert. Grund für die Schließung war, dass die | |
Salzvorräte zur Neige gingen und ein wirtschaftlicher Abbau immer | |
schwieriger wurde. 130 Millionen Tonnen Salz wurden seit 1898 im Bergwerk | |
Sigmundshall gefördert. Die Flutung stillgelegter Kalibergwerke ist in | |
Niedersachsen vorgeschrieben, um Absenkungen auf ein Minimum zu reduzieren. | |
Bei der Flutung mit Salzlauge sehen Umweltschützer durchaus Probleme. Der | |
Umweltschutzverband BUND etwa befürchtet Versalzungen des Grundwassers und | |
der Oberflächengewässer. Ökologische Alternativen zur Entsorgung der Laugen | |
sind allerdings nicht in Sicht. | |
Das Bergwerk Sigmundshall hat ein Hohlraumvolumen von mehr als 30 Millionen | |
Kubikmetern. „Es ist vorgesehen, nach Abschluss der technischen | |
Vorbereitungen Mitte 2021 mit der Flutung zu beginnen“, sagte K+S-Sprecher | |
Ulrich Göbel der taz. Nach seinen Angaben werden gegenwärtig drei | |
Transport-Varianten für die Anlieferung der Salzwässer geprüft. | |
Zum einen könnte die Lauge mit Bahn-Kesselwagen direkt zum Werk | |
Sigmundshall gefahren und dann in den Schacht eingleitet werden. Möglich | |
sei auch ein Bahn-Transport zum 1981 stillgelegten Kaliwerk Friedrichshall | |
bei Sehnde. Dort würde die Lauge auf Schiffe verfrachtet, auf dem | |
Mittellandkanal bis zum Dorf Kolenfeld transportiert und schließlich über | |
eine Pipeline in den Schacht Kolenfeld des Werks Sigmundshall geleitet | |
werden. | |
Als dritte Alternative nennt Göbel den Bau einer Entladestation für | |
Bahn-Kesselwagen in Haste-Hohnhorst im Kreis Schaumburg und von dort den | |
Transport per Pipeline zum Schacht Kolenfeld. „K+S möchte erreichen, dass | |
die Transporte mit den geringstmöglichen Beeinträchtigungen für das Umfeld | |
organisiert werden können“, sagt Göbel. | |
Gegen diese dritte Variante formiert sich Widerstand. „Wir werden uns gegen | |
den Entladebahnhof wehren“ sagte der Bürgermeister der Samtgemeinde | |
Nenndorf, Mike Schmidt, dem NDR. „Wir können nicht akzeptieren, dass die | |
Abwasserzüge nur 150 Meter entfernt vom nächsten Anwohner entladen werden.“ | |
Der Lärm ist auch für Hohnhorsts Bürgermeister Cord Lattwesen das | |
K.-o.-Kriterium für die Idee. Sechs Züge würden dort täglich ankommen, das | |
sei unzumutbar für die Anlieger. Hastes Bürgermeister Sigmar Sandmann sieht | |
keine Notwendigkeit darin, ausgerechnet in Haste eine Entladestation zu | |
bauen. Schließlich habe das Bergwerk einen Gleisanschluss. | |
K+S könne die mit zusätzlichem Bahnverkehr verbundenen Bedenken | |
nachvollziehen, sagt Unternehmenssprecher Göbel. Deshalb wolle das | |
Unternehmen gerne auch die Binnenschiff-Lösung realisieren: „Sofern sich | |
dies nach Abschluss aller Prüfungen als eine tragfähige Lösung erweist.“ | |
5 Feb 2020 | |
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[1] /Kali-Abbau-in-Hessen-und-Thueringen/!5502919 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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