# taz.de -- Entscheidung zu Wahlrechtsreform: Linke freut sich über Teilerfolg | |
> Linke und Union loben das Verfassungsgerichtsurteil zur Wahlrechtsreform. | |
> Die Ampel-Regierung sieht sich zumindest teilweise bestätigt. | |
Bild: Richterinnen des Bundesverfassungsgerichts verkünden das Urteil | |
Berlin afp/rtr | Die Linke hat sich mit der teilweisen Aufhebung der | |
Wahlrechtsreform durch das Bundesverfassungsgericht zufrieden gezeigt. Die | |
von der Ampelkoalition geplante Streichung der Grundmandatsklausel sei eine | |
„undemokratische“ Entscheidung gewesen, „die das Bundesverfassungsgericht | |
zu Recht korrigiert hat“, sagte [1][die Linken-Bundestagsabgeordnete Gesine | |
Lötzsch] am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. Dies sei „ein Teilerfolg“… | |
die Linke und andere kleine Parteien, stellte Lötzsch fest. | |
Die [2][Grundmandatsklausel] sieht vor, dass bei der Sitzverteilung auch | |
Parteien berücksichtigt werden können, die weniger als fünf Prozent der | |
abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben. Voraussetzung soll nach | |
der Entscheidung wie vor der Reform sein, dass die Parteien mindestens drei | |
Direktmandate erzielt haben. Von der Grundmandatsklausel profitierte bei | |
der Wahl von 2021 die Linkspartei, die dadurch in Fraktionsstärke ins | |
Parlament einziehen konnte. | |
Lötzsch nannte eine Streichung der Grundmandatsklausel in der ARD | |
„demokratisch überhaupt nicht akzeptabel“. Die „Entwertung der Erststimm… | |
sei ein „sehr, sehr großes Problem“. Wenn die Wählerinnen und Wähler in | |
einem Wahlkreis einen Kandidaten oder eine Kandidatin mehrheitlich wählen | |
würden, „kann man diesen Menschen nicht erklären, warum diese Person nicht | |
im Bundestag vertreten sein soll“, argumentierte die Linken-Politikerin, | |
die bei den vergangenen sechs Bundestagswahlen das Direktmandat in ihrem | |
Wahlkreis Berlin-Lichtenberg gewann. | |
Auch die Union wertet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum | |
Wahlrecht als Schlappe für die Ampel-Regierung. Der CDU-Rechtspolitiker | |
Günter Krings sprach am Dienstag im Deutschlandfunk von einer großen | |
Niederlage der Ampel wegen der Verschärfung der Fünf-Prozent-Klausel. Die | |
CSU-Expertin Andrea Lindholz sagte RTL/ntv, es sei richtig, dass das | |
Gericht die von der Ampel geplante Aufhebung der sogenannten | |
Grundmandatsklausel gestoppt habe. „Ich bin sehr froh, dass das | |
Bundesverfassungsgericht kleine Parteien, [3][regionale Parteien wie auch | |
die CSU] damit stärkt.“ | |
Lindholz kritisierte, es sei der Demokratie schädlich, wenn Kandidaten | |
einen gewonnenen Wahlkreis anschließend nicht im Bundestag vertreten | |
dürften. „Wenn man das wegnimmt, dann zerstört es auf Dauer das Vertrauen.�… | |
## Ampel sieht Reform-Herzstück weiter schlagen | |
Vertreter der Bundesregierung begrüßten, dass das Bundesverfassungsgericht | |
hingegen die sogenannte Zweitstimmendeckung für verfassungsgemäß erklärt | |
hat. Dabei geht es um eine Änderung, wonach Direktmandate in Wahlkreisen | |
künftig durch eine ausreichende Zahl an Zweitstimmen der Parteien gedeckt | |
sein müssen. Dies kann dazu führen, dass einige Direktkandidaten trotz | |
eines Siegs in ihrem Wahlkreis künftig nicht mehr im Bundestag vertreten | |
sind. Das Karlsruher Gericht habe „das Herzstück der Wahlrechtsreform | |
bestätigt“, erklärte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende | |
Konstantin Kuhle am Dienstag. Die Entscheidung sei „im Wesentlichen eine | |
Bestätigung des neuen Wahlrechts. Denn in der entscheidenden Frage der | |
Verkleinerung des Bundestages bestätigt das Urteil die Reform voll und | |
ganz.“ | |
Ähnliche Äußerungen gab es auch von SPD und Grünen: Die Verkleinerung des | |
Deutschen Bundestags auf 630 Abgeordnete sei „vollbracht und | |
verfassungsgemäß“, erklärte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende | |
Dirk Wiese. „Damit haben wir als Regierungskoalition etwas geschafft, an | |
dem eine 16 Jahre unionsgeführte Regierung insbesondere aufgrund der | |
Weigerung der CSU gescheitert ist.“ | |
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Till Steffen, sprach | |
von einem „großen Erfolg“, der „gegen den erbitterten Widerstand | |
insbesondere der CSU durchgesetzt“ worden sei. „Rechtzeitig für die nächs… | |
Bundestagswahl haben wir Klarheit. Diese Entscheidung schafft Stabilität | |
für das Wahlrecht.“ | |
30 Jul 2024 | |
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