# taz.de -- Energiekrise in Europa: EU plant Eingriffe in Strommärkte | |
> Die Energiepreise schnellen in die Höhe, der Euro schmiert ab – Ökonomen | |
> fühlen sich an schlimmste Zeiten der Eurokrise erinnert. Brüssel muss | |
> handeln. | |
Bild: Preisschock: Energiekosten explodieren europaweit | |
BRÜSSEL taz | Kaum zurück aus der Sommerpause, ist die Europäische Union | |
schon wieder im Krisenmodus. In Brüssel jagt eine Sondersitzung die | |
nächste, Experten der EU-Kommission brüten über Notfallplänen, Ökonomen | |
fühlen sich an die schlimmsten Zeiten der Eurokrise erinnert. Der Grund? | |
Die Märkte spielen verrückt. Am Montag sprang der Gaspreis binnen wenigen | |
Minuten um 35 Prozent in die Höhe. Kurz darauf erlitt der Euro einen | |
Schwächeanfall. Die Gemeinschaftswährung fiel mit nur noch 0,9884 Dollar | |
auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2002. | |
Nun sind Lösungen gefragt. Doch die Mühlen in Brüssel mahlen langsam – zu | |
langsam, wie EU-Ratspräsident Charles Michel meint. Die EU-Kommission sei | |
zu zögerlich im Kampf gegen hohe Gaspreise, klagte der Belgier am | |
Wochenende, Behördenchefin Ursula von der Leyen müsse mehr Gas geben. Die | |
deutsche CDU-Politikerin wies den Vorwurf prompt zurück. Das ganze | |
Wochenende über habe sie an Vorschlägen gearbeitet, beteuerte ihr | |
Chefsprecher Eric Mamer. An der Krise sei nur einer schuld: Kremlchef | |
Wladimir Putin. Der habe die Gaslieferungen nach Europa manipuliert. | |
Tatsächlich geht der jüngste Preissprung des Gases auf die | |
Lieferunterbrechung bei der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 zurück. | |
Allerdings hat die Energiekrise schon vor einem Jahr begonnen, als Putin | |
noch nicht so brutal den Gashahn zudrehte. Und die EU hat wenig getan, um | |
sie zu lösen. Mehrere Krisengipfel unter Leitung von Michel endeten ohne | |
greifbares Ergebnis. Doch das soll sich nun ändern – dank deutscher Hilfe. | |
Nachdem die Bundesregierung monatelang auf der Bremse stand, [1][setzt sie | |
nun ausdrücklich] auf EU-Beschlüsse gegen die Energiekrise. | |
[2][Erste Ideen hatte von der Leyen schon in der vergangenen Woche | |
vorgelegt,] sie lagen ganz auf der vorsichtigen deutschen Linie. Am | |
Mittwoch will sie darüber mit den 27 EU-Botschaftern reden. In die | |
„Brüsseler Blase“ kommt Bewegung – doch ob sie auch Lösungen produziert? | |
Bisher liegen die Wünsche und Vorschläge noch sehr weit auseinander. Dies | |
gilt vor allem für brisante Reizthemen wie den „Preisdeckel“ und die | |
„Übergewinnsteuer“. | |
## Einige Länder sind schon vorgeprescht | |
Mehrere EU-Länder haben diese Maßnahmen schon eingeführt, vor allem Spanien | |
und Italien sind vorgeprescht. Doch was von der Leyen vorschwebt, bleibt | |
hinter den Maßnahmen in diesen Ländern zurück. Einen „echten“ Preisdeckel | |
von Gas soll es ebenso wenig geben wie eine EU-weite Übergewinnsteuer. | |
Der EU-Kommission schweben bescheidenere Sofortmaßnahmen vor, die Debatte | |
über eine große Reform der Energiemärkte will sie auf 2023 verschieben. | |
Ganz oben auf der Liste der Brüsseler Behörde stehen Maßnahmen zum | |
Stromsparen; außerdem fordert sie mehr Solidarität der EU-Länder. Beim Gas | |
hat dies allerdings nicht so gut funktioniert. Obwohl die EU bereits im | |
Juli einen Gas-Notfallplan beschlossen hat, sind bisher erst sechs | |
bilaterale Abkommen zur solidarischen Nachbarschaftshilfe beschlossen | |
worden. Zudem wird mehr Gas verstromt als vor der Krise. | |
Der tschechische EU-Vorsitz will denn auch weiter gehen als von der Leyen. | |
Er hat verschiedene Optionen vorgelegt. Sie gehen von einem Preisdeckel von | |
Gas bis hin zu dem Vorschlag, die Preissetzung beim Strom vom Gaspreis | |
abzukoppeln und so das aktuelle Marktdesign auszuhebeln. Auch eine | |
Preisobergrenze für Gas aus Russland steht auf der tschechischen Liste. | |
Damit könnte die EU Putin einen Strich durch die Rechnung machen. Der | |
Schuss könnte allerdings auch nach hinten losgehen – und die Märkte noch | |
mehr in Wallung bringen. | |
5 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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