# taz.de -- Ende der Faktenchecks bei Meta-Diensten: Nicht abhauen! | |
> Facebook, Instagram & Co werden künftig mit noch mehr Hass und | |
> Desinformationen geflutet werden. Das darf sich die EU nicht gefallen | |
> lassen. | |
Bild: Auch einen der mächtigsten Männer der Welt darf man nicht einfach gewä… | |
Wir alle, die Facebook, Instagram, Threads oder Whatsapp nutzen, machen | |
Mark Zuckerberg zum vielleicht mächtigsten Mann der Welt. Dank uns verfügt | |
er über ein Imperium an Diskursfläche. Und das wird aufgrund neuer | |
Maßnahmen noch rechter als ohnehin schon. Die kündigte [1][Zuckerberg am | |
Dienstag in einem gerade mal 5 Minuten langen Video] an. Sie zielen darauf | |
ab, dass der Platz, den Wahrheit bisher auf den Plattformen von Meta | |
einnahm oder zumindest versuchte einzunehmen, bald gefüllt wird mit noch | |
mehr Lügen, Falschinformationen und Hass. | |
Diese Kehrtwende in der Moderation, die vorerst nur für die USA vorgesehen | |
ist, ist ein Kniefall vor dem baldigen Präsidenten Donald Trump und der | |
Rechten, eine Gefahr für die Demokratie nicht nur in den USA, sondern | |
weltweit. Sie wird uns und unsere Diskurse verändern. Der Wert des Konzerns | |
liegt in uns, unseren Worten, unseren Bildern, unseren Daten. Sollen wir | |
jetzt also alle Plattformen verlassen und Zuckerberg so entmachten? Nein! | |
Wer etwas tun muss, ist die EU. | |
Social Media ist – ob wir wollen oder nicht – zentral für unsere | |
Demokratie. Dort findet Streit und Austausch statt. Zuckerberg will das nun | |
verhindern. Externe Faktenchecks sollen nicht mehr stattfinden. Die | |
Community-Richtlinien, die zum Schutz vor allem von queeren und von | |
Rassismus betroffenen Menschen beitragen sollten, werden eingestampft, weil | |
sie nicht mehr „zum Mainstream-Diskurs“ passen, wie Zuckerberg sagt. Bisher | |
waren rassistische Angriffe oder auch solche, die sich gegen die | |
Geschlechtsidentität oder sexuelle Orientierung von Menschen richten, | |
verboten. Bald ist das wohl vorbei. Dann darf gehetzt und beleidigt werden. | |
## Was der DSA wirklich kann | |
Die EU hat ein Werkzeug, um gegen genau solche Änderungen vorzugehen: | |
[2][Der Digital Services Act (DSA)] soll willkürliche und gefährdende | |
Handlungen von Plattformen verhindern. Zumindest in der Theorie. Jetzt ist | |
der Zeitpunkt, an dem die EU zeigen muss, ob der DSA das wirklich kann. | |
Bisher gibt es vor allem Verfahren gegen die großen | |
Social-Media-Plattformen, von X über Meta bis Tiktok. Aber die reichen | |
nicht aus, es braucht harte Strafen. Die EU hat die Möglichkeit, | |
Plattformen zumindest zeitweise zu sperren. Und das sollte sie als | |
Druckmittel einsetzen und sich von großspurigen Auftritten der | |
Tech-Milliardäre inspirieren lassen: „Wenn ihr das auch in der EU macht | |
oder irgendwas davon hier herüberschwappt, dann gibt es euch hier nicht | |
mehr. Und übrigens: Wir haben die Abteilung, die Meta beobachtet, gerade | |
personell verdoppelt.“ | |
Denn die Meta-Plattformen zu verlassen, ist nicht für alle eine echte | |
Alternative: Einige haben sich jahrelang Reichweite aufgebaut, verdienen | |
vielleicht sogar ihr Geld dort. Für andere sind es wichtige Netze des | |
Austauschs und der Solidarität. Ausgerechnet sie gehören oft zu jenen | |
Gruppen, für die Instagram, Facebook und Threads in Zukunft grauenvolle | |
Orte werden könnten. Menschen, die Rassismus erfahren, Menschen, die mit | |
ihrer bloßen Existenz ein binäres Cis-System der Geschlechter widerlegen, | |
Menschen, die auf andere Weise queer sind. | |
Als Twitter sich durch die Maßnahmen des rechten Milliardärs Elon Musk zu | |
einem Ort entwickelte, an dem marginalisierte Menschen noch mehr digitaler | |
Gewalt ausgesetzt sind als zuvor, [3][wanderten viele zu Metas Alternative | |
Threads ab]. Doch was, wenn das auch keine Alternative ist? Wieder fliehen, | |
auf einer anderen Plattform ein neues Netzwerk aufbauen? Weniger | |
digitalaffine Menschen kommen dann vielleicht nicht mit. Und wer weiß, wie | |
lange die Alternative funktioniert? | |
Zuckerberg weiß, wen er da den rechten Kräften zum Fraß vorwirft. Schon | |
seit Monaten sucht er Kontakt zu Trump. Bei seiner Ansprache bediente er | |
sich nicht ohne Grund pressefeindlicher Framings und Bilder, die vor allem | |
unter Verschwörungsgläubigen verbreitet werden, etwa des Bilds der von | |
Eliten unterdrückten Meinungsfreiheit und der „Zensur“ durch Regierungen. | |
Dabei stellt er reale Zensur wie die in China gleich mit der DSA der | |
Europäischen Union. | |
Statt sich jetzt einfach weiter beleidigen und einlullen zu lassen, sollte | |
die nun endlich Zuckerberg den Kampf ansagen. | |
8 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Drosdowski | |
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